Falscher Hase

Jana Müller
Falscher Hase / Mock Rabbit
Mit einem Text von Mira Anneli Naß
Monroe Books, Berlin 2024

72 Seiten
23,3 × 3,0 × 0,8 cm
Gestaltung: Daniela Weirich
ISBN 978-3-946950-16-5

Jana Müllers Künstlerinnen-Buch »Falscher Hase / Mock Rabbit« beleuchtet zunächst die Verbrechensaufklärung in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und bietet eine künstlerische Auseinandersetzung mit historischen Erzählungen und persönlichen Reflexionen sowie eine zeitgenössische Reise zu Tatorten beider Seiten der Welt. Mithilfe ihres umfangreichen Online-Archivs unter http://falscherhase. jana-mueller.de vertieft sich Müller in künstlerische Auseinandersetzungen rund um Verbrechen. Im Mittelpunkt der Recherche steht Müllers 86-jähriger Vater, ein ehemaliger Polizist mit Erfahrung in Mordfällen und Spionage im sozialistischen Deutschland. Trotz der offiziellen Leugnung von Kriminalität in der DDR teilt Müllers Vater Erkenntnisse aus seiner Vergangenheit.

»Falscher Hase / Mock Rabbit« stellt Gespräche zwischen der Künstlerin und ihrem Vater – begleitet von Fotodokumentationen und Textfragmenten aus Müllers Kindheitserinnerungen – neben historischen Dokumenten aus verschiedenen Archiven. Ein ausführliches Glossar erläutert Schlüsselbegriffe und liefert historische Zusammenhänge zur Kriminalitätsverwaltung in der DDR. Die visuelle Erzählung entfaltet sich durch eine Auswahl von Bildern, die von Archivbeweisen und Familienartefakten bis hin zu Tatortfotos reichen. Von besonderer Bedeutung ist die Aufarbeitung des berüchtigten »Kreuzworträtselfalls«, eines Mordes, der in den 1980er Jahren Halle/Neustadt in Atem hielt und Müllers Reise durch Sachsen-Anhalt (D) auslöste.

Später weitet Müller den Umfang ihrer Recherchen insgesamt aus und reist unter anderem nach Christchurch (Neuseeland) auf der Suche nach Beweisen für weitere Straftaten. Die Fototheoretikerin Mira Anneli Naß steuert eine Analyse bei, in der sie Parallelen in der medialen Darstellung von Verbrechen in der (deutsch) - deutschen Geschichte im Vergleich zu Müllers fotoforensisch-künstlerischem Ansatz untersucht. In Anlehnung an die gestapelten Akten, in denen Müller ihre Recherchen durchführte, nutzt das Format des Buches Papiere in unterschiedlichen Farben und Größen, die präzise gebunden sind, um unterschiedliche Textkategorien widerzuspiegeln. Das aufgeschlagene Cover lädt den Leser in Müllers immersive Welt ein, während eine großformatige Postkarte einen Einblick in ihre ausgestellte bildbasierte Installation bietet. Im Mittelpunkt der Erzählung steht das Ritual, bei dem Müllers Vater bei ihren Besuchen Hackbraten kocht, was sowohl familiäre Wärme als auch die Komplexität seiner Figur symbolisiert und letztlich »Falscher Hase« seinen Titel verleiht.