Stopover 20/21: Silviu Guiman und Judith Böttger

25.3.2021

»Stopover« – einmal jährlich stellen unter diesem programmatischen Titel die Studierenden im M.A. Photography Studies and Practice ihre aktuellen Arbeiten im UG des Museum Folkwang aus. In Form eines Zwischenstops sollen Einblicke gewährt und soll zu einer Diskussion eingeladen werden. Im Katalog finden sich neben den fotografischen Werken auch kurze Texte, die direkt an die Bilder adressiert sind. Verfasst wurden sie von den Studierenden des M.A. Photography Studies and Research. Hier schreibt Judith Böttger an Silviu Guimans Serie »We Move Mountains«.

 

Ihr seid wie das Gold

Ihr macht mir ein Angebot. Das Angebot, über eine Möglichkeit nachzudenken oder über eine  ganz andere. In der Möglichkeit, die sich mir eröffnet, seid ihr wie das Gold, das ihr zu zeigen behauptet.

Einige von euch lassen mich ein Stück Welt erkennen, ich kann euch verorten. Dann werde ich plötzlich wieder abgestoßen, mir fehlt die Referenz. Die physische Welt entzieht sich mir und entlässt mich in die Welt meiner Gedanken, in der ich euch eine mögliche Bedeutung zuschreibe. Denn eure Bedeutung, euer Wert ergibt sich erst in meiner Betrachtung, wenn ich euch mir aneigne. Ohne meinen Blick seid ihr nichts. Ihr seid wie das Gold.

Was ihr bedeutet, liegt nicht in euch. Euer Wert wird euch auferlegt. So sicher ihr euch meiner Bewunderung heute sein könnt, so ungewiss ist mein Beifall morgen. Denn ich werde mehr sehen, anderes sehen, vielleicht Besseres. Und dann verschiebt sich, was ihr seid und jemals sein könnt. Ihr seid wie das Gold.

Ich sehe keine Menschen, doch letztlich seid ihr von Menschen gemacht, für Menschen gemacht. Ich kann euch fragen, was ihr wollt. Doch eigentlich fragt ihr mich, was ich will. Es geht um mich. Ich bediene mich eurer und ihr bedient euch der Welt, um mir zu geben, was ich von euch erhoffe. Natur wird ausgebeutet, um den Durst des menschlichen Blicks zu stillen. Ihr seid wie das Gold.

Ich suche ein Stück Wahrheit in euch, eingebettet in kalten Stein. Ich muss sie freilegen, begegne auf dem Weg Behauptungen des Seins und Motiven, die sich meiner Erkenntnis verweigern. Was ich am Ende finden will, muss sich absetzen von all dem Staub, den ich beiseiteschiebe, muss die Arbeit wert sein. Ihr seid wie das Gold.