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Ein Gespräch mit Erdmut Wizisla

1955 wurde Bertolt Brechts »Kriegsfibel« erstmals in der DDR veröffentlicht. 1996 erschien Michael Schmidts Künstlerbuch »Ein-heit« im wiedervereinten Deutschland. Beide Publikationen setzen sich mit der deutschen Geschichte, insbesondere des Zweiten Weltkrieges, auseinander und untersuchen anhand von Medienbildern die Aussagekraft von Fotografie. Prof. Dr. Erdmut Wizisla, Leiter des Bertolt-Brecht-Archivs sowie des Walter-Benjamin-Archivs an der Akademie der Künste in Berlin, und Maxie Fischer, Doktorandin an der Folkwang Universität der Künste, haben im August 2020 ein Gespräch über die Bücher und die wissenschaftliche Arbeit mit Archivmaterial geführt. Erschienen ist es gerade eben in der jüngsten Ausgabe von Fotogeschichte, Nr. 159/2021, das sich als Themenheft neuen Perspektiven der Fotobuchforschung widmet.

Weiterblättern!

Was im Juli 2019 als ein Workshop begann, ist nun als ein Themenheft der Zeitschrift »Fotogeschichte« erschienen: »Weiterblättern!« heißt die Aufforderung, denn es geht um »Neue Perspektiven der Fotobuchforschung«. Herausgegeben wurde es von Anja Schürmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am KWI, dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen, sowie im Sommersemester 2021 mit einem Seminar zum zeitgenössischen Fotobuch Lehrbeauftragte an der Folkwang Universität und Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste.

Neben einem ausführlichen Editorial der Herausgeberin und des Herausgebers werden in insgesamt sechs Beiträgen die Möglichkeiten neuer Perspektiven der Fotobuchforschung diskutiert. Sie kann ihren Ausgang nehmen von den populären Katalogbüchern zur Geschichte und Gegenwart des Fotobuchs, sollte diesen Sammlungen nun aber mit systematischen Forschungsinteressen antworten. Mit dem »Weiterblättern!« verbindet sich zugleich die Aufforderung, mehr als einzelne Fotobücher zu untersuchen und so diese fotografische Zeigeform in ihrem größeren Zusammenhang in den Blick zu nehmen.

Die Beiträge des Themenheftes stammen von Bettina Lockemann, die über performative Aspekte des Fotobuchs schreibt, von Anja Schürmann, die für das Fotobuch die Vielfalt von Perspektiven untersucht, von Sophia Greiff, die in ihrem Beitrag der Rolle von Dokument und »Found Footage« nachgeht, von Burcu Dogramaci, die den Begriff des »Hyperbook« einführt und diskutiert und von Steffen Siegel, der nach den Rändern des Fotobuchs fragt. Nicht zuletzt aber stellt Elisabeth Neudörfl in ihrem Beitrag ein eigenes Fotobuch vor, das ohne jeden Text – genauer noch: ohne einen einzigen Buchstaben – auskommt und auf diese Weise die Möglichkeiten des Fotobuchs in besonderer Weise zuspitzt.

Ausführlichere Informationen zu diesem Heft gibt es hier.

Vier Alumni in den Photonews

In der April-Ausgabe der in Hamburg erscheinenden »Photonews« werden sogleich vier unserer Alumni aus älterer und jüngerer Zeit mit einem eigenen Beitrag gewürdigt. Kerstin Stremmel, alsbald neue Sammlungsleiterin für Fotografie und Medienkunst am Museum der Moderne in Salzburg, bespricht die derzeit am Museum Folkwang ausgerichtete Retrospektive von Timm Rautert. Anna Gripp interviewt Franziska Kunze, die im Jahr 2018 mit ihrer Dissertation »Opake Fotografien« im Fach Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste promoviert worden ist und vor genau einem Jahr ihre Tätigkeit als Sammlungsleiterin für Fotografie und Medienkunst an der Pinakothek der Moderne in München aufgenommen hat. Außerdem werden in einem gemeinsamen Artikel die beiden Masterarbeiten von Franziska Schrödinger und Michael Rostock vorgestellt, mit denen sie im vergangenen Jahr im M.A. Photography Studies and Practice abgeschlossen haben.

Gespräch mit Jeff Wall

Auguste Rodin: Der Denker, 1902, Bronze, Höhe: 181 cm. Kunsthalle Bielefeld. Foto: Ingo Bustorf.

Am Mittwoch, den 17. März 2021, sprechen Christina Végh, Direktorin der Kunsthalle Bielefeld, und Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste, mit dem kanadischen Künstler Jeff Wall. Stattfinden wird das Gespräch live auf Zoom, Jeff Wall wird aus Vancouver zugeschaltet werden. Dabei sollen zwei Fragen im Mittelpunkt stehen: Wessen Denkmal? Wer steht auf dem Sockel?

Anlass für das Gespräch ist ein spektakulärer temporärer Kunsttausch: Nach mehr als 50 Jahren hat im vergangenen Herbst der »Denker« von Auguste Rodin zum ersten Mal seinen Sockel vor der Kunsthalle Bielfeld verlassen. Gezeigt wird er derzeit in der Sonderausstellung »Rodin/Arp« in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel. Im Tausch sind dafür zwei ikonische Werke Walls nach Bielefeld gekommen: »The Thinker« (1986) und »The Giant« (1992). Sie sind derzeit, obwohl die Kunsthalle aus bekanntem Anlass nicht geöffnet sein kann, auch von außen im gläsernen Eingangsbereich des Hauses zu sehen.

Während in »The Thinker« die Figur auf einer Art von Sockel sitzt, ist die Figur in »The Giant« dem Werktitel entsprechend übergroß dargestellt. Aktuell ist die Frage um das Denkmal brisant. In Abhängigkeit gesellschaftlicher Umbrüche muss stets neu verhandelt werden, was auf dem Sockel steht. Inwiefern können Walls Werke als imaginierte Monumente oder »Anti-Denkmäler« gesehen werden? Hiervon soll das Gespräch Mitte März handeln.

Die Teilnahme ist kostenlos möglich. Bitte melden Sie Ihre Teilnahme an bei Matthias Albrecht, Sie erhalten dann den Link: albrecht@kunsthalle-bielefeld.de

M.A. Photography Studies

Wie zu Beginn jedes Jahres schreiben wir auch 2021 die Studienplätze für unsere beiden Masterstudiengänge Photography Studies and Practice und Photography Studies and Research aus. Die Bewerbungsfristen sind der 15. März (Practice) sowie der 31. Mai 2021 (Research). Studienbeginn für den nächsten Jahrgang ist das Wintersemester 2021/2022. Ausführliche Informationen zu den Inhalten des Masterstudiums sowie zu den Einzelheiten des Zulassungsverfahren an der Folkwang Universität finden sich auf den hier verlinkten Seiten. Darüber hinaus stehen wir aber natürlich auch gerne für Rückfragen zu Verfügung! Wir freuen uns über Bewerbungen von allen, die eine praktisches wie eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Fotografie fasziniert!

100 Beste Plakate

Viktor Lentzen und Daniel Kobert, die, wie auch in diesem Jahr, bereits 2020 das Bewerbungsplakat für unseren Masterstudiengang Photography Studies and Research entworfen haben, wird eine besondere Ehre zuteil: Von einer Fachjury wurden die beiden für ihre Gestaltung im Wettbewerb um die 100 Besten Plakate in Deutschland, Österreich und der Schweiz neben 99 anderen als Gewinner ausgezeichnet. Insgesamt waren für den Wettbewerb knapp 2.000 Plakate von 600 Einreicher*innen eingegangen. Das Plakat wird damit auf der alljährlichen Wanderausstellung der 100 Besten Plakate gezeigt werden.

Vor Kurzem haben Viktor Lentzen und Daniel Kobert ihre Abschlüsse im Bachelor Kommunikationsdesign gemacht. Wir gratulieren doppelt herzlich und freuen uns über unser Gewinner-Plakat!

Mehr Informationen zu den 100 Besten Plakaten 20 auf der offiziellen Website des Vereins.

Timm Rautert and the Lives of Photography

Timm Rautert, einer der namhaftesten deutschen Gegenwartsfotografen und Alumnus der Folkwang Universität, wird dieses Jahr nicht allein achtzig Jahre alt, sondern derzeit mit einer großen Retrospektive seines Werks im Museum Folkwang geehrt. Kuratiert wurde sie von Thomas Seelig, dem Leiter der fotografische Sammlung des Museums Folkwang. Danach wird die Ausstellung »Timm Rautert und die Leben der Fotografie« übrigens auch im Bombas Gens in Valencia zu sehen sein.

Anlässlich dieser Ausstellung ist im Steidl Verlag aus Göttingen ein Katalog erschienen, der diese vielen Leben der Fotografie auf 520 Seiten und in 332 Abbildungen entfaltet. Begleitet wird das Buch durch sechs Essays, die in verschiedene Aspekte des Werks einführen. Sie stammen von Bertram Kaschek, Nicole Mayer-Ahuja, Jürgen Müller, Gisela Parak, Steffen Siegel und Ulf Erdmann Ziegler. Außerdem hat Sophie-Charlotte Opitz eine kommentierte Biografie beigesteuert.

In the evening

Carolin Albers: Alphörner im Becken, 2020.

35 Fotostudierende aus ganz Deutschland – darunter auch Charlotte ChapiusHenk Aaron SzantoMoayad Balo und Nick Jaussi von der Folkwang Universität der Künste – zeigen derzeit, über das Essener Stadtzentrum verteilt, ihre Arbeiten. Die Pandemie zieht neue Formen des Ausstellers nach sich. Da derzeit fast alle Läden und Cafés geschlossen bleiben müssen, nutzen die Fotografinnen und Fotografen die leeren Schaufenster und zeigen so, dass die Stadt dennoch lebt. Gegenwärtig ist kulturelle Erfahrung fast vollständig auf den digitalen Raum beschränkt. Mit dem gemeinsamen Projekt »In the evening« soll sie aber in den öffentlichen Raum getragen werden – eine Begegnung mit fotografischer Kunst soll auch in Zeiten der Pandemie möglich sein!

Organisiert wurde das Projekt von Studierenden der Folkwang Universität in Zusammenarbeit mit dem Fotobus. Zum Ausdruck gebracht werden soll die andauernde Erfahrung einer kollektiven Isolation. Daher wurden die Schaufenster von zwei Cafés sowie zwei Ladengeschäften in bunte und vielfältige Ausstellungsräume verwandelt. Im Einzelne sind dies das Landschaftsplanungsbüro in der Rellinghauser Straße 114, das TFC Airlebnis Reisebüro am Rüttenscheider Platz 12, das Café Click in der Beethovenstraße 1 und das Café LIVRES in der Moltkestraße 2a. Zur Orientierung findet sich hier eine Karte. Laufen wird das Projekt so lange, bis die Cafés und Läden wieder öffnen dürfen.

Maya Graef hat am 25. Februar für die WDR Lokalzeit von diesem Projekt berichtet, am 2. März Radio Essen und am 4. März die WAZ.

Die Zukunft der Fotografie

Über die Fotografie wurde eigentlich immer schon im Futur nachgedacht. Das Medium ist zu lebendig und zu viel versprechend, als dass es nicht fortgesetzt Spekulationen über seine Zukunft herausfordern würde. Mit dem gerade eben erschienenen 158. Heft von »Fotogeschichte« erhält ein solches Nachdenken sogleich 34 Mal neues Futter. Ebenso viele Autorinnen und Autoren haben auf Einladung des Herausgebers der Zeitschrift, Anton Holzer, in kurzen Texten über die Zukunft der Fotografie nachgedacht – mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Mit dabei ist unter anderem Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste. In seinem Beitrag »Globus Fotogeschichte« widmet er sich der interdisziplinären Zukunft der Fotoforschung.

In der Ankündigung des Verlags heißt es zu diesem Heft: Die Fotografie hält zum einen Ereignisse fest und verwandelt sie zugleich in Vergangenheit. Sie ist, so gesehen, ein historisches Medium par excellence. Zum anderen beflügelte sie von Anfang an Zukunfts-Fantasien. Die Fotografie werde, so prophezeiten bereits die allerersten Kommentatoren in den späten 1830er Jahren, in Zukunft Dinge sichtbar machen und enträtseln, die bislang im Verborgenen geblieben waren: die Hieroglyphen Ägyptens ebenso wie das Licht entfernter Sterne, den Schmetterlingsflügel unter dem Mikroskop ebenso wie entfernte Reiseeindrücke. Die Beiträge dieses Themenhefts loten diese Doppelgesichtigkeit des Mediums aus und fragen danach, wie die Zukunft der Fotografie aussehen könnte. Manches, vielleicht sogar vieles, wird anders kommen als wir es aus heutiger Perspektive erwarten. Nicht nur, weil die gegenwärtige globale Gesundheitskrise noch unabsehbare Folgen haben wird. Sondern auch, weil die gesellschaftlichen Systeme, die auf uns zukommen werden, neue, vielleicht radikal andere Formen des Fotografischen hervorbringen werden – möglicherweise jenseits von Digitalisierung und Internet.

KORRELATIONEN II erschienen

Philipp Niemeyer, Samuel Solazzo, Jakob Treß und Jannis Uffrecht: KORRELATIONEN II, 2020. Foto: Samuel Solazzo.

108 Seiten mit 104 fotografischen Arbeiten – und ausgezeichnet mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2020 in Bronze – das ist KORRELATIONEN II, ein soeben erschienenes Gemeinschaftsprojekt von vier Fotografen aus Weimar und Essen.

Das Projekt KORRELATIONEN entstand 2018 in Weimar als ein selbst publiziertes Zine der vier Fotografen und Freunde Philipp Niemeyer, Samuel Solazzo – inzwischen Student an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Practice –, Jakob Treß und Jannis Uffrecht. Im Umfang von 34 schwarz-weiß Fotografien wurde innerhalb von wechselseitigen Dialogen die Beziehung der vier Autoren zueinander hinterfragt und darüber hinaus ein Spannungsfeld innerhalb der gesamten Publikation erzeugt. Kritisch, dennoch respektvoll, wurde im Entstehungsprozess über die Wirkung einzelner Bilder oder Bildpaare diskutiert, um so ein besseres Verständnis für die unterschiedlichen Positionen zu erlangen und schlussendlich eine in sich stimmige Auswahl zu treffen. Aus der Ambivalenz von Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen, als auch Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten, erwuchs eine kollektive Sprache.

Inzwischen ist der Nachfolger KORRELATIONEN II erschienen. Nach dem monochromen Erstling bekennen die vier Fotografen nun Farbe; und zugleich wurden Umfang, Inhalt und Auflage erhöht. Das Magazin soll an die Grundgedanken der ersten Ausgabe anknüpfen, zugleich aber keine reine Fortführung des ersten Projekts darstellen. In mitten von Krise, Lockdown und räumlicher Trennung verdichtete sich eine Arbeit, in deren Mittelpunkt zwar noch immer das Miteinander steht, sich indes jedoch von den seitenfüllenden Gegenüberstellungen des Vorgängers entfernt, um innerhalb eines verspielteren Layouts eine erkennbare Entwicklung und ein Narrativ aufzuspannen. Begleitet und eingefasst wird es durch einen Textbeitrag von Grenadine Rübler.

Das selbst publizierte Fotomagazin im Format 23 × 33 cm wurde von Leon Lukas Plum gestaltet und gesetzt, ist im Offset-Verfahren gedruckt und umfasst 108 Seiten mit insgesamt 104 fotografischen Abbildungen und erschien in einer limitierten Auflage von 500 nummerierten Exemplaren. ISBN: 978-3-00-066425-0.

Michael Paul Romstöcks »zur Linde« erschienen

Michael Paul Romstöck: zur Linde, Dortmund (Kettler Verlag) 2021.

Vor wenigen Monaten erst hat Michael Paul Romstöck mit seinem Projekt »zur Linde« an der Folkwang Universität der Künste den M.A. Photography Studies and Practice erfolgreich abgeschlossen. Nun ist seine fotografische Befragung zur Symbolik und Bedeutung der Linde im Kettler Verlag als Buch erschienen. Die Bildtafeln sind im Duoton-Verfahren gedruckt. Das Hardcover-Buch im Format 21 × 25 cm umfasst 144 Seiten und ist ab sofort im Buchhandel erhältlich! ISBN: 978-3-86206-882-1.

In der Ankündigung des Dortmunder Verlags heißt es: Die Linde ist im deutschen Kulturraum als Ort der Gemeinschaft und Chiffre der Gerechtigkeit und Liebe verankert. Man begegnet ihr als Dorf-, Gerichts- und Friedhofslinde oder als Motiv in Kunst und Literatur. In gleicher Weise hat sich der Lindenbaum – losgelöst von Brauchtum und Folklore – in den gesellschaftlichen Alltag eingeschrieben: als Ortsbeschreibung, TV-Serie oder Mittel zur Stadtbegrünung. In seinem Buch geht der Fotograf Michael Romstöck der Bedeutung der Linde nach – vom Schauplatz vorchristlicher Versammlungen über den romantischen Blick auf die Natur bis hin zu ideologischen Vereinnahmungen. Mit der analogen Großformatkamera hat Romstöck in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren über 60 Orte in der Bundesrepublik aufgesucht, an denen sich entweder ein kulturhistorisch konnotierter Lindenbaum selbst oder ein anderer Bezug zur Symbolik der Linde auffinden lässt. Aus einer Bestandsaufnahme heraus kombiniert Romstöck verschiedene Motive, Bildtypen und Textfragmente zu einer essayistischen Erzählung: Aus welchen Gründen errichteten frühere Generationen (Natur-)Denkmäler und wie gehen wir langfristig mit ihnen um? Wie bestehen und verhalten sich diese in der heutigen, sich rasant verändernden Welt? Was können sie uns mitteilen und was verraten sie über uns?

Christopher Muller: With Ice and Lemon

Christopher Muller: Plastic Bottles, 2019, 41 × 56 cm, Digital C-Print / gerahmt.

Vom 23. Februar bis zum 11. Mai 2021 stellt Christopher Muller, Professor für künstlerische Fotografie, im Künstlerverein Malkasten im Düsseldorf neue Arbeiten aus. Zwar heißt die Ausstellung »With Ice and Lemon«, allerdings dürfen die Drinks aus bekanntem Anlass derzeit leider nicht vor Ort genossen werden. Eine Besichtigung ist nach telefonische Vereinbarung unter 0211.356471 möglich. Es gelten die zur Zeit üblichen Hygiene- und Abstandsregelungen und die aktuelle Corona-SchutzVerordnung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Künstlerverein Malkasten
Jacobistraße 6a
40211 Düsseldorf
info@malkasten.org
Website des Künstlervereins

Soeben erschienen: Candide No. 12

Soeben ist die 12. Ausgabe von »Candide. Zeitschrift für Architekturwissen« erschienen. Das Themenheft wurde von Axel Sowa und Ela Kaçel herausgegeben. Es enthält Texte von Roman Bezjak, Nicholas Boyarsky, Lard Buurman, Davide Deriu, Alexa Färber, Ela Kacel, Markus Lanz, Bettina Lockemann, Clare Melhuish, Birgit Schillak-Hammers, Mary N. Woods sowie – nicht zuletzt – von Elisabeth Neudörfl, Professorin für Dokumentarfotografie an der Folkwang Universität der Künste. Ihr Beitrag trägt den Titel »Photographer’s Dilemma: ›Good‹ Photography vs. ›Good‹ Planning‹. Ein Abstract zu diesem Artikel findet sich hier.

In der Ankündigung des Verlags heißt es zu dieser Nummer der Zeitschrift: Die zwölfte Ausgabe von »Candide« widmet sich dem Thema »Visual Urbanism« – ein vollkommen neues Forschungsfeld. Fotograf*innen und Wissenschaftler*innen experimentierten mit anthropologischen, kulturwissenschaftlichen, soziologischen und geografischen Methoden, für eine Reflexion über die meist unkritische Nutzung von Bildern des öffentlichen Raums. »Candide« 12 sucht Möglichkeiten, diese Ergebnisse in Architektur und Stadtplanung zu integriert. Dabei beantworten Autor*innen drängende Fragen, wie nach der Nutzbarmachung fotografischer Bilder für die Architektur und vice versa.

Stopover 20 21 – the catalog

STOPOVER, 2020. Broschüre, 12 × 27 cm, 60 Seiten, Auflage von 500 Exemplaren. Gestaltung: Mathias Fleck. Foto: Samuel Solazzo

As soon as the museums reopen, »Stopover 20 21« will finally be on display at Museum Folkwang. Finally – for the exhibition has been ready to go at the beginning of December 2020. However, the catalog offers a preview of the current work made by the students of the M.A. program Photography Studies and Practice. Texts, written by the students of the M.A. program Photography Studies and Research in personal letters to the works of art, accompany these images. In the coming weeks, we will gradually publish them on this website. Please order your personal copy of the catalog from Dorothea Frink.

In her introduction to the catalog, Judith Böttger also emphasizes the special conditions under which this current edition of our annual exhibition at Museum Folkwang was created:

The term »stopover« commonly refers to an intermediate halt of an unspecified duration. It can be planned or unexpected, it can be used to collect one’s thoughts or lose the thread, it can pass quickly or be prolonged. For the sixth time in a row, the stopover exhibition in the basement of the Museum Folkwang will allow students of the M.A. program »Photography Studies and Practice« at the Folkwang University of the Arts to examine their approach to the museum space. The exhibition does not represent the culmination of an artistic process, but rather that intermediate halt. The works and artistic positions shown are still in the making and maturing, revealing and emphasizing the processual nature of photography and the photographic oeuvre.

But 2020 is the year of lengthy and unforeseen stops. Last year, nobody could have anticipated social life, the global economy and especially the art and culture scene being compelled to take such a long breather. Making this pause artistically productive and exploring new ways of interacting with the world, turned out to be one of the major challenges of preparing this year's exhibition. It is irrevocably inscribed in the photographic works shown: access to planned motifs, materials and photographic workshops was and is limited. Additionally, desired feedback was only possible online. The question as to what "contact« means will be an indispensable part of photographic work processes in 2020. As a result, the current exhibition regards itself as a place of attempted conversation, of establishing contact, between artists and a changing world, between different forms of images, between photographs and space, and between visitors and exhibitors. All in the knowledge of the fragility of every encounter.

The conversation continues in this catalogue. The art historian W.J.T. Mitchell postulated in »What Do Pictures Want?« (2005) a certain ability of pictures to act. They can affect us, speak to us. Following this idea, students of the M.A. program »Photography Studies and Research« sought to establish personal contact with the photographs of their fellow students through short letters. They provide an insight into the initial encounters with the pictures and also the time spent in front of and with the pictures. In so doing, it is not the artists but the photographs themselves that are addressed vis-à-vis. Thus, seeing and affect, text and image, production and reflection mirror the tandem of the two master programs.

Digital Info Day for all B.A. and M.A. programs

Am 5. Februar 2021 findet zwischen 14 und 18 Uhr der nächste Informationstag für alle Studiengänge am Fachbereich Gestaltung statt – aus gegebenem Anlass dieses Mal natürlich online! Vorgestellt wird die ganze, bei uns im Quartier Nord unterrichtete Vielfalt von Disziplinen: Fotografie, Industrial Design und Kommunikationsdesign, jeweils in Bachelor- und Master-Programmen; nicht zuletzt aber auch die beiden wissenschaftlichen Master-Programme zu Theorie und Geschichte der Fotografie sowie zu Kunst- und Designwissenschaft. Das genaue Programm für den Informationstag und die Informationen zum entsprechenden Online-Portal werden wir in wenigen Tagen hier veröffentlichen.

Darüber hinaus werden zwischen 16 und 18 Uhr Termine für eine Online-Mappenberatung angeboten. Hierfür ist eine Anmeldung bei Sonja Zenker (sonja.zenker@folkwang-uni.de) erforderlich. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Studienplätze in den drei Studiengängen Fotografie (Bachelor of Arts), Photography Studies and Practice (Master of Arts) und Photography Studies and Research (Master of Arts) werden dieses Jahr zum 15. März 2021 (BA Fotografie und MA Photography Studies and Practice) sowie zum 31. Mai 2021 (MA Photography Studies and Research) ausgeschrieben. Das Aufnahmeverfahren wird im Frühjahr stattfinden. Studienbeginn ist das Wintersemester. Alle Informationen zu den Anforderungen in den Bewerbungsverfahren und ihrem Verlauf, zu den Prüfungsordnungen und Modulhandbüchern sowie zu den genauen Terminen finden sich hier zusammengefasst.

Fotorestaurierung in Praxis und Lehre

Sammlung Matthias Gründig.

Die vier Partnerinstitutionen des Zentrums für Fotografie Essen – Folkwang Universität der Künste, Museum Folkwang, Historisches Archiv Krupp und Stiftung Ruhr Museum – bauen ihre Zusammenarbeit im Bereich Restaurierung und Konservierung von Fotografie weiter aus. Die Stadt Essen richtet mit Unterstützung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung am Museum Folkwang ein institutsübergreifendes Fotorestaurierungsstudio ein, das zukünftig die umfangreichen fotografischen Bestände der Partnerinstitutionen sichern und aufarbeiten sowie für die Zwecke von Wissenschaft und Lehre verfügbar machen wird. Eine Presseerklärung des Zentrums für Fotografie Essen findet sich hier.

Für die neu geschaffenen Fotorestaurierungsstellen konnten die international renommierten Expertinnen und Experten Jessica Morhard und Peter Konarzewski gewonnen werden.

Das neu eingerichtete Studio und die Besetzung der Fotorestaurierung im Museum Folkwang sind wichtige Schritte zum Erhalt und Ausbau der fotografischen Sammlungen sowie zum Ausbau des Forschungsbereichs »Fotografische Materialitäten« an der Folkwang Universität der Künste. Neben der Konservierung und Pflege der umfangreichen, klassischen analogen Bestände treten bei allen Institutionen zukünftig auch Fragen in den Mittelpunkt, die den Erhalt von digitalen Konvoluten umfassen werden. Hier setzt die Arbeit der neuen Fachabteilung als Kompetenzzentrum an, sie forscht und entwickelt zukunftsweisende Standards und stellt den Wissenstransfer zwischen Fotorestaurierung, künstlerischer Praxis sowie Theorie und Geschichte der Fotografie sicher.

Insbesondere auch für die Studierenden der Folkwang Universität sind dies hervorragende Nachrichten: Künftig wird in jedem Semester die Abteilung Fotorestaurierung mit mindestens einer Lehrveranstaltung präsent sein. Diese Verknüpfung von Praxis und Lehre stellt ein Novum an einer Hochschule im deutschsprachigen Raum dar.

Galerie 52 im Wintersemester 2020/2021

  • 6.–14.11.2020
  • »The Afternoon of the Day«
  • Sora Park
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  • 20.–27.11.2020
  • »Die abstrakte Wahrheit«
  • Hao Wen
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  • 7.–11.12.2020
  • »Solid State«
  • Ruth Magers & Julius Barghop
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  • 16.12.2020–8.1.2021
  • »being on concrete«
  • Jana Schulz
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  • 15.1.–22.1.2021
  • »drei Sterne Plus; Zuchtklasse 1.«
  • Inga Barnick
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  • »How to Pose the Model«
  • David Müller
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  • ab 29.1.2021
  • »Baron«
  • Simon Baptist

Jonas Kamm ist für den Louis Roederer Discovery Award der Rencontres d’Arles nominiert

Jonas Kamm: DAVE, DEE & DOZY, 2020.

Jonas Kamm, der im vergangenen Jahr an der Folkwang Universität der Künste im Studiengang Fotografie seinen Bachelor of Arts erworben hat, wurde für den Louis Roederer Discovery Award nominiert. Gemeinsam mit zehn weiteren Künstlerinnen und Künstlern aus insgesamt neun Ländern steht er damit auf der Short List dieses Preises. Neben Deutschland stammen sie aus Frankreich, Georgia, Peru, Polen, der Tschechischen Republik, der Türkei, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie alle werden im Rahmen der diesjährigen Rencontres d’Arles im Rahmen einer Gruppenausstellung gezeigt werden. In der Eröffnungswoche vom 5. bis zum 12. Juli 2021 wird neben dem mit 15.000 Euro dotierten Discovery Award auch ein mit 5.000 Euro dotierter Publikumspreis verliehen werden. Ausführlichere Informationen finden sich hier.

Inga Barnick: »parade ground, open space – [a review of Maidan]«

Inga Barnick: »parade ground, open space – [a review of Maidan]«, 2020.

Mit ihrer Arbeit »parade ground, open space – [a review of Maidan]« hat Inga Barnick erfolgreich ihr Studium im M.A. Photography Studies and Practice abgeschlossen.

Sie selbst schreibt über ihre Arbeit: Es handelt sich um eine fotografische Untersuchung des Majdan Nesaleschnosti, dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew, der in der Vergangenheit vor allem wegen der dortigen Proteste (Orange Revolution, Euromajdan) in den internationalen Medien präsent war. Der architektonische Raum des Platzes — wörtlich bedeutet »Majdan« offener freier Platz — wird im Bezug auf seine gegenwärtige Nutzung, Wahrnehmung und Gestaltung sowie historisch-politischen Ereignissen visuell verhandelt. Das Erscheinungsbild und der Name des Platzes haben sich stets in Korrespondenz zur herrschenden Ordnung gewandelt.

Der Platz ist als visuelles Erlebnis angelegt und inszeniert. Er beruht auf einem geplanten Bildeindruck und ist auf die mediale Reproduktion angewiesen. In der räumlichen Beobachtung drängt sich indes eine andere Alltagsroutine auf: eine breite, geschäftige Haupt-/Paradenstraße zerteilt den Platz. Im Mantel dekorativer Gestaltung versperren Architekturelemente die Sicht. Nicht-Orte offenbaren sich: Durchgänge, Untergrundpassagen, Café- und Fast Food-Ketten. Unausweichlich hebt sich aus dem Untergrund eine Shopping Mall empor. Ein Platz im Sinne der wörtlichen Übersetzung »Maidan — open space« ist nicht ersichtlich, vielmehr bedarf es immer den Gang durch den Untergrund um ihn zu »überqueren«. Wo ist also diese Idee von Platz, von freiem Raum?

Das Buch erschien 2020 bei On Retinae Books in Essen in einer Auflage von 35 Exemplaren. Es umfasst 100 Seiten sowie im Anhang einen Index (Anhang). Fadengeheftete Broschur (Papierwechsel glossy/natural), Softcover (Leinenpapier 300 g) im Format 29,4 × 20,4 cm.

Criticism

EFEG #9 Aglaia Konrad / Carrara

In der neunten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld über »Carrara« von Aglaia Konrad. Erschienen ist das Buch 2011 bei Roma Publications in Amsterdam. Die Fotografin fragmentiert mit dem »Ausschnitt-Werkzeug« Fotokamera die Marmor-Steinbrüche von Carrara und konstruiert aus den Bildern eine ungewöhnliche Seherfahrung. Das Buch enthält außerdem einen Text von Angelika Stepken. Ca. 29 cm × 21,5 cm, 136 Seiten, 119 Schwarzweiß- und 18 Farb-Fotografien (sowie die Farbfotografie auf dem Schutzumschlag).

Aglaia Konrad wurde 1960 in Salzburg geboren, 1990–1992 Studium der Fotografie an der Jan von Eyck Academie in Maastricht. Seit 2007 ist sie Professorin an der Sint-Lukas in Brüssel. Zahlreiche Auszeichnungen, 1997 Teilnehmerin der documenta X, 2003 Camera Austria Preis für zeitgenössische Fotografie, 2023 Österreichischer Staatspreis für Fotografie.
 

 

EFEG #8 Katja Stuke / Supernatural

In der achten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld über zwei Bücher von Katja Stuke: »Supernatural« von 2010 und »Supernatural 2021« aus dem titelgebenden Jahr. In diesem Projekt »Supernatural« hat Katja Stuke Sportlerinnen bei den Olympischen Spielen am Fernseher beobachtet und in einem Moment großer Konzentration direkt vor ihrer sportlichen Leistung fotografiert. »Supernatural 2021« ist eine Weiterentwicklung, es ändert sich die Auswahl der Athlet:innen, der Sportarten, es ändern sich aber auch der Blick und der Umgang mit den Bildern im Heft.

Katja Stuke (*1968) lebt und arbeitet in Düsseldorf. Studium an der FH Düsseldorf. Ausgezeichnet unter anderem mit dem LUMA Rencontres Dummy Book Award at the Rencontres d’Arles 2017 und als Lauréat Regards du Grand Paris Ateliers Medicis, Centre national des arts plastiques Paris (beides mit Oliver Sieber).

 

EFEG #7 Helga Paris / Häuser und Gesichter. Fotografien 1983–85

In der siebten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld über Helga Paris’ »Häuser und Gesichter. Fotografien 1983–85«. Das Buch ist zuerst 1986 erschienen und auch nicht erschienen – bevor es dann einige Jahre später in einer Neuausgabe endgültig erscheinen konnte.

Helga Paris wollte Halle an der Saale wie eine ganz fremde Stadt fotografieren. Das Buch beginnt mit Straßenansichten, es folgen Porträts, die sie hauptsächlich auf der Straße fotografiert hat. Die Ausstellung, zu der Paris dieses Buch gemacht hat, durfte 1986 nicht gezeigt werden und wurde 1990 nachgeholt.

EFEG #6 Deanna Templeton / What She Said

In der sechsten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« besprechen Andreas Langfeld und Elisabeth Neudörfl das Fotobuch »What She Said« von Deanna Templeton. Erschienen ist es 2021 bei Mack Books in London.

Deanna Templeton fotografiert weibliche Teenager und junge Frauen und stellt diese Porträts in einen Zusammenhang mit Tagebucheinträgen und Konzertflyern aus ihrer eigenen Jugend in den 1980er Jahren.

Rein theoretisch #6 Fotografierverbot

Dortje Fink und Julia Wolf, beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research, sprechen in der sechsten Folge ihres Podcasts »Rein theoretisch« über Fotografierverbote.

Was haben das Van Gogh Museum in Amsterdam, der Uluru in Australien, die Stadt Kyoto in Japan, aber auch die Herbertstraße in Hamburg, das Berghain in Berlin, New Yorker Gay Bars der 80er Jahre und Sicherheitsgebiete in Kriegszeiten gemeinsam? Spoiler: Sie stellen Orte dar, an denen es nicht gestattet ist zu fotografieren. 

Die Gegebenheiten, in denen sie uns begegnen, sind genauso vielseitig wie die Gründe für solche Reglements. Ob in Clubs durch das Abkleben von Handykameras, in Museen anhand von Hinweisen des Aufsichtspersonals oder an sakralen Orten nach dem unausgesprochenen Gesetz des gegenseitigen Respekts. Eines haben sie gemeinsam: Fotografie wird in all diesen Fällen als problematisch oder gar bedrohlich angesehen. Fotos, die aufgrund verschiedenster Verbote nicht existieren, lassen zudem ein spannendes Gedankenspiel zu. Welche Abbildungen werden in bestimmten Situationen antizipiert? Und welche negativen Auswirkungen könnten diese haben?

Fink & Wolf teilen in dieser Podcast-Folge ihre Gedanken zur gezielten Unterbindung privater Fotoaufnahmen und stoßen dabei an die Grenzen ihrer situationsbedingten Sinnhaftigkeit. Am Ende stellt sich die Frage ob wir aufgrund der allgegenwärtigen Kameranutzung vermehrt mit Fotoverboten konfrontiert werden sollten oder nicht.

Abrufbar ist die neue Folge, wie alle anderen auch, auf Apple Podcast und Spotify.
 

EFEG #5 Bettina Lockemann / Southward – nach Süden

In der fünften Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Andreas Langfeld und Elisabeth Neudörfl über Bettina Lockemanns »Southward – nach Süden«, erschienen beim Fotohof Salzburg im Jahr 2021.

Bettina Lockemann ist 2017 in die Südstaaten der USA gereist. Dort trifft sie auf Gegenden und Städte, die einerseits mit vielen Hypotheken aus der Vergangenheit zu kämpfen haben, in denen sich aber auch viele Initiativen wie zum Beispiel das Rural Studio finden. Das gehört zur Auburn University, und seine Studierenden entwickeln gemeinsam mit den Menschen vor Ort Methoden zum Bau günstigen Wohnraums. Lockemann sucht viele dieser Initiativen auf, spricht mit den Beteiligten und fügt ihren Fotografien kurze Texte bei, die aus Sicht dieser Menschen die Situation beschreiben.

Bettina Lockemann wurde 1971 in Berlin geboren. Nach einer Ausbildung zur Fotografin studierte sie an der HGB in Leipzig. Promotion in Kunstgeschichte, Lehre an vielen unterschiedlichen Hochschulen im In- und Ausland, sechs Jahre lang war sie Professorin für Fotografie an der HBK Braunschweig. Bettina Lockemann hat eine sehr informative Website.

Ca. 24,5 cm × 16,5 cm, Klappenbroschur, 156 Seiten, Schwarzweiß und Farbe, 90 Fotografien.

EFEG #4 Hannah Darabi / Soleil of Persian Square

In der vierten Folge von EFEG – Einige Fotobücher, einige Gedanken – sprechen Andreas Langfeld und Elisabeth Neudörfl über »Soleil of Persian Square« von Hannah Darabi. Erschienen ist dieses Buch 2021 bei den Éditions Gwinzegal in Paris. Die EFEG-Folge ist auf diesem YouTube-Kanal abrufbar.

Der Titel von Hannah Darabis Buch bezieht sich auf das Bistro »Soleil« am »Persian Square« in Los Angeles, das auf einem ihrer Fotos zu finden ist. Stadtansichten von Los Angeles mit Hinweisen auf die dortige iranische Diaspora treffen in dem Buch auf Abbildungen von Musikkassetten, Ausschnitten aus den Gelben Seiten von Los Angeles, Stills aus Musikvideos und informellen Porträts, von denen es jeweils zwei gibt.

Hannah Darabi wurde 1981 in Teheran geboren. Nach einem Studium an der Hochschule der Schönen Künste in Teheran und an der Universität Paris VIII-Saint-Denis lebt sie heute als Künstlerin in Paris.

Einige weiterführende Hinweise: Das im Gespräch erwähnte Video der Wüstenrot-Stiftung ist hier zu finden. ● Hannah Darabi: Enghelab Street. A Revolution through Books: Iran 1979–1983, Leipzig (Spector Books) 2019. ● Das Buch von Bahman Jalali und Rana Javadi von 1979, »Days of Blood, Days of Fire«, ist 2020 als Reprint ebenfalls bei Spector Books erschienen, es enthält einen Einleger mit einem einführenden Text auch auf Englisch. Bedauerlicherweise gibt es keine Übersetzung der im Buch selbst vorkommenden Texte und Bildunterschriften. ● Inka Schube (Hg.): Bahman Jalali, Köln (König) 2011. ● Auf der Bandcamp Seite von ANYWAVE findet ihr das Tape »Soleil of Persian Square / Post California« zum streamen.

Hannah Darabi: Soleil of Persian Square, Paris (Éditions Gwinzegal) 2021. Etwa 28 cm x 22 cm, Broschur, 220 Seiten.

Rein theoretisch #5 Gelöschte Fotografien

Dortje Fink und Julia Wolf, beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research, sprechen in der fünften Folge ihres Podcasts REIN THEORETISCH über gelöschte Fotografien.

Mit der Zeit sammeln sich auf unseren Smartphones Massen an überflüssigen Fotografien an. Anhand ihrer zuletzt gelöschten Handyfotos reflektieren Fink&Wolf die heutigen Ansprüche an selbst geschossene Fotografien und aus welchen Gründen diese dann wieder gelöscht werden. Das gezielte Vernichten von belastendem Fotomaterial unterscheidet sich dabei klar vom versehentlichen Löschen visueller Erinnerungen.

Der Verlust bedeutender Fotografien war zur Zeit der analogen Technik schon allein wegen ihrer fragilen Materialität ein Risiko, wie Robert Capas Fotografien des D-Day in der Normandie zeigen. Jedoch sind private Handybilder als digitale Information ohne konkreten Bildträger ebenso leicht auszulöschen. Datenträger wie Floppy Disks geraten aus der Mode und werden unlesbar, JPEGs nutzen sich mit steigender Verwendung ab und enden als beschädigte Dateien. Auf der anderen Seite verdeutlichen Fälle wie der sogenannte Techno Viking, der in Berlin auf der Fuckparade gefilmt wurde, oder Plattformen zum Hochladen intimer Fotografien von Ex-Partner:innen, (die wir namentlich nicht nennen wollen, um solche Übergriffe nicht zu verstärken) wie aussichtslos der Wunsch nach Löschung sein kann. Katja Müller-Helle beschreibt mit dem Streisand-Effekt zudem, dass Bilder, die im Netz vermeintlich vom Löschen bedroht sind, umso mehr gespeichert und geteilt werden.

Ob heimlich, erzwungen, symbolisch oder versehentlich, gelöschte Fotografien sparen meist einen besonders interessanten Teil unserer Realität aus und stellen uns vor die Frage wie sehr wir unser Wissen darauf beschränken können, was für uns sichtbar ist.

Abrufbar ist die neue Folge, wie alle anderen auch, auf Apple Podcast und Spotify.

Rein theoretisch #4 Blickregime

Die vierte Folge befasst sich mit Blickregimen: In der Fachsprache werden Machtverhältnisse, die durch Fotografien entstehen, Blickregime genannt. Sexismus und Rassismus nutzen die objektifizierende Eigenschaft des fotografischen Mediums bis heute. Wie das Fotografieren die visuelle Wahrnehmung konstruiert und welche Rollenverteilung damit einhergeht, diskutieren Fink & Wolf anhand der Konzepte »Male Gaze« und »Colonial Gaze«. Die Vorstellung, dass Fotos die Realität abbilden, kommt dabei stark ins Wanken und führt zur Frage, welche Repräsentationen wir als »normal« empfinden und welche Bilder zur systematischen Diskriminierung beitragen.

REIN THEORETISCH ist ein neuer Podcast von Dortje Fink und Julia Wolf. Beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Ab sofort abrufbar auf Spotify und Apple Podcasts.

Hosen haben Röcke an

Besprochen von Steffen Siegel

Das letzte Bild im Buch ist das charmanteste: die Künstlerinnengruppe Erfurt als Diagramm, alle porträtieren alle, ein Tableau aus 64 Beziehungen. Entscheidender aber ist das gemeinsame Ganze. Wer Gabriele Stötzer autobiografisches Buch »Der lange Arm der Stasi« – vor einem Jahr erschienen bei Spector Books – gelesen hat, kennt die Umrisse. Denn eigentlich ist Stötzers Buch das Porträt einer weit verzweigten Gruppe oppositioneller Erfurter Künstlerinnen und Künstlern.

»Hosen haben Röcke an«, dieses Jahr beim Hatje Cantz Verlag erschienen, ist beides zugleich: eine Engführung und eine Erweiterung. Einerseits konzentriert sich der Katalog auf jene Gruppe von etwa 15 Künstlerinnen, die zwischen 1984 und 1994 unter wechselndem Namen auftraten. Andererseits reicht das Interesse hier, analog zur Entwicklung der Gruppe, über die Epochenwende von 1989/1990 hinaus. Es waren Auftritte im engen Sinn des Wortes: Performances, Filme, Fotosessions, Modenschauen, Happenings, am 4. Dezember 1989 dann die Besetzung der Erfurter Staatssicherheit – überhaupt die erste in der DDR und eine der wichtigsten wie folgenreichsten Performances jener Zeit. Das Buch ist der nachgereichte Katalog zu einer Ausstellung, die bereits vor eineinhalb Jahren in der nGBK Berlin zu sehen war, und es ist absolut lesenswert.

Gebaut haben die fünf Autorinnen – Susanne Altmann, Katalin Krasznahorkai, Christin Müller, Franziska Schmidt und Sonia Voss – das Buch um fünf Filme der Künstlerinnengruppe, von denen aus die Geschichten von Widerstand, Subversion, Appropriation und Parodie erzählt werden. Das geht, was die Filme selbst angeht, im Buch natürlich nur bedingt gut auf, das mehr als reiche und wohl fast immer zum ersten Mal publizierte Archivmaterial macht das indes wett.

Das von Klimaite Klimaite Berlin wunderbar gestaltete Buch schließt dieses Archiv schlaglichtartig kommentierend auf. Alle Texte finden sich im Buch durchgehend zweisprachig auf Deutsch und Englisch. Wer es noch genauer wissen will, findet in einer von Christin Müller erstellten Chronologie und einer umfassenden Bibliografie weitere Informationen. Man kann aber auch einfach nach Thüringen fahren und dort im Kunsthaus Erfurt vorbeischauen. Gegründet wurde es 1990 in der Michaelisstraße 34, wo es sich nach wie vor befindet und für die lokale wie überregionale Kunst- und Kulturarbeit ein wichtiges Zentrum ist. Aus einer Initiative der Künstlerinnengruppe hervorgegangen, wird es unverändert von Monique Förster, einem ihrer Mitglieder, geleitet.  

Susanne Altmann, Kata Krasznahorkai, Christin Müller, Franziska Schmidt, Sonia Voss: Hosen haben Röcke an. Künstlerinnengruppe Erfurt, 1984–1994 / Pants Wear Skirts. The Erfurt Women Artists’ Group, 1984–1994, Berlin (Hatje Cantz) 2023. Broschur, 256 Seiten, 200 Abbildungen, 26,5 × 19,5 cm. ISBN: 978-3-7757-5258-9.

 

Rein theoretisch #3 Bildgedächtnis

Die dritte Folge von REIN THEORETISCH handelt vom Bildgedächtnis: Fotografien sind Teil eines individuellen und kollektiven Gedächtnisses. Sie werden zu Bildikonen, die Menschen vor Augen haben, ohne sie zu sehen. Dabei spielen Medien eine entscheidende Rolle. Inwiefern Bilder unterschiedlich erinnert werden und gemeinschaftsstiftende Vorstellungen immer auch Menschen ausschließen, überlegen Fink&Wolf unter anderem anhand der fotografischen Inszenierung Marilyn Monroes, des Pressebildes »The Terror of War« von Nick Ut und der Ausstellung »A Series of Utterly Improbable, Yet Extraordinary Renditions« von Arthur Jafa.

Anders funktionieren detaillierte Bildbeschreibungen. Der sogenannte Alt-Text gibt Fotografien für sehbeeinträchtigte Menschen mit Worten wieder und lässt sie vor unserem inneren Auge sichtbar werden, ohne sie je gesehen haben zu müssen.

REIN THEORETISCH ist ein neuer Podcast von Dortje Fink und Julia Wolf. Beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

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Jan Mammey, Falk Messerschmidt: Statues Also Die

Besprochen von Steffen Siegel

Vor wenigen Tagen hat die Stiftung Buchkunst die von ihr in diesem Jahr ausgezeichneten »Schönsten Deutschen Bücher« bekannt gegeben. Eines ist »Statues Also Die« von Jan Mammey und Falk Messerschmidt, erschienen bei Kodoji aus Baden in der Schweiz und gestaltet von Helmut Völter. Ob sich die beiden Künstler gewundert haben, dass ihr Fotobuch in der Kategorie »Sachbuch/Ratgeber« ausgezeichnet wurde? Ebenso gut hätte es in die (bei der Preisvergabe nicht vorgesehene) Kategorie »Reiseführer« gepasst – jedenfalls in einem besonderen Sinn von Reise. Wer das Buch öffnet, wird sich in einer solchen Deutung bestätigt sehen: Im vorderen Klappcover findet sich ein Stadtplan von Paris, der sich auch als Inhaltsverzeichnis verwenden lässt.

Vor genau siebzig Jahren kam »Les statues meurent aussi« – gemeinsam von Alain Resnais, Chris Marker und Ghislain Cloquet gedreht – in die Kinos. Dass er heute ein Klassiker ist, lässt all zu schnell vergessen, dass er in Frankreich eineinhalb Jahrzehnte lang nur zensiert zu sehen war. Grund war die in ihm formulierte Kolonialismus-Kritik, und genau hieran schließen Mammey und Messerschmidt an – der übernommene Werktitel verdeutlicht es. Vor allem aber teilen sie mit dem Film die Schlüsselfrage nach der Sichtbarkeit des Kolonialismus. Sie fuhren dafür nicht in frühere französische Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent, sondern durchmusterten in ganzer Breite den Stadtraum von Paris (dem Ansatz von »Berlin Postkolonial« vergleichbar). Vom Ladenschild über Denkmäler bis hin zu ganzen Institutionen, ja Stadtteilen reicht die im Fotobuch zusammengeführte Sammlung.

Vielleicht ist das angesprochene Ladenschild tatsächlich der überraschendste Ort einer solchen Präsenz. Nicht ganz zufällig wird es auf der Rückseite des Covers besonders prominent ausgestellt, allerdings im Zustand eines Kommentars. Gegeben wurde er in violetter Farbe, vermutlich als Farbbeutel an das Schild geworfen. Es gehörte zu einem Laden, bei dem nicht allein sein Name »Au n*** joyeux« (also in etwa: »Zum fröhlichen N***«) eine solche Tat herausforderte, sondern auch ein gemaltes Bild, das mit rassistischen Klischees nicht geizig war. Genau besehen erzählt das Buch eine Geschichte: Zwei Aufnahmen zeigen Zustände vom Oktober 2016 und Dezember 2018 – und in ihnen bildet sich eine Entwicklung ab. Wer heute an die Place de la Contrescarpe geht, wird weder Schild noch Beschriftung finden.

Im Ganzen kommen Mammey und Messerschmidt auf gut drei Dutzend Pariser Erinnerungsorte, die allerdings in der Mehrzahl gerade das nicht sind: ein Anlass zur Erinnerung. Die kolonialen Wurzeln sind verdeckt, werden übersehen oder proaktiv ignoriert. Man sagt wohl nicht zu viel, wenn man behauptet: Wer dieses nicht nur schöne, sondern auch wichtige Fotobuch auf die nächste Paris-Reise mitnimmt, wird diese oft gesehene Stadt ganz gewiss mit neuen Augen betrachten.

Jan Mammey, Falk Messerschmidt: Statues Also Die, Baden CH (Kodoji Press) 2022. Mit einer Short Novel von Arno Bertina. 16,5 × 22,5 cm, 276 Seiten, 147 Farb- und Schwarz/Weiß- Abbildungen. Soft-Klappcover. ISBN 978-3-03747-108-1

EFEG #3 Jo Ractliffe / The Borderlands

In der dritten Folge von EFEG – Einige Fotobücher, einige Gedanken – sprechen Andreas Langfeld und Elisabeth Neudörfl über »The Borderlands« von Jo Ractliffe. Erschienen ist dieses Buch 2015 bei Editorial RM. Die EFEG-Folge ist auf diesem YouTube-Kanal abrufbar.

Nachdem Ractliffe für ihre beiden vorangegangenen Arbeiten »Terreno Occupado« und »As Terras do Fim do Mundo« in Angola fotografiert hatte, führt sie ihr Thema – die Beschäftigung mit dem Bürgerkrieg in Angola und dem Befreiungskampf in Namibia sowie den Verstrickungen Südafrikas darin – in Südafrika selbst weiter, von wo aus viele Militäreinsätze ihren Anfang genommen haben. Dabei verfolgt sie, wie sie selbst sagt, die Idee einer Landschaft als (ehemals) militarisierter Zone.

Jo Ractliffe wurde 1961 in Kapstadt geboren. Sie studierte Bildende Kunst an der Ruth Prowse School of Art, Woodstock, und an der Michaelis School of Fine Art at the University of Cape Town (Bachelor of Fine Arts 1985, Master of Fine Arts 1988). Heute unterrichtet sie an der Witwatersrand School of Arts at Wits University, Johannesburg.

Jo Ractliffe: The Borderlands, Barcelona, Mexiko City (Editorial RM) 2015. Ca. 30 cm x 25 cm, Hardcover, keine Seitenzahlen, 4 Ausklappseiten, Bildteil 148 Seiten, Textteil 24 Seiten, 89 Fotografien.

Rein theoretisch #2 Anonymisierung

Die zweite Folge von REIN THEORETISCH widmet sich eingeschränkt sichtbaren Bildern: Fotografien mit unkenntlich gemachten Ausschnitten betonen oft, was den Betrachtenden vorenthalten wird. Hierbei werden hauptsächlich Individuen anonymisiert, deren Privatsphäre in der Medienberichterstattung nicht verletzt werden soll. Bildredaktionen müssen so abwägen, ob das öffentliche Interesse an einem Geschehen oder das Recht am eigenen Bild überwiegt. Handelt es sich bei dieser Einschränkung auch um eine Form von Zensur?

Fink & Wolf spekulieren außerdem über die Verwahrung großer Fotoansammlungen und das darin liegende Gewaltpotenzial durch anonyme Porträtfotografien. REIN THEORETISCH ist ein neuer Podcast von Dortje Fink und Julia Wolf. Beide studierenden an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Ab sofort abrufbar auf Spotify und Apple Podcasts.

Rein theoretisch #1 Zensur und Content Moderation

Fotografien für die Ohren! REIN THEORETISCH ist ein neuer Podcast von Dortje Fink und Julia Wolf. Beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Anhand von Themen, die den künstlerischen, angewandten oder privaten Bereich betreffen, überlegen Dortje Fink und Julia Wolf, wie Fotografien zum Erscheinen oder Verschwinden gebracht werden. Sie sprechen über Bilder, die nicht gesehen werden können, wollen oder dürfen – also aus den Augen in den Sinn. Der Intro-Song stammt von Hossein Mousavifaraz, ebenfalls Student in unserem Research-Master.

In der ersten Folge beschäftigen sich Fink & Wolf mit den Themen Zensur und Content Moderation. In diesen Fällen sind Fotografien zwar potenziell vorhanden, aber durch bewusste Regelungen nicht mehr zu sehen. Autoritäre politische Systeme scheinen unerwünschte Abbildungen ungehemmt zu zensieren, wie das Beispiel einer Fotografie-Ausstellung von Gundula Schulze Eldowy in der DDR zeigt.

Aber auch in Demokratien werden Bilder gelöscht bevor oder nachdem sie in Umlauf gebracht werden. Anhand von Content Moderation in Sozialen Medien stellt sich die Frage, ob hier auch von Zensur zu sprechen ist. Ist Zensur immer etwas Schlechtes oder ist sie heute eine Notwendigkeit zum Schutz vor traumatisierenden Bildern in digitalen Netzwerken?

Ab sofort abrufbar auf Spotify und Apple Podcasts.

EFEG #2 LaToya Ruby Fraziers / The Notion Of Family

Die zweite Folge von Einige Fotobücher, einige Gedanken haben Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld dem Fotobuch »The Notion of Family« der US-amerikanischen Künstlerin und Aktivist LaToya Ruby Frazier gewidmet, erschienen 2016 bei Aperture in New York.

Im ersten Buch von LaToya Ruby Frazier sehen wir sie selbst, ihre Mutter und ihre Großmutter sowie ihre Heimatstadt Braddock, Pennsylvania im sogenannten Rust Belt. Die Fotos sind in einem Zeitraum von über zehn Jahren entstanden. Frazier wendet unterschiedliche bildnerische Strategien an, mal mehr, mal weniger inszeniert und experimentell.

LaToya Ruby Frazier wurde 1982 in Braddock, Pennsylvania geboren. Sie studierte an der Edinboro University of Pennsylvania (Bachelor of Fine Arts, 2004), an der Syracuse University (Master of Fine Arts, 2007) und im Whitney Museum Independent Study Program (2011). Sie ist Professorin für Fotografie an der School of the Art Institute of Chicago.

Die neue Folge von EFEG ist 1 Stunde und 21 Minuten lang und steht hier jederzeit zum Abruf bereit.

EFEG #1 Germaine Krull / Paris-Biarritz

In der ersten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld über Germaine Krulls »La Route Paris–Biarritz« von 1931, erschienen in Paris bei den Éditions Jacques Haumont; ca. 22 cm × 15 cm, Broschur, 96 Seiten mit 87 Fotografien.

Germaine Krull fährt 1931 mit dem Auto von Paris nach Biarritz beziehungsweise noch darüber hinaus und fotografiert unterwegs sowohl Baudenkmäler, Stadtansichten und Landschaften als auch das Fahren selbst. Auch Claude Farrère begibt sich für sein Vorwort auf diese Reise...

Das einstündige Gespräch gibt es ab sofort auf dem YouTube-Kanal von EFEG.

Eric Meier: FF

Besprochen von Steffen Siegel

Es gibt Fotografien, bei denen genaues Hinsehen nicht reichen wird. »FF« von Eric Meier, erschienen bei sèche editions in Berlin, erinnert daran schon auf dem Cover. Wer den großformatigen, gut zwei Kilo schweren Band in die Hand nimmt, muss es spüren: Die Buchstaben sind so rau wie Schleifpapier. Damit ist zugleich ein Ton gesetzt. Es geht hier um eine Form der Sinnlichkeit, die die Augen ebenso viel angeht wie die Fingerkuppen.

Ein neunseitiges Intro, gesetzt in großen Lettern, wirft für »FF« stakkatohafte Lyrics hin: „Es riecht nach Money Honey, aber nicht für Dich.« Oder: »Es ist 93, 94, 95, 96, 99 Uhr. Millennium. Im Takt der Zonierung ist die Zornierung produktiv gesteigert.« Oder: »Wie schön der Schutt ist oder die Blume, die sich durch die Platte gräbt.« Und: »Die Tür ist jedoch immer einen Spalt auf. Und wenn nicht, rennen wir durch die Scheibe. Welt offen.« Direkt danach, auf Seite 13, kann man diese Scheibe sehen.

Doch folgen keine Blick ins Offene, sondern 250 Seiten voller Close-Ups, immer schwarz-weiß. Fotografien für die Fingerspitzen: die kleinen glatten Kiesel im porösen Waschbeton, der feinkörnige Rost auf dem schmalen Treppengeländer, die glatten Kachelfliesen der fensterlosen Fassaden, die scharfkantigen Schuppen der splitternden Ölfarbe, die kubistischen Formbausteine, zusammengefügt wie die Betonplatten für Hauswände und Gehsteige, zwischen ihnen ein Kleber aus Teer, der im Sonnenschein an Härte verliert und dunkel zu riechen beginnt. Spätestens hier kommt auch die Nase ins Spiel.

Es ist nicht schwer, solche materiellen Qualitäten metaphorisch aufzufassen – und gewiss ist es auch nicht falsch, gerade solche Schlüsse zu ziehen. Oft genug ist das, was Eric Meier in seinen Bildern zeigt, brüchig, marode, verfallen oder sogar mutwillig zerstört. Allerdings liegt unter dieser rauen Ikonografie eine zweite Ebene, und gerade hierfür benötigt es den fotografischen Blick. Der ist aufmerksam, intensiv, genau. Die so entstehenden Fotografien sind dabei vor allem eines: den Dingen zugewandt.

Kein einziges dieser Bilder zeigt Menschen – und doch geht es auf allen Seiten des Buches nie um etwas anderes. Eine Lebenswelt voller alter und einiger neuer Zeichen im Habitat »FF« wie Frankfurt an der Oder. Michael Schmidt eröffnete sein legendäres (gerade wieder aufgelegtes) Buch »Ein-heit« mit einem Blick ins Gelände der ostdeutschen Plattenbaugebiete, weitete dann aber sehr schnell die Perspektive. Eric Meier bleibt hier beharrlich: Seine Ortserkundung folgt geduldig den großen Formen und kleinen Zeichen, sammelt Blicke für Augen und Fingerspitzen – und verdichtet sie zu einem meisterhaft präzisen Fotobuch.

Eric Meier: FF, Berlin (sèche editions) 2021. 304 Seiten, Hardcover, 24 × 32 cm. Gestaltet von HOMI Creative Studio, mit Texten von Eric Meier, Malina Lauterbach und Clemens Vilinger. ISBN: 978-3-949495-01-4

Fototechnik-a

Besprochen von Steffen Siegel

Es gehört zu den prägenden Ideen des Diskurses zur Fotografie, dass er das Medium und den menschlichen Körper zusammendenkt. Eigentlich von Anfang an, denn immerhin hatte schon im Januar 1839 der Chemiker Biot die fotografische Platte mit einer künstlichen Netzhaut verglichen. Sehr viel später würde dafür in Toronto das schöne Wort von den »extensions of man« geprägt werden. Die englische Sprache hat allerdings auch die Eigenart, mit einer solchen Formulierung wichtige Differenzen zudecken zu können. Marshall McLuhan dachte vermutlich, als er so formulierte, an medial ermöglichte Erweiterungen des Menschen, nicht aber des Mannes. Ein gerade eben im Fotohof Salzburg erschienener Band fragt nun aber zurück: War vielleicht doch nur der Mann gemeint? Hat Fotografie (abgesehen vom grammatikalischen Femininum) traditionell ein Geschlecht? Anders formuliert: »Wie weiblich ist die Fototechnik?«

Der typografisch anspruchsvolle Titel des Buches ist programmatisch gewählt und lässt sich hier nur indirekt zitieren: »Fototechnik-a«, mit hochgestelltem a. Was die Herausgeberinnen und Autorinnen Caroline Heider, Ruth Horak, Lisa Rast und Claudia Rohrauer auf 110 großformatigen Seiten zusammentragen, ist keine systematische Untersuchung dieses sehr weiten Feldes, sondern ein Versuch, Schlaglichter zu setzen. Nur ein Beispiel: Seit 1839 und noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein sind Hand- und Anleitungsbücher zur fotografischen Technik und ihrer Anwendung wie Sand am Meer erschienen. Es gibt wirklich zu denken, worauf Caroline Heider aufmerksam macht: Fast stets wurden diese Bücher von einem Mann geschrieben. Dass damit ein handfester Sexismus einhergeht, zeigt die Künstlerin anhand von Illustrationen aus solchen Büchern und nicht zuletzt der noch immer überreich verlegten Foto-Magazine.

Von besonderem Wert ist in diesem Band das Zusammenspiel der verschiedenen Wissensformen: wissenschaftliche Aufsätze (ausführlich von Ulrike Matzer und Katharina Steidl) stehen neben künstlerischen Reflexionen (neben Caroline Heider sind das Lisa Rastl und Claudia Rohrauer). Zusammengehalten wird das alles auf charmante Weise durch die Stimme von Ruth Horak, die die Beiträge erläuternd anmoderiert.

Caroline Heider, Ruth Horak, Lisa Rastl, Claudia Rohrauer: FOTOTECHNIK-A, Salzburg (Fotohof) 2023. 110 Seiten, broschiert, zahlreiche Farbabbildungen, 30,5 × 22 cm, ISBN: 978-3-903334-55-7.

Gloria Ruiz Melendez on the Exhibition »On Display«

»On Display«, exhibition view at Kunstmuseum Ahlen, 2022. Photo: Samuel Solazzo.

The Unattainable Border
By Gloria Ruiz Melendez

»A wormhole«, I wrote in my note app as the first impression of the double feature in the Ahlen Kunstmuseum: »Neue Wahrheit? Kleine Wunder! Die frühen Jahre der Fotografie« and »On Display: Der Körper der Fotografie«. A feeling of symmetry, of a mirrored image, of a question as old as the technology of Photography: Where do the possibilities end? Is there more? Questions asked in the 19th century with a resonance in today’s contemporary Art and Photography theorization and practice world, not only in this specific set of expositions but also in others that aim to reflect on the very nature of the limits of the medium, in a time when photography has become absolutely immersive in our everyday life, integrated into our routine as something that it’s »there« and we seldom think about. Photography has become the way we see and not the other way around, a mass of data that flows with a life of its own, like a river.

In »On Display: Der Körper der Fotografie«, more than an exploration body, it’s the attempt of digging it to its bones, confronting the audience with the notion that we’re watching, confronting us with our expectations around photography in our private and public life, something mundane but also intimate. Joan Fontcuberta explains in »Photography, Crisis in History«: In Photography two facets have necessarily coexisted: (1) the image as visual information (2) the physical support of a medium, objectual dimension. In the daguerreotype, the plate embodies an image. In the archive, the information aspect prevails. In a museum, it’s the objectual aspect. On Display takes on the specific task to scratch, taking techniques and methods of the past into a contemporary while »Neue Wahrheit? Kleine Wunder! with their stereographs, which have been the basis of the very contemporary world of Augmented Reality and Virtual Reality, reminds us that this urge to grasp reality in new and more encompassing ways has been a part of the very nature of Photography since it’s conception.

The rules about photography keep changing and getting looser, as nowadays we’re able to create images that don’t really exist, and Artificial Intelligence can combine, merge and interpret images in a way that sounded like science fiction only mere decades ago. The urge to adopt and reject technology, the urge to keep photography in »its body«, like a reversed exorcism, when Photography seems to start losing its materiality and becoming pure data. Photography is about control, but also about leaving room for coincidence and exploration while finding a lot of the same urges in the neighbor Exposition: »to have been there«, memories, events, the word Truth.

Where does the border lie? For Photography, it feels like the Borgean »Book of Sand«: never-ending, shapeshifting, always bringing a new page into a seemingly never-ending book.

Gloria Ruiz Melendez has been a DAAD student at Folkwang University of the Arts since 2021.