Franziska Schrödinger: Über die Deutsche Alpenstraße

8.12.2020

Die Arbeit »Über die Deutsche Alpenstraße – Vom Erfinden des Steinschlags« widmet sich der 484 km langen Ferienstraße, die nördlich der Alpen durch das Allgäu und das bayerische Oberland führt. Von diesem Schauplatz aus startet eine intensive Auseinandersetzung mit der Region und mit den Mechanismen des Landschaftsbildes. Der Ausgangspunkt der dokumentarisch-basierten Bildern ist der Umgang mit der Natur, sowie die visuelle Darlegung von Spuren verschiedener Grade des kontrollierenden Eingriffs. Im November 2020 hat Franziska Schrödinger mit dieser Arbeit ihr Studium im Master-Programm Photography Studies and Practice an der Folkwang Universität der Künste erfolgreich abgeschlossen.

Motivisch widmet sich die Arbeit vordergründig Kunststoffen und Metallverbauungen – also Materialien, die in ihren pragmatischen Schutzfunktionen oftmals als visuelle Störung empfunden werden. Mit ihren Bildern triggert Schrödinger Vorstellungen von Landschaftsbildern, um diese dann zu brechen. Mittel für diesen Bruch sind eine flache Wirkung der Bilder, die sich aus künstlichem Licht, der regionalen Topografie, aber auch fotografischen Mitteln wie Anschnitte und Perspektive ergeben. Auch einer zeitlosen, kontemplativen Atmosphäre von Naturbetrachtung verweigert sich die Arbeit.

Der lakonische bis humorvolle Blick arbeitet sich inhaltlich an Themen wie Landwirtschaft, Wintersport oder Industrie ab. Viele große Ereignisse deutscher Geschichte spiegeln sich in der Voralpenregion: Vom Übergang der bäuerlichen Landwirtschaft zur Industriegesellschaft, vom Nazi-Propaganda-Bild (wie im Garmischer Olympiastadion) bis zum Wirtschaftswunder. Die letzten beiden spiegeln sich besonders an der Deutschen Alpenstraße. Denn sie wurde in den 1930er-Jahren ausgebaut und auf ihr wurde ab den 1950er-Jahren der neue Luxus der Individual-Mobilität zelebriert.

Das Bedrohungsverhältnis Mensch – Natur hat sich mit dem Eintritt ins Anthropozän umgekehrt. Im sensiblen Lebensraum der Alpen schreitet der Klimawandel doppelt so schnell voran wie im globalen Durchschnitt. Kann man dort auch Spuren finden, um unsere Gegenwart zu verstehen? Wird die basale Frage nach Wasser und bröckelnden Bergen – neben KI und Pandemie – eine Frage unsere Zeit gewesen sein?