Im Umgang mit der Fotografie haben wir uns vom Glauben an eine objektive Abbildung der Wirklichkeit endgültig verabschiedet. Es wäre daher sinnlos, auf einer bestimmten Methode oder Technik zu beharren und zu behaupten, diese führe quasi automatisch zu dokumentarischen Bildern. Dokumentarfotografie kann sich nur als Haltung gegenüber der Welt, als unbedingtes Interesse für Menschen und Dinge, für Vorgänge und Strukturen neu definieren, und zwar in Verbindung mit einem unbedingten Interesse für die Fotografie.
In Bezug auf die Dokumentarfotografie müssen nicht nur Fragen nach den Themen gestellt werden, mit denen sie sich befasst, sondern auch nach der Fotografie selbst. Wir blicken auf die Welt, die Bilder von ihr und wieder zurück auf die Welt. Das schärft unsere Wahrnehmung von beidem. In dieser Wechselwirkung zwischen Wahrnehmung und Fotografie stellen sich Fragen nach der Konstruktion von Welt im Bild und nach Formen der Repräsentation. Ziel einer engagierten und relevanten Dokumentarfotografie kann nur sein, Zusammenhänge aufzudecken und Dinge sichtbar zu machen, zu deren Wahrnehmung wir die Reduktion auf das Bild brauchen. Dazu sind auch immer weitreichende konzeptuelle Überlegungen notwendig.
Um selbst individuelle fotografische Serien mit hoher bildnerischer Qualität zu entwickeln, können wir auf die Auseinandersetzung mit Geschichte und Theorie der Fotografie sowie mit bekannten und weniger bekannten fotografischen Positionen nicht verzichten. Diese spielt daher im Unterricht neben der eigenen fotografischen Praxis eine wichtige Rolle.