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Best Practices? Fotografische Vor- und Nachlässe

Im Februar 2025 wird das Zentrum für Fotografie Essen unter dem Titel »Best Practices? Fotografische Vor- und Nachlässe« sein zweites Symposium ausrichten und lädt alle Interessierten herzlich ein.

Im Zentrum stehen Fragen nach den besten Möglichkeiten, mit fotografischen Vor- und Nachlässen umzugehen. Wie lässt sich Fotografie – ein ebenso wertvolles wie vergängliches Kulturgut – angemessen schützen und bewahren, um es für künftige Nutzung zugänglich zu machen? Museen, Archive, Bibliotheken, aber auch Privatleute müssen Antworten auf diese Frage finden.

Die Frage nach »best practices« wirft eine Vielzahl möglicher Antworten auf. Daher sollen am 6. Februar 2025 bislang gefundenen Strategien vorgestellt und diskutiert werden. Dieser erste Tag des Symposiums, ausgerichet im Museum Folkwang, richtet sich sowohl an Fachleute wie auch an die interessierte Öffentlichkeit. Hierfür haben herausragende Expertinnen und Experten ihre Teilnahme bereits zugesagt. Zu ihnen gehören: Christine Frisinghelli (Graz), Matthias Gründig (Essen), Marco Klindt (Berlin), Matthias Pfaller (Paris), Ricarda Roggan (Stuttgart), Jörg Sasse (Berlin), Kathrin Schönegg (München), Petra Steinhardt (Essen) und Thomas Weski (Berlin).

Für den zweiten Tag lädt das Zentrum für Fotografie Essen zu einem nicht öffentlichen Workshop im Ruhr Museum. Er richtet sich an Fachleute, die sich mit fotografischen Vor- und Nachlässen beschäftigen. Dieser Workshop soll dem Erfahrungsaustausch dienen und Möglichkeiten einer künftigen Zusammenarbeit eröffnen.

Ein detailliertes Veranstaltungsprogramm wird zeitnah auf der Website des Zentrums für Fotografie Essen veröffentlicht werden.

Unser Auftaktbild: Blick in das Depot der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang mit dem Archiv Michael Schmidt, das dort im Oktober 2024 seine Aufnahme gefunden hat. Fotograf: Jens Nober.
 

Orbit

Das ehemalige Schalthaus 2.0 auf dem Gelände des UNESCO-Welterbes Zollverein, Schacht XII, wird ab dem Wintersemester 2024/2025 neu genutzt: als experimenteller Ort für Ausstellungen, Veranstaltungen und Treffen des Fachbereichs Gestaltung der Folkwang Universität der Künste. Ehemalige Fotografie-Student:innen der Folkwang Universität der Künste stellen ihre künstlerische Position in Dialog zu einer aktuellen studentischen Arbeit.

Die Präsentationen der Ergebnisse in Form von öffentlichen Ausstellungen finden erstmalig an diesem neuen Ausstellungsort auf dem Gelände des UNESCO-Welterbes Zollverein statt. Organisiert wird die Ausstellungsreihe von Lorenza Kaib in Zusammenarbeit mit Prof. Elke Seeger und Larissa Zauser.

Ein Schwerpunkt des Projektes liegt auf der Vernetzung: Zum einen wird das Verhältnis der Alumni zur Hochschule gestärkt und vertieft, zum anderen bekommen Studierende Einblicke in Lebenswege und Karrieren nach der Zeit an der Folkwang Universität der Künste. Darüber hinaus sind vielfältige Verknüpfungen innerhalb der kulturellen Landschaft auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein möglich.

Die Ausstellung ist Teil des Projekts BLICKFELD ZOLLVEREIN, einer Kooperation der Folkwang Universität der Künste und der Stiftung Zollverein. Ermöglicht wird das Projekt durch die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Zollverein (GFF) und die RAG-Stiftung.

Für den Auftakt sind drei Ausstellungen geplant:


● Ruth Magers gemeinsam mit Pinkas Fritscher & Acaymo Hülsmann Benlloch
Eröffnung: 21.11.2024, 19 Uhr, Laufzeit: bis 01.12.2024, Öffnungszeiten: freitags 16 bis 18 Uhr, samstags & sonntags 14 bis 18 Uhr

Ruth Magers studierte von 2015 bis 2021 Fotografie an der Folkwang Universität der Künste insbesondere bei Christopher Muller und Elke Seeger. Seit 2020 studiert sie an de Kunstakademie Düsseldorf in der Klasse von Peter Piller. Neben Ausstellungen in Essen zeigte sie ihre Arbeiten bereits überregional sowie international, unter anderem an der University of Portland, Oregon (2019), im Künstlerhaus Betanken, Berlin (2022) und the pool, Düsseldorf (2023). Für ihr künstlerisches Schaffen wurde Magers 2019 mit dem Marianne Ingenwerth-Exzellenzstipendium ausgezeichnet. Seit 2022 organisiert sie zusammen mit Jacob Lambert den von Künstler*innen geführten Ausstellungsraum »etta« in Düsseldorf.


● Eva Olbricht gemeinsam mit tbd
Eröffnung: 20.12.2024, 19 Uhr, Laufzeit: bis 12.01.2025, Öffnungszeiten: freitags 16 bis 18 Uhr, samstags & sonntags 14 bis 18 Uhr, geschlossen vom 27.12.2024 bis 05.01.2025

Von 2014 bis 2019 studierte Eva Olbricht Fotografie an der Folkwang Universität der Künste. Neben fotografischen Auseinandersetzungen arbeitet Olbricht seit ihrem Abschluss auch mit Ton und schafft Keramiken, die zwischen Gebrauchsgegenstand und künstlerischem Objekt oszillieren. Olbrichts Arbeiten waren vielfach im Ruhrgebiet und Rheinland zu sehen. Darüber hinaus stellte sie ihre Arbeiten unter anderem in Leipzig (2021, 2024), Saarbrücken (2018), Wien (2017) und Freiburg im Breisgau (2019, 2018) aus.


● Joanna Kischka gemeinsam mit tbd
Eröffnung: 23.01.2025, 19 Uhr, Laufzeit: 02.02.2025, Öffnungszeiten: freitags 16 bis 18 Uhr, samstags & sonntags 14 bis 18 Uhr

Kischka studierte von 2009 bis 2014 Fotografie an der Folkwang Universität und der Mimar Sinai Universitesi Istanbul. Daran schloß sie von 2015 bis 2019 ein Masterstudium der Medien- und Kulturwissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf an. Ihre Arbeiten haben bereits Eingang in Privatsammlungen und das Stadtmuseum Düsseldorf gefunden. Publiziert wurden sie außerdem in den Zeitschriften Photonews, Hant magazine, njuuz, Dekamired und S-Magazine. In ihrer seit 2012 bestehenden Ausstellungspraxis zeigte Kischka ihre Arbeiten vielfach in Essen und Düsseldorf, aber auch in Polen, der Türkei und weiteren Städten im Ruhrgebiet und Bergischen Land. 

What has been published?

We keep you updated about the most recent publications by members of our team, Ph.D. students, and students of the Department of Photography. For more detailed information on our monographs and catalogs, please look here.

2024
● Elisabeth Neudörfl: Ansichten von K., Berlin 2024.
● Steffen Siegel: Otto Steinerts doppelte Pädagogik. Die Entstehung der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang in Essen. In: Anja Schürmann, Kathrin Yacavone (ed.): Die Fotografie und ihre Institutionen. Von der Lehrsammlung zum Bundesinstitut, Berlin 2024, pp. 38–57.
● Steffen Siegel: Unmittelbar. Immediate. In: Dörte Eißfeldt: Stehen Liegen Hängen, Berlin 2024, no pages.
● Steffen Siegel: Szenen der Fotokritik. In: Fotogeschichte 44 (2024), issue 172, pp. 45–51.
● Jakob Schnetz, Rebecca Racine Ramershoven: Vermessung des Angemessenen? Ein kritischer Experimentbericht zur fotografischen Repräsentation von Hautfarbe. In: Fotogeschichte 44 (2024), issue 172, pp. 30–37.
● Vera Knippschild: Der Mensch als Maß und Ziel. Über Fotografie, Format und Skalierung. In: Fotogeschichte 44 (2024), issue 172, pp. 22–29.
● Vermessene Bilder. Von der Fotogrammetrie zur Bildforensik. Fotogeschichte 44 (2024), issue 172, ed. by Mira Anneli Naß and Steffen Siegel.
● Steffen Siegel: Lucia Moholy’s Modern History of Photography. In: Jordan Troeller (ed.): Lucia Moholy. Exposures, Berlin 2024, pp. 122–135.
● Steffen Siegel: Burkhard Maus: L’artiste Hans-Peter Feldmann fait une manifestation à la foire Art Cologne. In: Photographica No. 8 (April 2024), pp. 0–1. Open Access
●  Jana Müller: Falscher Hase / Mock Rabbit, Berlin 2024.
● Steffen Siegel: Fotografischer Postverkehr. In: Linda Conze (ed.): Size Matters. Größe in der Fotografie, Berlin 2024, p. 67.
● Vera Knippschild: August 6, 2011 A really big thumb tack! We grabbed what we could for size comparison (6016328604).jpg. In: Linda Conze (ed.): Size Matters. Größe in der Fotografie, Berlin 2024, p. 63.

2023
● Steffen Siegel: Lucia Moholys moderne Fotogeschichte. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 50 (2023), pp. 297–319.
● Steffen Siegel: Welche Spuren? Bildforensik der Fotogeschichte. In: Bildwelten des Wissens 19 (2023), pp. 21–33  PDF
● Paul Werling: Does this Person Exist? KI-Generierte Porträts und ihre prekäre Existenz im Digitalen Raum. In: 21. Inquiries into Art, History, and Visual Culture 4 (2023), S. 745–781  PDF
● Steffen Siegel: A Special Kind of Paper: An Emerging Value System for Photography. In: Afterimage 50.4 (2023), pp. 14–18 ☞ PDF
● Christopher Muller: easy tools, Cologne 2023.
● Steffen Siegel: Nicéphore Niépce et l’idée de »réplication photographique«. In: Histoire de l’art No. 92 (December 2023), pp. 63–74.
● Stefanie Regina Dietzel: Art. Ludwig Windstosser. In: Neue Deutsche Biographie, ed. by the Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, vol. 28, 2023, pp. 237–238.
● Steffen Siegel: Erscheinungsweisen. Versuch über Adrian Sauers bildnerisches Werk. Modes of Appearance. An Essay on Adrian Sauer’s Pictorial Work. In: Adrian Sauer: Truth Table, Leipzig 2023, pp. 209–213 ☞ PDF
● Steffen Siegel: Make-up. Manipulation und Postmanipulation in Sebastian Riemers Press Paintings. In: Sebastian Riemer: Press Paintings, Leipzig 2023. Also in: Fabienne Liptay (ed.): Postproduktion: Bildpraktiken zwischen Film und Fotografie, Marburg 2023, pp. 27–42.
● Anna Chiesorin: In die Zukunft schauen. Rendern als Kulturtechnik, Berlin 2023.
● Ramona Schacht. PICTURES AS A PROMISE (p.a.a.p.); Interview with Christiane Eisler, Stefanie Regina Dietzel, and Ramona Schacht. In: Dokumentarfotografie Förderpreise 14, ed. by Wüstenrot Stiftung, Ludwigsburg 2023, pp. 49–60.
● Stefanie Regina Dietzel: Exklusive Einblicke? Das Fotoalbum als Repräsentationsmedium der Industrie der DDR. In: Kuratierte Erinnerungen. Das Fotoalbum, transactions of Kommission Fotografie in der Deutsche Gesellschaft für Empirische Kulturwissenschaft, Münster 2023, pp. 200–208.
● Oliver Heise: symptom. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft No. 29 (2023), pp. 9–18 (three photographs from the series).
● Aslı Özçelik: Sıhhatler olsun, Leipzig 2023.
● Steffen Siegel: Der Gutachter des Fotografen. Über die Entstehungsbedingungen von Dirk Alvermanns Fotobüchern. In: Fotogeschichte 43 (2023), issue 168, pp. 21–30.
● Malte Radtki: Erinnere mich – zu meinen Bedingungen! Nachlassbewusstsein im privaten Fotoalbum. In: Rundbrief Fotografie 30.2 (2023), pp. 22–36.
● Francisco Vogel: Ein Museumsbesuch. Fotografie und Exponat im Austausch. In: KWI-BLOG, March 6, 2023.
● Stefanie R. Dietzel: Produzieren und Repräsentieren. Arbeiter*innen als Sujet und Zielgruppe der Industriefotografie. In: Stefanie Regina Dietzel, Carola Jüllig (ed.): Fortschritt als Versprechen. Industriefotografie im geteilten Deutschland, Berlin 2023, pp. 64–75.
● Steffen Siegel: Der Platz der Arbeit, der Ort der Bilder. In: Stefanie R. Dietzel, Carola Jüllig (ed.): Fortschritt als Versprechen: Industriefotografie im geteilten Deutschland, Berlin 2023, pp. 54–63.
● Stefanie R. Dietzel, Carola Jüllig (ed.): Fortschritt als Versprechen: Industriefotografie im geteilten Deutschland, Berlin 2023.
● Steffen Siegel: Ludwig Belitskis »15 venezianische Glasgefäße«. In: Frauke von der Haar, Lothar Schirmer (ed.): Ulrich Pohlmann. Fotografie sammeln: Dem Leiter der Sammlung Fotografie im Münchner Stadtmuseum – Eine Festschrift, München 2023, pp. 110–111.

2022
● Clara Mühle: Eine Kamera und ein Bier. »Innenansicht« aus dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR. In: Rundbrief Fotografie 29.3–4 (2022), pp. 4–7.
● »Nicht Grenzen setzen, sondern ermöglichen«. Ute Eskildsen im Gespräch mit Steffen Siegel. In: Fotogeschichte 42 (2022), issue 166, pp. 12–22.
● The Work of Critique. Abigail Solomon-Godeau in Conversation with Steffen Siegel. In: Fotogeschichte 42 (2022), issue 166, pp. 5–11.
● Fotogeschichte 42 (2022), issue 166: Schreiben über Fotografie II, ed. Steffen Siegel und Bernd Stiegler.
● Elisabeth Neudörfl: Die Autorin als Produzentin. Eine persönliche Notiz. In: Friederike Wappler, Arno Giesinger: History Matters. Konstellation Benjamin, Leipzig 2022, pp. 118–121.
● Steffen Siegel: Bausteine für eine künstlerische Theorie der Fotografie. Building Blocks for an Artistic Theory of Photography. In: Camera Austria International No. 160 (2022), pp. 9–18.
● Judith Riemer: »Beste«, »mittlere« und »schlechte Fotos«. Kurt Schwitters als fotografierender Typograf. In: Fotogeschichte 42 (2022), issue 165, pp. 16–25.
● Samuel Solazzo: Zweite Sonne. Bilder verstrahlter Gestade. In: Rundbrief Fotografie 29.2 (2022), pp. 4–7.
● Lily von Wild: Die reisende Bergemann vor 1989. In: Thomas Köhler, Katia Reich (ed.): Sibylle Bergemann. Stadt Land Hund. Fotografien 1966–2010, Berlin 2022, pp. 193–203.
● Ardelle SchneiderButterflies and Caterpillars, Dortmund 2022.
● Martina Padberg, Elke Seeger, Steffen Siegel (ed.): On Display. Der Körper der Fotografie, Essen 2022.
● Wolfram HahnBurgbergstraße, Zurich 2022.
● Jakob Schnetz: Kacheln, Mosaike, Raster. Kalkulierte Natürlichkeit in der digitalen Farbfotografie. In: Rundbrief Fotografie 29.1 (2022), pp. 7–20.
● Paul Werling: Das Aussterben anderer betrachten. Zur letzten Sichtung des Kaua’i ‘O-‘o. In: Rundbrief Fotografie 29.1 (2022), pp. 4–6.
● Christina Leber (Hg.): Passagen, Frankfurt am Main 2022.
● Michael Romstöck (Red.): FOTO – TEXT – TEXT – FOTO, Essen 2022.
● Paul Werling: Verpixeltes Korn. In: Photonews 34.5 (2022), p. 31.
● Steffen Siegel: Farbfotografie und farbige Fotografie. In: Fotogeschichte 42 (2022), issue 163, pp. 9–18.
● Matthias Gründig, Elke Seeger (Hg.): A List of Distractions, Essen 2022.
● Sophia Greiff: Zwischen Fakt und Erfahrbarkeit – Erzählen an den kreativen Rändern des Fotojournalismus. In: Elke Grittmann, Felix Koltermann (Hg.): Fotojournalismus im Umbruch. Hybrid, multimedial, prekär, Cologne 2022, pp. 405–431.
● Steffen Siegel: »Alle anderen Bilder sind echt«. Fotografische Aprilscherze in der »Berliner Illustrirten Zeitung«. In: Zeitschrift für Ideengeschichte 16.1 (2022), pp. 83–100 ☞ PDF

2021
● Matthias Gründig: Ten Dollar Faces: On Photographic Portraiture and Paper Money in the 1860s. In: History of Photography 45.1 (2021), pp. 5–19.
● History of Photography 45.1 (2021): Circulating Photographs, ed. Maria Antonella Pelizzari, Steffen Siegel.
● Hannes Wietschel: Der Cotopaxi im fotografischen Nebel: Hans Meyers Blick auf widerständige Fotografien. In: Tatjana Bartsch, Ralf Bockmann, Paul Pasieka, Johannes Röll (ed.): Faktizität und Gebrauch früher Fotografie. Factuality and Utilization of Early Photography, Wiesbaden 2021, pp. 139–149.
● Steffen Siegel: Was sich sehen lässt: Zur vergangenen Zukunft des Fotografischen. In: Tatjana Bartsch, Ralf Bockmann, Paul Pasieka, Johannes Röll (ed.): Faktizität und Gebrauch früher Fotografie. Factuality and Utilization of Early Photography, Wiesbaden 2022, pp. 31–45.
● Steffen Siegel: Ein Bild von einem Bild? Über fotowissenschaftliche Reproduktionsstile. In: Rundbrief Fotografie 28.4 (2021), pp. 7–16  PDF
● Steffen Siegel: Nicéphore Niépce and the Industry of Photographic Replication. In: The Burlington Magazine 163 (2021), No. 1425, pp. 1112–1119  ☞ PDF
● Fotostadt Essen, issue 2 (November 2021), ed Zentrum für Fotografie in Essen.
● Hannes Wietschel: Fotografien in der geographischen Bildkritik / Photos in the Context of Geographical Image Criticism. In: Gisela Parak, Elke Bauer (ed.): Die Empirik des Blicks. Bedeutungszuweisungen wissenschaftlicher Expeditionsfotografie / The Empirical Gaze. Interpretations of Scientific Expedition Photography, Halle an der Saale 2021, pp. 52–73.
● Steffen Siegel: Bilder gebrauchen. Fotografien zwischen Kunst, Theorie und Politik / Using Pictures: Photographs Between Art, Theory and Politics. In: Stefan Gronert (ed.): True Pictures? Zeitgenössische Fotografie aus Kanada und den USA / True Pictures? True Pictures? Contemporary Photography from Canada and the USA, Cologne 2021, pp. 130–136.
● Steffen Siegel: Wo anfangen? Über die vielfältigen Ursprünge der Fotografie / Where to Begin? On the Multiple Origins of Photography. In: Neue Wahrheit? Kleine Wunder! Die frühen Jahre der Fotografie / New Truth? Small Miracles! The Early Years of Photography, Cologne 2021, pp. 18–31.
● Judith Riemer: Möglichkeitsraum Fotoalbum. Gestalterische Strategien von Künstler*innen in den 1920er und 1930er Jahren. In: Fotogeschichte 41 (2021), issue 161, pp. 64–67.
● Steffen Siegel: Die Perücke des Patriarchen. Private und öffentliche Blicke im Fotoalbum. In: Fotogeschichte 41 (2021), issue 161, pp. 25–34.
● Fotostadt Essen, issue 1 (September 2021), ed Zentrum für Fotografie in Essen.
● Matthias Pfaller: Two Photographic Albums at the Getty and Their Relation to the Stock-Photography Market in 1860s Chile. In: Getty Research Journal No. 14 (2021), pp. 81–102.
● Michael Ponstingl: Wien-imaginaire. Straßenfotografie im 19. Jahrhundert. In: Anton Holzer, Frauke Kreutler (ed.): Augenblick! Straßenfotografie in Wien, Heidelberg 2021, pp. 74–79.
● Steffen Siegel: Über Propagandafotografie / Propaganda Photography. In: Kristina Lemke (ed.): Neu sehen. Die Fotografie der 20er und 30er Jahre / New Ways of Seeing. The Photography of the 1920s and 1930s, Bielefeld 2021, pp. 168–187, 238–241.
● Elisabeth NeudörflOut in the Streets, Berlin 2021.
● Maxie Fischer, Erdmut Wizisla: »Wir müssen imaginieren«. Ein Gespräch über Bertolt Brecht, Michael Schmidt und die Arbeit mit Archivmaterialien. In: Fotogeschichte 41 (2021), issue 159, pp. 49–55.
● Steffen Siegel: Was ist kein Fotobuch? In: Fotogeschichte 41 (2021), issue 159, pp. 43–48.
● Elisabeth Neudörfl: Das Foto-Fotobuch. In: Fotogeschichte 41 (2021), issue 159, pp. 29–34.
● Sophia Greiff: Artefakte der Recherche. Text, Dokument und Found Footage als narrative Elemente im Fotobuch. In: Fotogeschichte 41 (2021), issue 159, pp. 21–28.
● Fotogeschichte 41 (2021), issue 159: Weiterblättern! Neue Perspektiven der Fotobuchforschung, ed. Anja Schürmann und Steffen Siegel.
● Matthias Pfaller: In Kontakt mit dem Medium. Die chilenische Krise im Livestream der Galería CIMA. In: Rundbrief Fotografie 28.2 (2021), pp. 7–15.
● Anne Breimaier, Matthias Gründig (ed.): Hollis Frampton: ADSVMVS ABSVMVS, in memory of Hollis William Frampton, Sr., 1913–1980, abest, Essen 2021.
● Steffen Siegel: Wie wird man Fotograf? Timm Rauterts Jahre an der Folkwangschule Essen. In: Timm Rautert und die Leben der Fotografie, Göttingen 2021, pp. 18–24.
● Elisabeth Neudörfl: Photographer's Dilemma: »Good« Photography vs. »Good« Architecture. In: Candide. Journal for Architectural Knowledge No. 12 (2021), pp. 173–190.
● Matthias Gründig: Das Atelier als Goldmühle. Zur Porträt-Photographie des 19. Jahrhunderts als Dispositiv. In: Eckhard Leuschner (ed.): Der Photopionier Carl Albert Dauthendey. Zur Frühzeit der Photographie in Deutschland und Russland, Petersberg 2021, pp. 39–48.
● Steffen Siegel: Der Photograph. Ursprünge eines Berufsbilds um 1840. In: Eckhard Leuschner (ed.): Der Photopionier Carl Albert Dauthendey. Zur Frühzeit der Photographie in Deutschland und Russland, Petersberg 2021, pp. 28–37.

 

Call for Proposals: Centers and PeripheriesCfP Centers and Peripheries

For a third time after 2019 and 2023, Bibliotheca Hertziana, the Max Planck Institute for Art History in Rome, and Folkwang University of the Arts will host a photo-historical seminar for doctoral and post-doctoral scholars. The seminar is generously supported by Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung, Essen. It will take place in Rome from March 17 through 21, 2025.

As in previous years, the seminar will be organized and led by Tatjana Bartsch (Bibliotheca Hertziana), Johannes Röll (Bibliotheca Hertziana), and Steffen Siegel (Folkwang University of the Arts, Essen) – in 2025 together with Luke Gartlan (University of St Andrews). The topic will be Centers and Peripheries: Photography’s Geography Lessons for which this call for proposals was published.

In 1851, the London-based photographer Antoine Claudet staged a captivating group portrait in front of his camera. He may have had a little role play in mind, imagining his son as an instructor teaching geography to his pupils. The globe, visible in this picture, serves as a valuable instrument for such purposes, as do the open travelogues and photographically illustrated atlases. In the middle of the nineteenth century, knowledge about the world could draw on various resources, old and new. Claudet’s “The Geography Lesson” lays open that the medium of photography had already gained pivotal importance in this context.

In 1839, Dominique François Arago had predicted such a function in his address to the Paris Academy of Sciences with remarkable clarity. Indeed, photographic practices have since proved indispensable for the scientific exploration of the globe but also for problematic forms of conquest, subjugation, and domestication. In the age of colonization, geography and photography entertained troubled forms of association. Such processes were driven and supported by a hierarchical logic that distinguished between centers and peripheries, most prominently dividing and apportioning the world in the era of “Western” empires. Yet, in the early twenty-first century, we must address a pressing question: Can we formulate all these observations in the past tense?

By no means has research dealing with the histories of photography avoided such problems. An increasing number of studies on the medium’s history and current moment have been engaging with visual cultures all over the globe, in local, national, and transnational contexts. We can observe promising tendencies that the medium’s historiography continues to open itself to a global scope. Yet, despite all reasonable efforts, we should wonder if such an overdue reconfiguration of our research interests will lead to historiographic models freed of all hierarchies. We still have to confront current research with problems of maintaining, extending, and deepening well-established differences that continue to shape our understanding of the histories of photography.

We should raise questions that address, in a forthright manner, the social fabric of our ongoing work. Thus, if we attend “Photography’s Geography Lessons” today, we should deal with the intellectual and institutional preconditions of how we conceive and justify our research interests. We have to address the relevant institutional frameworks for our work such as archival infrastructures, academic training, and access to publishing opportunities. And we must inquire how we involve research published in languages in distinct contexts and diasporic communities.

This seminar invites us to rethink the evident structures that have divided photography’s territories into centers and peripheries. Such a divide relates to the global state of current research—the people and their institutions—and the materials and questions at play. How can we reshape the landscapes of photography by challenging still accepted canons? How can we broaden, convert, and renew our knowledge by considering what has been overlooked, neglected, and actively sidelined? What are the possible impacts of the so-called peripheries and how are they modifying, diversifying, and challenging understandings of the medium’s manifold histories?

Drawing on these aspects, we invite applications from emerging scholars who will present new scholarship and, in the context of a week-long seminar, discuss a set of questions that relate to local or global histories of photography and that deal with problems of centers and peripheries, contested spaces, and the “imagined geographies” of photography and its cultures. Among the relevant questions that applicants may wish to consider and that will shape the seminar are:

● In what ways have photographs and their classification in archives enabled or prevented certain geographical imaginings of place in relation, for instance, to distance, proximity, locality, or mobility?
● How have photographic formats and forms of photography’s presentation – including, to name but a few, panoramas, postcards, albums, photo books, photo-essays, and exhibitions – responded to and reconfigured understandings of geography, locality, and community, as well as its dispossession, occupation, contestation, division, and actual and potential re-imaginings? 
● How might photo-historical research invite photographic encounters and imaginings of place and geography that center ecocritical, feminist, postcolonial, queer, migrant, and diasporic perceptions, experiences, and histories of location? 
● How do we recognize, define, and interrogate photography’s histories in terms not only of cartography, geography, and surveillance, but also nomadic, non-linear, disruptive or discordant strategies of place and travel? 
● In what ways has photography historically transformed or reformed the emotions of location, in relation to longing, estrangement, identification, absence, presence, nostalgia, or loss?
● In what ways have photo-historians and curators interrogated the historical language of center and periphery in association with photographs? In what ways has photography produced, defined, or critiqued terms such as view, vista, and scene, but also the liminal, the heterotopic, and the non-site. 
● How do we consider photographs and their archives in relation to concepts of center and periphery, the provincial, the rural, the metropolitan, the urban, the transnational, the migratory, and the mobile?
● What critical approaches address the exclusions and absences in the photographing of place and locality due, for example, to cultural, religious, or legal and governmental restrictions? 

We welcome proposals from Ph.D. students in the dissertation phase and recent post-doctoral scholars (maximum of three years since degree) in art history and related disciplines with a strong photo-historical component. The seminar language will be English. All participants will present some aspect of their current research projects, which must relate to the program’s subject matter. Visits to several photographic archives in Rome will be an integral part of the seminar.

The Bibliotheca Hertziana will provide lodging and reimburse the incurred expenses for traveling economy class up to 500 euros. Please upload the following application materials as PDF documents by October 27, 2024 here.

● Title and a 500-word abstract of the proposed topic (all participants will give a 30-minute formal presentation)
● Brief CV (maximum 3 pages)
● Brief summary of your dissertation or postdoctoral project
● Names and contact details of two references (but no letters at this point)

Questions and queries may be sent to: fototeca@biblhertz.it  

The deadline for proposals is October 27, 2024.

The first seminar was followed by the publication of Circulating Photographs, a special issue of History of Photography, vol. 45, issue 1, 2021, co-edited by Antonella Pelizzari and Steffen Siegel.

The second seminar will be followed by the publication of »Archival Absences: An Incomplete History of Photography,« a special issue of Zeitschrift für Kunstgeschichte, vol. 88, issue 4, 2025, co-edited by Elizabeth Otto and Steffen Siegel.

The organizers anticipate selecting a limited number of the 2025 seminar’s final papers for publication in a similar volume.

Finale 2024

Wie in jedem Herbst zeigen auch in diesem Jahr die Absolventinnen und Absolventen des Fachbereichs Gestaltung ihre Abschlussarbeiten: beim Folkwang Finale 2024.

Zu sehen sind die Bachelor- und Masterprojekte aus den Studiengängen Fotografie, Kommunikationsdesign und Industrial Design.

Die Vernissage ist am 26. September 2024, geöffnet ist dann vom 27. September bis zum 6. Oktober 2024, wie immer im SANAA-Gebäude. Der Eintritt ist frei!

What's next?

  •  
  • ⟶ May 15 through September 15, 2024
  • »Leap of faith: Transmediale Fotografie«
  • Annual Exhibition of the North Rhine-Westphalia Academy of Sciences and Arts
  • Curated by Prof. Dr. Steffen Siegel
  •  
  • ⟶ September 27 through October 6, 2024
  • Finale 2024
  • SANAA building
  •  
  • ⟶ January 24, 2025
  • Study Info Day
  • Quartier Nord
  •  
  • ⟶ January 30 through February 16, 2025
  • Stopover 2025 – The exhibition
  • SANAA building
  •  
  • ⟶ February 5, 2025
  • Stopover 2025 – The workshop
  • SANAA building
  •  
  • ⟶ February 6 and 7, 2025
  • Best Practice? Photographic estates
  • 2. symposium of the Essen Center for Photography
  • Held at Museum Folkwang and Ruhr Museum
  •  

Rundgang 2024

Save the date!

Vom 18. bis zum 21. Juli 2024 begrüßen die Studierenden des Fachbereichs Gestaltung alle Interessierten zum Rundgang 2024 im Quartier Nord der Folkwang Universität der Künste.

Die Öffnungszeiten: Donnerstag 19–22 Uhr, Freitag 12–22 Uhr, Samstag 12–20 Uhr, Sonntag 12–19 Uhr.

Das ausführliche Programm findet sich hier.

Galerie 52 im Sommersemester 2024

Poster design: Thomas Kühnen

Das Programm unserer Galerie 52 im Sommersemester 2024

18. bis 27. April 2024
Juri Löchte
»fluid resonance«

2. bis 14. Mai 2024
Jana Stormanns, Lennart Pimpl
»202452-JSxLP«

23. Mai bis 1. Juni 2024
Eleonora Arnold, Linda Hu Hafeneger
»Ready when you are«

27. Juni bis 6. Juli 2024
Anna Kebe
»es gibt keine sackgassen«

Ab 10. Juli 2024
Bachelor-Studierende des 2. Semesters
»Wohin die Reise führt«

 

Folkwang Photo Talk mit Sabine Kriebel

We are looking forward to welcome Dr. Sabine Kriebel from University College Cork for our next Folkwang Photo Talk. Dr. Kriebel will speak about her current project, a reassessment of the Neue Sachlichkeit/New Objectivity aesthetics and on Aenne Biermann’s stance to photography in particular. The title of her talk is brief and sachlich:

Aenne Biermann’s Sachlichkeit

Eggs. Hands. Cacti. Cucumber. Agate. Aenne Biermann’s photography is associated with objects--objects isolated and framed by the camera lens, offset from the surrounding world, and given significance by virtue of the photographic frame. Characterized by critics as a classic exemplar of the Neue Sachlichkeit, or Neues Sehen (the terms are often curiously intertwined), these photographs seem to represent a return to the things themselves, in all of their concrete, phenomenal presence. In the 1920s, in the wake of significant social and economic destabilization, the return to the incontrovertible thing was a bid for stability, clarity, and ontological knowing. This is.

But why these objects, and not others? As writers ranging from Edmund Husserl, Sigmund Freud, Sara Ahmed, and Kaja Silverman have observed, choosing to orient ourselves around this object and not that one involves a set of signifying alignments or kinships. Kinships indicate attachment, not detachment, and here the appellation »Sachlichkeit« begins to unravel. This paper will meddle with Biermann’s photographic »objectivity« in order to unpack the human-object relationships she instantiates in her photographs.
 
The talk will take place on July 10, 2024 at 6pm at Folkwang University’s Quartier Nord (room 2.13) and also online. Please email us for the Zoom link!

 

»Vermessene Bilder« ist erschienen

Soeben ist die 172. Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift Fotogeschichte. Beiträge zu Geschichte und Ästhetik der Fotografie erschienen. Es widmet sich dem Thema »Vermessene Bilder. Von der Fotogrammetrie zur Bildforensik« und wurde von Mira Anneli Naß und Steffen Siegel herausgegeben.

Im Mittelpunkt der Beiträge stehen Praktiken der Vermessung: Sie sind mit zentralen Problemen der Fotogeschichte verbunden. Hierzu gehören nicht allein das Erfassen, Ordnen und Archivieren von Fotografien, sondern auch bildbasierte Strategien von Normierung, Kontrolle, Vermarktung und Machtausübung. Die Beiträge dieses Themenheftes interessieren sich für das Wechselverhältnis von Maß nehmen und Maß geben. In den Blick gelangen dabei wissenschaftliche und künstlerische Praktiken, nicht zuletzt aber auch solche der Amateurkultur.

Alle Beiträge teilen dieselbe Prämisse. Mit vermessenden Formen der Bildprüfung gehen immer auch theoretische Vorannahmen einher: über die Zeigekraft von Fotografien, ihre technologischen und diskursiven Grundlagen, ihre vielfältigen Kontexte und Gebrauchsweisen. Um diesen Zusammenhang besser zu verstehen, spannt das Themenheft einen historisch wie diskursiv weiten Bogen: von der Fotogrammetrie zur Bildforensik.

Autorinnen und Autoren des Heftes sind Dominik Schrey, Mira Anneli Naß (Alumna des M.A. Photography Studies and Research), Vera Knippschild, Jakob Schnetz & Rebecca Racine Ramershoven (Studentin im M.A. Photography Studies and Practice), Roland Meyer und Steffen Siegel.

Ausführlichere Informationen gibt es hier.

 

Folkwang Photo Talk with Susan Laxton

Our Folkwang Photo Talk series will continue with Professor Susan Laxton from the University of California at Riverside. Susan will present on June 13, 2024 at 6pm at Folkwang University’s Quartier Nord. All photo friends are cordially invited! Susan’s talk will deal with

Photomontage 1931: The Proving Ground of Surrealist Communism

It has long been thought that there was little pictorial evidence of surrealism’s political positions, even from the period defined by the group’s testy relations with the communist party. But recently, evidence to the contrary has surfaced in the form of 35 collaborative photomontages made in 1931 by André Breton, Paul Eluard, and Suzanne Muzard. The images, constructed from fragments culled from the illustrated press in the shadow of the 1931 International Colonial Exposition in Paris, manipulate anti-imperialist themes aligned with communist ideology, but are structured to satisfy the surrealists’ commitment to ambiguity and interpretation, even during this period of intense political consolidation. As a proving ground for developing a sustainable surrealist communism, the images ultimately failed, but as pictorial evidence of surrealism's attempt to redirect communist cultural priorities, they testify to the power of photomontage in defining art’s social function outside of easy reductions to slogans and signposts.

Apply now!

Are you fascinated by a visual medium that shapes our everyday lives like no other? We share this passion and look forward to receiving your application!

Applications are possible once a year for our three programs Photography (Bachelor of Arts), Photography Studies and Practice (Master of Arts), and Photography Studies and Research (Master of Arts). The process of application (mid-March for BA Photography and MA Photography Studies and Practice; end of May for Photography Studies and Research) and admission takes place during springtime. The academic year takes off in October with the beginning of the winter term.

Before applying, we recommend that you contact the members of our team for further advice on our programs and your application. We will gladly answer your questions! Visit us on our campus at Zeche Zollverein in our university building, the Quartier Nord!

Especially worthwhile is a visit during the annual study info day (mid-January), when we show our annual exhibits »Stopover« at SANAA building and »Photography Masters« at Museum Folkwang (boith starting end of January), during our open studios week (mid-July) and during the annual graduate exhibition »Finale« (end of September).

In summary form, you will find all further information about application requirements and our teaching schemes here.

Photography Studies 2024 – jetzt bewerben!

Stets zum Beginn eines Jahres schreiben wir an der Folkwang Universität der Künste die Studienplätze für unsere beiden Masterprogramme zur Fotografie aus. Wir freuen uns auf eure Bewerbungen!

Unser M.A. Photography Studies and Practice bietet eine intensive Auseinandersetzung mit der Fotografie als einer künstlerischen Praxis. Unser M.A. Photography Studies and Research widmet sich einer wissenschaftlichen Vertiefung in Theorie und Geschichte der Fotografie. Zusammen bilden beide Programme ein Tandem, begleitet um kuratorische und restauratische Fragen zur Fotografie. Nicht zuletzt spielt dabei unsere seit vielen Jahren gepflegte enge Kooperation mit dem Museum Folkwang eine wichtige Rolle.

Bitte nutzt für eure Bewerbungen das zentrale Portal der Folkwang Universität der Künste.

Stichtag für die Bewerbungen ist wie in jedem Jahr der 15. März (Practice) sowie der 31. Mai (Research). Der Beginn der Vorlesungszeit ist im kommenden Wintersemester der 4. Oktober.

Felicitas Hoppe zu Gast an der Folkwang Universität der Künste

Wir freuen uns sehr auf den 22. Mai 2024, wenn die Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe bei uns an der Folkwang Universität der Künste zu Gast sein wird: ab 18.30 Uhr im Raum 1.52 im Quartier Nord!

Auf Einladung von Prof. Jana Müller wird die Schriftstellerin über ihre Bücher »Prawda. Eine amerikanische Reise« und »The Making of Prawda« sprechen  und aus ihnen lesen. Zurück gehen diese Bücher auf eine Reise, die Felicitas Hoppe und Jana Müller im Jahr 2015 gemeinsam in den USA unternommen haben. Ausgelotet werden hier Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Umsetzung von Reiseerfahrungen.

Vorbild für diese Reise war eine andere, die bereits zur Mitte der dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts stattfand. Das berühmte sowjetische Schriftstellerduo, Ilja Ilf und Jewgeni Petrow, reiste im Auftrag der Tageszeitung PRAWDA (»Die Wahrheit«) durch die Vereinigten Staaten von Amerika: In einem mausgrauen Ford durchqueren die beiden, auf der Suche nach dem vermeintlichen Klassenfeind, das viel beschworenen Traumland zwischen den Ozeanen und kommen nach 10 000 Meilen von Ost nach West und wieder zurück in ihrem faszinierenden Reiseroman (Das eingeschossige Amerika) zu dem bündigen Fazit: »Wenn Amerika sowjetisch wäre, wäre es das Paradies.«

Achtzig Jahre später machen sich Die furchtlosen Vier – die Schriftstellerin Felicitas Hoppe, die bildenden Künstler*innen Jana Müller und Alexej Meschtschanow und die Wahlamerikanerin und Kulturwissenschaftlerin Ulrike Rainer – auf eine Spurensuche, die exakt der Route des Duos folgt und dokumentieren ihre Nachreise simultan in Bildern, Texten und Tönen unter www.3668ilfpetrow.com.

Hoppes Buch »The Making of Prawda« ist ein konzeptionelles Druckwerk, das an die Herangehensweisen Aby Warburgs erinnert: Der Reisebericht verbindet Fotografien, Zitate, historische Dokumente, Fundstücke, Gästelisten und Registereinträge zu einer so lebendigen wie schillernden Kartografie. Ob der in Las Vegas fotografierte Trump Tower, die deprimierenden Teppichornamente in trüben Motels oder die karge Landschaft an der Grenze zu Mexiko: Im Abgleich mit den Reiseerfahrungen von Ilf und Petrow verweisen die subjektiven Aufnahmen und Texte in »The Making of Prawda« auf die gesellschaftliche Aktualität und zeigen zugleich, wie sich Geschichten und Mythen in Metamorphosen fortschreiben und dabei im Zwielicht zwischen Lüge und Wahrheit neu an  Bedeutung gewinnen.

Das Werk von Felicitas Hoppe umfasst Erzählungen, Romane und Kinderbücher sowie Essays und Berichte. Hoppe ist weltweit reisend, schreibend und lehrend unterwegs und thematisiert dies in vielen ihrer Werke, wie etwa in »Pigafetta« (1999) und »Prawda. Eine amerikanische Reise« (2018). Ihr Werk wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Georg-Büchner-Preis. Im Frühjahr 2024 wurde Felicitas Hoppe mit dem Berliner Literaturpreis der Stiftung Preußische Seehandlung gewürdigt. Verbunden mit dem Preis ist die Gastprofessur für deutschsprachige Poetik der Stiftung Preußische Seehandlung an der Freien Universität Berlin, die Felicitas Hoppe im Sommersemester 2024 innehat.

 

Leap of faith: Transmediale Fotografie

»Leap of faith« refers to a risky jump that leaves doubts about a successful landing. Can contemporary photography take such a leap towards new images and a new orientation in the world? In the age of artificial intelligence, further questions arise: Have photographic images become a mere matter of faith? Or is there still reason to trust them?

Contemporary visual art can provide answers, and it does so with a surprising variety of photographic forms: as tableau, in sculptures and installations, or as video. In its annual exhibition, the North Rhine-Westphalia Academy of Sciences and Arts focuses on artistic positions that transcend the boundaries of the medium and reflect on the future of photography.

Steffen Siegel, professor for the theory and history of photography at Folkwang University of the Arts and the exhibition’s curator, selected artists who work in North Rhine-Westphalia. The show will feature works by Ale Bachlechner, Johannes Bendzulla, Enya Burger, Tony Cragg, Max Dauven, Mara Fischer, Philipp Goldbach, Alex Grein, Mischa Kuball, Alwin Lay, Katharina Ley, Joanna Nencek, Johannes Raimann, Rebecca Ramershoven & Jakob Schnetz, Sebastian Riemer, Simon Ringelhan, Thomas Ruff, Adrian Sauer, Berit Schneidereit, Sophie Thun, and Christopher Williams.

The public opening  will be on May 15, 2024 at 6 pm at the North Rhine-Westphalia Academy of Sciences and Arts. It will be on display until September 15, 2024.

​​​​​​​Key Visual: Enya Burger, The world as a phantom.

 

 

Folkwang Photo Talk with Siobhan Angus

Please join us on April 25, 2024 when we will welcome Siobhan Angus from Carlton University in Ottawa at Folkwang University of the Arts – online! – for our next Folkwang Photo Talk. Siobhan Angus will discuss »Tarnished Visions: The Platinum Print Between Pictorialism and Atmospheric Pollution«. Her talk will be held at 7 pm (19:00) CEST, which is, for instance, 1 pm EST. Please email us for the Zoom link.

This talk turns to platinum and the theme of atmosphere. Inspired by platinum prints’ formal and material links to atmosphere, this talk undertakes an atmospheric reading of photographs. The pictorialists championed the atmospheric aesthetics of platinum prints, but platinum and atmosphere also have a material dimension: platinum became an important substitute for silver-based processes, in part due to silver’s vulnerability to atmospheric pollution caused by the burning of fossil fuels.

Beginning in Victorian England before moving to Apartheid South Africa, I follow platinum’s supply chains to show how thinking through atmosphere establishes stakes that are both aesthetic and material. Ultimately, the metal’s promise of stable boundaries is undermined by the dust and particles that atmosphere carries between bodies and landscapes.
 

Das Archiv Michael Schmidt kommt nach Essen

Einblick in die Berliner Räume des Archivs Michael Schmidt (mit der Fotobibliothek von Prof. Thomas Weski).

Das Archiv des Fotografen Michael Schmidt (1945–2014) wird im Herbst dieses Jahres ins Museum Folkwang umziehen. Damit wird der Nachlass eines der bedeutendsten deutschen Fotografen künftig Teil der Fotografischen Sammlung des Essener Museums sein und dort die reichen Bestände erweitern und ergänzen. Der Nachlass umfasst umfasst neben den Vintages auch sämtliche Negative, über 20.000 Kontakt-, Arbeits- und Testabzüge, Entwürfe für die einzelnen Werkgruppen, insbesondere auch Dummies für die Buchprojekte, Korrespondenz, persönliche Unterlagen und den Aktenbestand des Studios sowie Michael Schmidts private Bibliothek.

Möglich wird dieser Umzug durch eine zwischen der Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit Archiv Michael Schmidt und der Stadt Essen unterzeichnete Vereinbarung. Die Stiftung wurde 1999 gegründet und hat ihren Sitz in Hannover. Ihre Stifter waren Michael Schmidt, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband e.V. und die Norddeutsche Landesbank Girozentrale. Weitere Mitglieder der Sparkassen-Finanzgruppe zählen zu ihren Unterstützern.

Außerdem haben die Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit Archiv Michael Schmidt und die Folkwang Universität der Künste vereinbart, dass die auf Fotografie spezialisierten Bibliotheken von Dr. Rolf Gerlach und Prof. Thomas Weski ebenfalls nach Essen kommen werden. Zusammen umfassen diese beide Bibliotheken etwa 3.500 Bücher und Zeitschriften. Sie werden öffentlich zugänglich sein und an der Folkwang Universität der Künste für Forschung und Lehre zur Verfügung stehen. Mit ihren Schwerpunkten zur künstlerischen Fotografie erweitern sie auf ideale Weise die umfassenden Bibliotheksbestände der Folkwang Universität. Auf Zollverein wächst so ein herausragend ausgestattetes Studienzentrum zur Ästhetik, Geschichte und Theorie der Fotografie.

Mit dem Umzug des Archivs Michael Schmidt kehrt einer der wichtigsten deutschen Fotografen der zurückliegenden Jahrzehnte nach Essen zurück — in eine Stadt, die vielfach mit seiner Arbeit verbunden ist. In den Jahren um 1980 war Michael Schmidt als Lehrbeauftragter für Fotografie in Essen tätig und zog mit seiner persönlichen Auffassung von der fotografischen Praxis ästhetische Linien aus, die noch weit über die Zeit seiner Lehrtätigkeit große Wirkung entfalteten.

Bereits 1981 stellte Ute Eskildsen – zwischen 1979 und 2012 Leiterin der Fotografischen Sammlung – Michael Schmidt am Museum Folkwang aus. 1984 erhielt er das Stipendium für Zeitgenössische Deutsche Fotografie der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. In den folgenden Jahrzehnten wurde sein Werk am Museum Folkwang in zahlreichen Ausstellungen präsentiert, zuletzt 2016 mit »Das rebellische Bild«, die seine Tätigkeit als in Essen tätiger Hochschullehrer würdigte.

Das Zentrum für Fotografie Essen wird künftig aktiv daran mitwirken, das reiche und unverändert aktuelle Werk von Michael Schmidt weiter zu erschließen und zu erforschen, öffentlich zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen. Neben Ausstellungen und Symposien wird dabei ein besonderer Schwerpunkt auf der universitären Lehre liegen. An der Folkwang Universität sind bereits jetzt Seminare für die Studierenden der fotografischen Praxis sowie von Theorie und Geschichte der Fotografie in Vorbereitung.

Kontakt zum Zentrum für Fotografie Essen
Download der Presseerklärung



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Zentrum für Fotografie Essen

Das Zentrum für Fotografie Essen ist ein Zusammenschluss von vier Partnerinstitutionen: der Folkwang Universität der Künste, dem Historischen Archiv Krupp, dem Museum Folkwang und dem Ruhr Museum.

Bereits seit Jahren arbeiten diese vier Institutionen eng zusammen. Gemeinsam spannen sie ein Netzwerk für die Fotografie. Hieraus entstanden und entstehen unter anderem Ausstellungen, Tagungen und Lehrveranstaltungen. Ebenso wichtig sind aber auch Kooperationen, die nicht unmittelbar öffentlich sichtbar werden, zum Beispiel bei Fragen der Restaurierung und Konservierung von Fotografien.

Zwei umfangreiche Magazine, herausgegeben vom Zentrum für Fotografie Essen, stellen die Fotostadt Essen vor. Dieses erste und zweite Heft lassen sich weiterhin auf der Website des Zentrums einsehen und herunterladen. Das Internationale Symposium Von unikal bis umlimitiert. Werte des Fotografischen bildete im Dezember 2021 den Auftakt für eine neue Veranstaltungsreihe. Künftig wird das Zentrum für Fotografie Essen stets im Februar eine öffentliche Tagung zur Fotografie ausrichten, beginnend 2025 mit einem Symposium über Best Practice bei der Bearbeitung fotografischer Vor- und Nachlässe.

Zentrale Aufgabe des Zentrums für Fotografie Essen ist die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den vier Partnerinstitutionen im wissenschaftlichen, kuratorischen, pädagogischen, archivarischen und restauratorischen Bereich. Das Zentrum vertritt eine weite Auffassung von der Fotografie. Ob in künstlerischen oder angewandten, spezialisierten oder alltäglichen Kontexten entstanden, stets handelt es sich bei Fotografien um schützenswertes Kulturgut.

In seiner Arbeit wird das Zentrum einen besonderen Fokus auf jene Fotografie legen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit Essen und der Region steht. Zugleich wird das Zentrum mit nationalen und internationalen Foto-Institutionen enge Kooperationen unterhalten und für die Förderung des Mediums insgesamt eintreten.

Die Aktivitäten des Zentrums für Fotografie Essen werden zukünftig von einem eingetragenen gemeinnützigen Verein mit Sitz auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein koordiniert. Die Gründung erfolgte am 31. Januar 2024 im Museum Folkwang. Getragen wird er von Vertreterinnen und Vertretern aus allen vier Essener Institutionen. Mitglieder des Vorstandes sind Prof. Dr. Steffen Siegel (Vorsitzender, Folkwang Universität der Künste), Manuela Fellner-Feldhaus (Historisches Archiv Krupp), Stefanie Grebe (Ruhr Museum) und Thomas Seelig (Museum Folkwang).

​​​​​​​Download der Presseerklärung

 

Folkwang Photo Talks im Sommersemester 2024

Die Folkwang Photo Talks werden im Sommersemester 2024 mit drei neuen Vorträgen fortgesetzt. Wir freuen uns auf diese Gäste:

Am 25. April 2024 wird Siobhan Angus von der Carlton University in Ottawa (Kanada) sprechen. Dieser Vortrag wird online stattfinden. Ihr folgt am 13. Juni 2024 im Quartier Nord Susan Laxton von der University of California at Riverside (USA). Am 10. Juli 2024, zur Eröffnung des 18. Forschungskolloquiums für Theorie und Geschichte der Fotografie, wird schließlich Sabine Kriebel vom University College Cork (Irland) in Essen sein. Ihr Vortrag wird auch online übertragen werden.

Alle Vortragsthemen und -termine werden in den kommenden Monaten noch gesondert angekündigt. Sie richten sich an alle Interessierten innerhalb wie außerhalb der Hochschule. Der Eintritt ist wie immer frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Nachfragen beantworten wir gerne per eMail.

Stopover 2024 – Die Ausstellung

Bei der jährlichen »Stopover« Ausstellung geben die Studierenden des dritten Semesters im Master-Studiengang Photography Studies and Practice Einblicke in ihr künstlerisches Schaffen. Die unterschiedlichen Positionen eint ihr individueller Zugriff auf die Wirklichkeit: Sie fächern ein breites Spektrum an Interessen im Umgang mit der Fotografie auf. Von Auseinandersetzungen mit der Wirklichkeit im Sinne einer künstlerisch-dokumentarischen Fotografie bis zu Interessen am Material selbst wird Fotografie auf seine Möglichkeiten und Erscheinungsformen hin befragt und reflektiert.

Erstmals bietet die eindrucksvolle 1. Etage des SANAA-Gebäude auf dem Weltkulturerbe Zollverein den Schauplatz für die Ausstellung. Sowohl die einzigartige Architektur des SANAA-Gebäudes als auch das Konzept von Stopover ermutigen die Studierenden dazu, ihre noch im Prozess befindlichen Arbeiten nicht zuletzt in ihren Präsentationsformen experimentierfreudig zu erproben. Gezeigt werden Arbeiten von Murat Akbayrak, Ilkin Guliyev, Jan Oliver Heise, Chennan Jin, Patrick Lohse, Nina Mokhtarbaf, Joanna Nencek, Tobias Nielsen, Franca-Maisha Oettli, Sora Park, Laura Pecoroni und Manuel Rieder.

Begleitend zur Ausstellung ist ein gedruckter Katalog erschienen, der auf 16 Seiten alle Werke vorstellt und der sich hier als PDF herunterladen lässt. Gestaltet wurde er von Laura Pecoroni.


 

Criticism

Hosen haben Röcke an

Besprochen von Steffen Siegel

Das letzte Bild im Buch ist das charmanteste: die Künstlerinnengruppe Erfurt als Diagramm, alle porträtieren alle, ein Tableau aus 64 Beziehungen. Entscheidender aber ist das gemeinsame Ganze. Wer Gabriele Stötzer autobiografisches Buch »Der lange Arm der Stasi« – vor einem Jahr erschienen bei Spector Books – gelesen hat, kennt die Umrisse. Denn eigentlich ist Stötzers Buch das Porträt einer weit verzweigten Gruppe oppositioneller Erfurter Künstlerinnen und Künstlern.

»Hosen haben Röcke an«, dieses Jahr beim Hatje Cantz Verlag erschienen, ist beides zugleich: eine Engführung und eine Erweiterung. Einerseits konzentriert sich der Katalog auf jene Gruppe von etwa 15 Künstlerinnen, die zwischen 1984 und 1994 unter wechselndem Namen auftraten. Andererseits reicht das Interesse hier, analog zur Entwicklung der Gruppe, über die Epochenwende von 1989/1990 hinaus. Es waren Auftritte im engen Sinn des Wortes: Performances, Filme, Fotosessions, Modenschauen, Happenings, am 4. Dezember 1989 dann die Besetzung der Erfurter Staatssicherheit – überhaupt die erste in der DDR und eine der wichtigsten wie folgenreichsten Performances jener Zeit. Das Buch ist der nachgereichte Katalog zu einer Ausstellung, die bereits vor eineinhalb Jahren in der nGBK Berlin zu sehen war, und es ist absolut lesenswert.

Gebaut haben die fünf Autorinnen – Susanne Altmann, Katalin Krasznahorkai, Christin Müller, Franziska Schmidt und Sonia Voss – das Buch um fünf Filme der Künstlerinnengruppe, von denen aus die Geschichten von Widerstand, Subversion, Appropriation und Parodie erzählt werden. Das geht, was die Filme selbst angeht, im Buch natürlich nur bedingt gut auf, das mehr als reiche und wohl fast immer zum ersten Mal publizierte Archivmaterial macht das indes wett.

Das von Klimaite Klimaite Berlin wunderbar gestaltete Buch schließt dieses Archiv schlaglichtartig kommentierend auf. Alle Texte finden sich im Buch durchgehend zweisprachig auf Deutsch und Englisch. Wer es noch genauer wissen will, findet in einer von Christin Müller erstellten Chronologie und einer umfassenden Bibliografie weitere Informationen. Man kann aber auch einfach nach Thüringen fahren und dort im Kunsthaus Erfurt vorbeischauen. Gegründet wurde es 1990 in der Michaelisstraße 34, wo es sich nach wie vor befindet und für die lokale wie überregionale Kunst- und Kulturarbeit ein wichtiges Zentrum ist. Aus einer Initiative der Künstlerinnengruppe hervorgegangen, wird es unverändert von Monique Förster, einem ihrer Mitglieder, geleitet.  

Susanne Altmann, Kata Krasznahorkai, Christin Müller, Franziska Schmidt, Sonia Voss: Hosen haben Röcke an. Künstlerinnengruppe Erfurt, 1984–1994 / Pants Wear Skirts. The Erfurt Women Artists’ Group, 1984–1994, Berlin (Hatje Cantz) 2023. Broschur, 256 Seiten, 200 Abbildungen, 26,5 × 19,5 cm. ISBN: 978-3-7757-5258-9.

 

Fototechnik-a

Besprochen von Steffen Siegel

Es gehört zu den prägenden Ideen des Diskurses zur Fotografie, dass er das Medium und den menschlichen Körper zusammendenkt. Eigentlich von Anfang an, denn immerhin hatte schon im Januar 1839 der Chemiker Biot die fotografische Platte mit einer künstlichen Netzhaut verglichen. Sehr viel später würde dafür in Toronto das schöne Wort von den »extensions of man« geprägt werden. Die englische Sprache hat allerdings auch die Eigenart, mit einer solchen Formulierung wichtige Differenzen zudecken zu können. Marshall McLuhan dachte vermutlich, als er so formulierte, an medial ermöglichte Erweiterungen des Menschen, nicht aber des Mannes. Ein gerade eben im Fotohof Salzburg erschienener Band fragt nun aber zurück: War vielleicht doch nur der Mann gemeint? Hat Fotografie (abgesehen vom grammatikalischen Femininum) traditionell ein Geschlecht? Anders formuliert: »Wie weiblich ist die Fototechnik?«

Der typografisch anspruchsvolle Titel des Buches ist programmatisch gewählt und lässt sich hier nur indirekt zitieren: »Fototechnik-a«, mit hochgestelltem a. Was die Herausgeberinnen und Autorinnen Caroline Heider, Ruth Horak, Lisa Rast und Claudia Rohrauer auf 110 großformatigen Seiten zusammentragen, ist keine systematische Untersuchung dieses sehr weiten Feldes, sondern ein Versuch, Schlaglichter zu setzen. Nur ein Beispiel: Seit 1839 und noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein sind Hand- und Anleitungsbücher zur fotografischen Technik und ihrer Anwendung wie Sand am Meer erschienen. Es gibt wirklich zu denken, worauf Caroline Heider aufmerksam macht: Fast stets wurden diese Bücher von einem Mann geschrieben. Dass damit ein handfester Sexismus einhergeht, zeigt die Künstlerin anhand von Illustrationen aus solchen Büchern und nicht zuletzt der noch immer überreich verlegten Foto-Magazine.

Von besonderem Wert ist in diesem Band das Zusammenspiel der verschiedenen Wissensformen: wissenschaftliche Aufsätze (ausführlich von Ulrike Matzer und Katharina Steidl) stehen neben künstlerischen Reflexionen (neben Caroline Heider sind das Lisa Rastl und Claudia Rohrauer). Zusammengehalten wird das alles auf charmante Weise durch die Stimme von Ruth Horak, die die Beiträge erläuternd anmoderiert.

Caroline Heider, Ruth Horak, Lisa Rastl, Claudia Rohrauer: FOTOTECHNIK-A, Salzburg (Fotohof) 2023. 110 Seiten, broschiert, zahlreiche Farbabbildungen, 30,5 × 22 cm, ISBN: 978-3-903334-55-7.

Roland Meyer: Gesichtserkennung

Besprochen von Paul Werling

Seit Jahren tobt ein Kampf um Daten und Bilder, die Nutzer:innen den Providern der Social-Media-Plattformen anvertrauen. Obgleich diese Vertrauensbeziehung lange schon erschüttert ist – zahlreiche Skandale um unsere Datensicherheit belegen dies –, hat sich eine Kultur etabliert, die die Datensätze stetig wachsen lässt. Eine neue Eskalation des Datenmissbrauchs wurde im Frühjahr 2020 öffentlich, als die »New York Times« über das US-amerikanische Unternehmen »Clearview AI« umfassend berichtete. Das Unternehmen hatte eine drei Milliarden Bilder umfassende Datenbank erstellt, die sich aus Bildern der gängigen Social-Media-Plattformen speist – ungefragt wohlgemerkt. Jedoch ist nicht die Datenbank an sich das Produkt der Firma, sondern eine an der Datenbank trainierte Software zur Gesichtserkennung. Zahlreiche Unternehmen und Sicherheitsbehörden nutzten die Software zur Identifizierung von Verdächtigen, wenn auch nicht immer treffsicher. Dieser immense Eingriff in die Privatsphären der Nutzer:innen wurde nicht zu unrecht als Ende der Privatsphäre betitelt.

Mit diesem Skandal findet Roland Meyer den Ausgangspunkt für seinen Essay »Gesichtserkennung«, der jüngst in der Buchreihe »Digitale Bildkulturen« erschienen ist. Meyer setzt sich darin zeitaktuell mit den Entwicklungen im Bereich Gesichtserkennung auseinander. Konsequent legt er dabei offen, wie das Versprechen von objektiv operierenden Identifizierungs-Werkzeugen scheitert und sich ein gesellschaftlicher Bias in diesen Technologien offenbart und reproduziert. In seiner 2019 erschienenen Monografie »Operative Portäts. Eine Bildgeschichte der Identifizierbarkeit von Lavatar bis Facebook« untersuchte Meyer die historischen Versuche, Fotografie zur Identifikation nutzbar zu machen und endet zeitlich, wie der Titel schon anspricht, mit der Gesichtsdatenbank Facebook. Die neue Veröffentlichung »Gesichtserkennung« setzt nahtlos daran an und dokumentiert, welche Entwicklungen die digitalen Bildersammlungen ermöglicht haben.

Um eine technische Identifizierbarkeit möglich zu machen, müssen künstliche neuronale Netzwerke mit großen Bilddatenbanken trainiert werden. Unfreiwillig wurden diese von den Milliarden Nutzer:innen im Internet zur Verfügung gestellt. Falsch wäre es jedoch anzunehmen, dass diese globale Datenbank eine von Ethnie und Geschlecht unabhängige Identifizierbarkeit gewährleistet. Anhand mehrerer Beispiele zeigt Meyer auf, dass sich gesellschaftliche Diskriminierungsstrukturen in den Technologien reproduzieren. Dies schlägt sich in realen Konsequenzen für marginalisierte Gruppen nieder. Auch hat die technische Entwicklung zu einem erneuten Erstarken physiognomischer Ideen geführt. Verschiedene Forscher:innen versuchten anhand von Bilddatensätzen und Deep Learning menschliche Wesenseigenschaften aus fotografierten Gesichtern abzuleiten. Die dabei erkannten Muster interpretierten die Forscher:innen als Beleg ihrer Theorien. Alle diese Ansätze zeigten sich bei der Prüfung durch unabhängige Forscher:innen jedoch – wenig überraschend – als nicht haltbar: Die Algorithmen hatten lediglich Muster in der Labelung der Datensätze und verborgene kulturelle Handlungsmuster und Schönheitsideale aufgedeckt.

Mit der Corona-Pandemie beschreibt der Autor eine zunehmende Nutzung von Gesichtserkennungs-Software. Ein Ende der Privatheit, insbesondere auf politischen Demonstrationen, birgt ein immenses Risiko für oppositionelle Bewegungen. Roland Meyer schließt sein Essay mit verschiedenen Gegenstrategien, die entscheidendste muss aber die nach mehr Transparenz sein. Ist man an einer bildwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema der technischen Gesichtserkennung interessiert, ist das schmale Buch von Roland Meyer ohne Einschränkung zu empfehlen. Es ist die erste konzentrierte Aufarbeitung des Themas aus bildwissenschaftlicher Perspektive. Mit seinen 70 Seiten ist es dabei gleichermaßen inhaltsreich wie kurzweilig. Es ist unbedingt eine Lektüre wert, denn, wie Meyer selbst betont, die »Zukunft der Gesichtserkennung ist mithin nicht allein eine technische, sondern vor allem eine politische Frage.«

Roland Meyer: Gesichtserkennung, Berlin (Verlag Klaus Wagenbach) 2021, Reihe »Digitale Bildkulturen«. 80 Seiten, broschiert, zahlreiche s/w-Abbildungen, 11 × 15 cm, ISBN 978-3-8031-3705-0.

Paul Werling studiert seit 2019 an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Christophe Boltanski: Das Versteck

Am 14. Juli 2021 ist in Paris der französische Künstler Christian Boltanski im Alter von 76 Jahren gestorben. Mit seinem Werk hat er auf sehr eigene Weise nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit der Fotografie geprägt: indem er ihre Möglichkeiten und Grenzen auslotete und ihre An- wie Abwesenheit thematisierte. Bereits vor einigen Jahren erschien zuerst 2015 auf Französisch und schließlich 2017 in deutscher Übersetzung bei Hanser ein Buch von Boltanskis Neffen Christophe. Es handelt sich um eine autobiografische Erkundung der Familie, und natürlich spielt auch der Onkel, der gerade dabei ist, berühmt zu werden, eine wichtige Rolle. In unserer Facebook-Gruppe »Photography Studies Radar« hat Steffen Siegel diesem Buch im September 2017 eine kurze Besprechung gewidmet. Anlässlich des Todes von Christian Boltanski soll sie hier noch einmal aufgegriffen werden. Die Empfehlung ist unverändert aktuell: Die Lektüre lohnt sich sehr!

Christophe Boltanski macht sich in Frankreich seit vielen Jahren vor allem als Kriegsreporter einen Namen. Auch sein bislang meistgelesener Text, das Buch »La cache«, war in gewissem Sinn eine Reportage. Vor zwei Jahren auf Französisch erschienen, ist es nun auch in deutscher Übersetzung erhältlich. Zimmer für Zimmer tastet sich Boltanski durch seine persönlichen Erinnerungen an jenes Haus im vornehmen 7. Pariser Arrondissement, in dem seine Großeltern für ein halbes Jahrhundert lebten. Doch gerade das, was spätestens seit Roland Barthes’ »La chambre claire« zur Grundausstattung jedes Erinnerungsbuchs zu gehören scheint, bleibt Boltanski unerreichbar: Fotografien. Denn in dem von seinen Großeltern beherrschten Familienlieben spielten diese Bilder ganz ausdrücklich keine Rolle. Dem Versuch, seine Urgroßmutter zu beschreiben, schickt Boltanski die Bemerkung vorweg: »Ich weiß nicht, wie sie ausgesehen hat. Ich kann mich auf kein Familienalbum stützen, nicht ein einziges sepiafarbenes Porträt wurde liebevoll im Holzrahmen aufbewahrt. In der Rue-de-Grenelle sind Fotografien verpönt, denn sie zeigen, was nicht mehr ist. Das Wenige, was ich weiß, habe ich von meinem Vater und meinen Onkeln.« Kein Bilderverbot also, immerhin aber ein Bilderverzicht scheint in diesem großelterlichen Haus geherrscht zu haben. Das ist bemerkenswert, denn die von Boltanski angesprochenen Auskunftsgeber haben auf je sehr eigene Weise an der Fotogeschichte des späteren 20. Jahrhunderts mitgeschrieben: Der Soziologe Luc Boltanski, Vater des Autors, trat bereits ganz zu Beginn seiner Karriere als Ko-Autor zu einem von Pierre Bourdieu herausgegebenen Buch auf. Lange schon ist es ein Klassiker der Bildsoziologie: »Un art moyen. Essai sur les usages sociaux de la photographie« von 1965 (in deutscher Übersetzung: »Eine illegitime Kunst. Die sozialen Gebrauchsweisen der Fotografie«). Und wie eigentlich sähe das künstlerische Werk von Christian Boltanski, Onkel des Autors, aus, wenn es keine Fotografie gäbe? Ist dieses berühmt gewordene Oeuvre doch gerade dem Zeigen dessen verpflichtet, »was nicht mehr ist«.

Auf dem Titel der französischen wie der deutschen Ausgabe von »La cache« steht im Übrigen die verkaufsfördernde Gattungsbezeichnung »Roman«. Das muss man nicht all zu wörtlich nehmen – ganz und gar lesenswert ist dieses bemerkenswerte Buch in jedem Fall!

Solidarisches Schweigen als visuelle Geste?

Screenshot von Instagram am 2. Juni 2020.

Solidarisches Schweigen als visuelle Geste?
Eine ambivalente Erinnerung an den #blackouttuesday auf Instagram

von Jakob Schnetz

Politische Kämpfe sind längst auch Kämpfe in digitalen Räumen. Dabei wird der Gebrauch von Bildern als Mittel, Form und Katalysator von Protest und Solidarität immer wichtiger, wie Kerstin Schankweiler in ihrem Buch »Bildproteste« (2019) zeigt. Aber auch wenn solche Proteste mit und durch Bilder stets in größere gesellschaftliche und politische Kontexte eingebunden sind, stechen manche virtuellen Ereignisse besonders hervor. Erinnern wir uns an den »#blackouttuesday« auf der Plattform Instagram: Anstelle der üblicherweise um Aufmerksamkeit ringenden Beiträge blieb das Display am 2. Juni 2020 vermeintlich leer – mindestens dann, wenn wir schwarze Bildschirme mit Leere gleichsetzen. Fast die gesamte Timeline ist ein nur von Like-Angaben und Profilbildern gerahmtes, scheinbares ›Nichts‹, eine stetig wachsende Reihe aus gänzlich schwarzen Bildern, die an diesem Tag hunderttausendfach hochgeladen werden. Die Hashtags #blackouttuesday und #blacklivesmatter kontextualisieren sie vage als solidarischen Beitrag zum Tod des 46-Jährigen Schwarzen George Floyd, der eine Woche zuvor brutal von einem weißen Polizisten und seinen Kollegen ermordet wurde.

Unweigerlich löst der schreiend-stumme Newsfeed in mir das Gefühl aus, teilnehmen zu wollen und mich in meiner weißen Privilegiertheit mit den von Rassismus betroffenen Menschen zu solidarisieren. Doch dann regt sich ein Zweifel in mir: Was bedeutet hier eigentlich Solidarität? Und wie wird sie bildlich hergestellt? Die enorme Wirkung dieses simulierten Blackouts speist sich zunächst genau daraus: Einem kollektiven Moment des ›Schweigens‹ auf einer ansonsten zumeist individualistischen Selbstdarstellungsplattform – unterbrochen nur von den nun umso absurder und greller leuchtenden personalisierten Werbeanzeigen. Im virtuellen Raum der App muss Schweigen buchstäblich sichtbar werden und damit produzierter Content sein. Ein solches ›Nichts‹ zu posten ist etwas völlig Anderes als nichts zu posten und neben dem Liken und Teilen einzige Möglichkeit, die eigene Anwesenheit und damit Solidarität zu zeigen. Die Illusion der Leere ist also keine Abwesenheit digitaler Bilder, doch im Gegensatz zu anderen virtuellen Protesten spielen für diese Aktion fotografische Zeugenschaft und gängige Bildmuster keine Rolle. Das Ausgangsmotiv zur Herstellung der schwarzen Bilder scheint hier bedeutungslos und das Rätsel darum in einer verstörenden Weise bizarr: So sehe ich auf meinem Smartphone-Display vielleicht digital errechnetes Schwarz aus der Online-Bildsuche neben unterbelichteten Handyfotos aus Besenkammern und Kleiderschränken oder von Tischplatten und (weißen?) Fingerkuppen, die die Kameralinse bedecken – und die hier alle gleichfalls Solidarität bedeuten sollen.

Jene gewaltvollen Bilder von Floyds Tötung, die den Protest hier mitunter katalysierten, werden nun verweigert und so ein möglicher Trigger für Schwarze Menschen verhindert. Paradoxerweise bieten die schwarzen Bilder aber auch den Raum, sie mit den zuvor gesehenen Gewaltdarstellungen in der Fantasie zu füllen und womöglich dadurch noch zu verstärken. Trotz unterschiedlicher Bildformate erinnert die Verbannung des Figurativen auch an Kasimir Malewitschs vieldiskutiertes Gemälde »Schwarzes Quadrat« von 1915. Im Gegensatz zu den schwarzen Bildern hier bedeutet es zunächst einmal nur sich selbst; eine damals radikale Position. Ist es im Jahr 2020 nur eine konsumierbare und zahnlose Ästhetik einstiger Avantgarde? Es lässt sich nicht leugnen, dass die schwarzen Bilder in ihrer Menge – als Timeline – wirkungsvoll sind. Der #blackouttuesday wird so zu einem flüchtigen, ikonischen Ereignis und auch zu einer klugen Metapher: Die Unsichtbarkeit bei gleichzeitiger Hyper-Sichtbarkeit Schwarzer Menschen in einer strukturell rassistischen Gesellschaft. Gleichzeitig werden einige der Bilder, wohlwollend getagt mit #blacklivesmatter, problematisch für die gleichnamige Bewegung, da sie vorübergehend den wichtigen Kommunikationskanal überlagern und so das Gegenteil ihrer Absicht erzeugen –  wer den Hashtag abonniert hat, um informiert zu bleiben, bekommt plötzlich nur noch diese schwarzen Bilder angezeigt.

Es mag an meiner Filterblase und Eigendynamiken auf sozialen Netzwerken liegen, doch von der ursprünglichen Intention der Aktion erreicht mich in meinem Feed nichts: Die Schwarzen Musik-Managerinnen Brianna Agyemang und Jamila Thomas starteten den ›Blackout‹ zwar auch zum Gedenken der von Polizisten ermordeten Schwarzen George Floyd, Breonna Taylor und Ahmaud Arbery, aber eben nicht ausschließlich. Genauso wichtig war ihnen die Kritik an der Ausbeutung Schwarzer Musikkultur. So wirken die oft kontextlosen schwarzen Bilder wie eine diffuse Projektionsfläche für Solidarität, in der das initiale Anliegen verloren geht. Auch irritiert mich das gegenseitige Liken der Beiträge, wirkt es abseits der Sichtbarkeit, die es verstärkt, beinahe wie ein selbstvergewisserndes gegenseitiges Schulterklopfen. Nicht ohne Grund oft als »Clicktivism« oder von der Schwarzen Autorin Latham Thomas als »Optical Allyship« kritisiert, bleibt diese Form der Unterstützung – auch wenn sie von Herzen kommt – gerade aus einer weißen Perspektive nicht betroffener Betroffenheit konsumierbar und nur an der buchstäblichen Oberfläche. Frei von Opfer und Schmerz physischer politischer Kämpfe ist es ein kurzweiliges Verbündetsein, das Betroffenen keine Arbeit abnimmt. 

Allerdings muss ich dem Ereignis auch zugestehen, gerade aufgrund seiner unauflösbaren Ambivalenz in mir nachzuhallen. Im besten Falle schafft diese unhierarchische und durchaus eindrückliche Form des Protests wichtige Aufmerksamkeit und vielleicht auch eine Bewusstseinsaktivierung – doch kann sie nur Ausgangspunkt oder Zusatz sein, will sie nicht nur eine flüchtige und, so scheint es, auch selbstberuhigende Geste bleiben.

Jakob Schnetz studiert seit 2019 an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Reinhard Matz, Wolfgang Vollmer: Köln von Anfang an

Besprochen von Steffen Siegel

Jedes Jahr am 6. Januar muss ich an eine kleine Begegnung im Kölner Dom denken. Es wird fünfzehn oder noch mehr Jahre her sein, dass ich dort in eine Gruppe spanischer Touristen geriet. Sie führten, Kirchenraum hin oder her, eine ziemlich heftige Diskussion und waren sich offenbar uneinig darüber, ob in jenem goldenen Schrein vor uns nun wirklich die Reliquien der Heiligen Drei Könige liegen oder aber nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob es eine besonders kluge Idee war, ausgerechnet mich um Aufklärung in dieser Sache zu bitten. Jedenfalls war ich überrumpelt genug, um wenig überzeugend »na das wird schon so sein« zu stammeln. Wer weiß, vielleicht denkt ja gerade heute, am Dreikönigstag, in Spanien der eine oder die andere an die gemeinsame Köln-Reise zurück?

Seit dem Jahr 1164 befinden sich die Reliquien am Rhein, und selbstverständlich gehört der prachtvolle, wenige Jahrzehnte später entstandene Schrein zu jenen Objekten, mit deren Hilfe Reinhard Matz und Wolfgang Vollmer fast zweitausend Jahre Stadtgeschichte erzählen. Ihr gerade eben erschienenes Buch »Köln von Anfang an« ist bereits der vierte Band – und doch zugleich der erste. Vor allem aber ist er eine Überraschung. Denn mit den drei Teilen »Köln vor dem Krieg«, »Köln und der Krieg« sowie »Köln nach dem Krieg«, die zwischen 2012 und 2016 erschienen waren, konnte diese Reihe eigentlich als abgeschlossen gelten. Matz und Vollmer hatten die drei Bände jeweils als ein reich kommentiertes stadtgeschichtliches Fotoalbum angelegt. Für die Zeit vor dem Jahr 1880 aber, mit dem sie »Köln vor dem Krieg« einsetzen ließen, ist die fotografische Überlieferung eher überschaubar; und ohnehin kann sie nicht weiter als in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückreichen.

Mit dem nun publizierten Auftaktband musste also zwangsläufig das ursprünglich angelegte Editionsprinzip verlassen werden. Und doch handelt es sich bei »Köln von Anfang an« um einen Bildband, der mit ganzer Kraft die Möglichkeiten der Fotografie ausspielt. Der Grund hierfür steht zum einen auf dem Titelblatt und dann wieder auf den Seiten 387 und 388, wo sich die Bildnachweise befinden. Zwar treten mit Reinhard Matz und Wolfgang Vollmer bei dieser Buchreihe zwei Autoren in Erscheinung, die als Publizisten und Kuratoren, Hochschullehrer und Kritiker arbeiten. Doch sollten sie – trotz der Vielfalt ihrer professioneller Rollen – wohl zuallererst als Fotografen angesprochen werden. »Köln von Anfang an« blättert die überreiche Stadtgeschichte anhand hunderter Quellen auf; und zu einem bemerkenswert großen Teil wurden diese Objekte von Matz und Vollmer fotografisch interpretiert. Was genau dies heißen kann, lässt sich zum Beispiel an Detailaufnahmen des Chorgestühls aus dem Kölner Dom wunderbar beobachten.

Im Medium des Fotobuchs werden Stadtgeschichten schon seit wenigstens einem Jahrhundert erzählt. Blickt man auf unsere eigene Zeit, ist wohl vor allem die Buchserie »Images of America« beispielgebend geworden. Aktuell vertreibt der Verlag Arcadia Publishing in dieser erst vor zwei Jahrzehnten gegründeten Reihe nicht weniger als 8.145 Titel! Was hier auf stets 128 Seiten als eine Art Best-of lokaler Stadt- und Zeitungsarchive geboten wird, hat allerdings wenig zu tun mit jener editorischen Sorgfalt und historiografischen Sachkenntnis, mit der Matz und Vollmer ihre vier Köln-Bücher eingerichtet haben. Neben den bestechend gut gedruckten Fotografien betrifft dies nicht zuletzt die Texte: detaillierte Bildunterschriften sowie, im Fall des nun erschienenen Bandes von Tacitus bis Johanna Schopenhauer, Auszüge aus stadtgeschichtlich interessanten Quellen. Ganz besonders lesenswert sind aber vor allem launige Miniaturen, in denen Reinhard Matz die einzelnen Epochen schlaglichtartig erzählt und dabei lakonisch kommentiert.

Wer es übrigens noch genauer, dann aber auch wirklich ausführlicher wissen will, der sollte zu jener »Geschichte der Stadt Köln« greifen, die seit 2004 im selben Verlag erscheint und nach Abschluss einmal ganze dreizehn Teile umfassen soll. Ihr dritter Band zu »Köln im Hochmittelalter« ist bereits vor vier Jahren herausgekommen; und dort ließe sich dann auch die Geschichte zu den Reliquien der Heiligen Drei Könige, zu König Barbarossa und dem Kölner Erzbischof Rainald von Dassel ganz genau nachlesen.

Reinhard Matz, Wolfgang Vollmer: Köln von Anfang an. Leben, Kultur, Stadt bis 1880, Köln (Greven) 2020. 392 Seiten, 402 Farbabbildungen, 24 × 29 cm, Leinen mit Schutzumschlag, ISBN: 978-3-7743-0923-4.

»Und so etwas steht in Gelsenkirchen«

Besprochen von Steffen Siegel

Neben so vielem anderen wird 2020 als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem man sich besser beeilt hat, soeben eröffnete Ausstellungen anzusehen. Andernfalls riskiert(e) man, vor verschlossenen Museumstüren zu stehen. Eine dieser vor der Zeit geschlossenen Ausstellungen ist »›Und so etwas steht in Gelsenkirchen…‹. Kulturbauten im Ruhrgebiet nach 1950«. Derzeit wäre sie eigentlich noch im Museum Folkwang zu sehen. Zehn Jahre nach Eröffnung von David Chipperfields Erweiterungsbau an der Essener Bismarckstraße wollte und will diese Ausstellung den kaum vergleichbaren Reichtum von Kulturbauten in den Blick nehmen, der sich auf dem geografisch so engen Raum des Ruhrgebiets als ein architektonisches und städtebauliches Ereignis erfahren lässt. Spreche ich aber vom Museum Folkwang an der Bismarckstraße, so beziehe ich mich unter der Hand bereits auf unsere eigene Gegenwart. Denn das Museum konnte man im Lauf von fast einhundert Jahren schon von allen Himmelsrichtungen aus betreten – Kulturbauten sind Architekturen im fortlaufenden Wandel.

Wer es genauer wissen will, sollte nach Dortmund ins Baukunstarchiv NRW fahren. Seit 2018 sitzt diese dem architekturgeschichtlichen Gedächtnis des Bundeslandes verpflichtete Institution im einstigen Museum am Ostwall (noch so ein fortlaufender Wandel). Aber auch dort sind derzeit natürlich die Türen verschlossen. Es bleibt derzeit nur ein Griff zu jenem Buch, das Hans-Ulrich Lechtreck, Wolfgang Sonne und Barbara Welzel herausgegeben haben – dessen Lektüre ist jedoch das Gegenteil einer Verlegenheitslösung. Es handelt sich um eine 400 Seiten starke Schatzkiste aus Bildern und Texten. In ihrem Zusammenspiel simulieren sie einen stöbernden Gang durchs Archiv: Es werden Archivboxen und Fotoalben geöffnet, Planschränke aufgezogen und Baupläne entrollt.

»Miniaturen« haben die Herausgeber*innen eine erste Gruppe von Texten genannt, in denen die Geschichte wichtiger Kulturbauten vorgestellt und die architektonischen Ideen diskutiert werden. Natürlich darf hier das »Musiktheater im Revier« nicht fehlen, immerhin bezieht sich der Buchtitel samt Yves-Klein-Blau auf diesen spektakulären, 1959 in Gelsenkirchen eröffneten Theaterneubau. Genauer betrachtet werden im Ganzen elf architektonische Meilensteine, darunter das Josef-Albers-Museum Quadrat in Bottrop, die Mercatorhalle in Duisburg (sie wurde vor wenigen Jahren abgerissen und durch ein CityPalais ersetzt, das genauso trist aussieht wie es heißt) oder das mit jahrzehntelanger Verspätung in den späten 1980er Jahren gebaute Aalto-Theater in Essen. Eine zweite Gruppe von Texten versammelt Essays – und diese lassen sich als eine exemplarisch am Ruhrgebiet entwickelte und brilliant zugespitzte Einführung in die Probleme von Architekturgeschichte, Bautypologie sowie Stadt- und Regionalentwicklung lesen.

Mit Blick auf verschiedene Neu- wie Umbauprojekte für Konzerthäuser im Ruhrgebiet wurde in jüngerer Zeit immer wieder kritisiert, dass die Städte des Ruhrgebiets in einen finanziell ruinösen Wettbewerb getreten sind, statt auf Kooperation und Aufgabenteilung zu setzen. Ganz falsch mag das nicht sein. Dennoch übersieht diese Kritik, welcher Reichtum in den zurückliegenden Jahrzehnten im Ruhrgebiet gerade deshalb entstanden ist – nicht allein architektonisch, sondern sehr viel mehr noch gesellschaftlich. Benannt ist damit die gar nicht so heimliche These des Buches: Wer Theater, Museen, Konzerthäuser oder Kinos baut, errichtet gesellschaftliche Mittelpunkte von dauerhaftem Wert. Zur Logik der »großen Stadt« zwischen Ruhr und Emscher gehört aber eben auch, dass es sich um eine polyzentrische Struktur handeln muss. Auf diese Weise existieren zum Beispiel im Ruhrgebiet nicht weniger als fünf Opernhäuser mit festem Ensemble (in Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Dortmund und Hagen) – das sind zwei mehr als in Berlin und drei mehr als in München.

Bereits vor zehn Jahren ist unter dem wunderbaren Titel »Auf den zweiten Blick. Architektur in der Nachkriegszeit in Nordrhein-Westfalen« ein (übrigens immer noch lieferbares) Buch erschienen (Mitherausgeber war auch seinerzeit schon Werner Sonne), das ich nicht allein liebe, sondern das ich spätestens seit meinem Wechsel an die Folkwang Universität und damit mitten ins Ruhrgebiet auch wie einen Reiseführer benutzt habe. Geografisch und thematisch fokussierter im Zuschnitt, aber vergleichbar opulent in Bild- wie Kommentarteil wird »Und so etwas steht in Gelsenkirchen…« etwas ganz Ähnliches leisten können. Und darf man sich, da ja Weihnachten vor der Tür steht, sogleich eine Fortsetzung wünschen? Das Museum Küppersmühle in Duisburg, direkt um die Ecke das Landesarchiv NRW, das Gasometer in Oberhausen, das Ruhr Museum auf der Zeche Zollverein in Essen, das Musikzentrum Bochum, das Theater Dortmund, der Erweiterungsbau im Osthaus Museum in Hagen, das LWL Museum für Archäologie in Herne – an bemerkenswerter Architektur wäre wirklich kein Mangel, auf den ersten wie auf den zweiten Blick.

Hans Jürgen Lechtreck, Wolfgang Sonne, Barbara Welzel (Hg.): »Und so etwas steht in Gelsenkirchen...« Kultur@Stadt_Bauten_Ruhr, Dortmund (Kettler) 2020. 400 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen, Klappenbroschur, 20 × 24 cm,  ISBN: 978-3-86206-835-7.

David Campany: On Photographs

Besprochen von Judith Böttger

Jede Forschungsdisziplin bildet im Lauf der Zeit ihren ganz eigenen Kanon aus. In der Literaturwissenschaft gehört Gérard Genettes »Die Erzählung« (1998) zur Pflichtlektüre, für die Fototheorie ist ein vergleichbarer Klassiker mit Sicherheit Susan Sontags »On Photography« (1977). In kritischer Absicht diskutierte Sontag in den sieben Essays dieses Buches die Fotografie als ein soziales und künstlerisches Phänomen. Dabei vergleicht sie zwar verschiedene fotografische Positionen, konkrete Bilder werden dabei jedoch eher gestreift.

Unübersehbar bezieht sich David Campany mit dem Titel seines in diesem Jahr erschienenen »On Photographs« auf Sontags Klassiker. Als Programmdirektor des International Center of Photography in New York ist Campany ein ausgewiesener Kenner der Fotografie, und erst jüngst war er Gastkurator der Biennale für aktuelle Fotografie in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg. In seinem neuen Buch versucht er, durchaus im Unterschied zu Sontag, den Bogen vom einzelnen Bild hin zur Fotografie im Allgemeinen zu spannen.

Die Konzeption des Buches überzeugt durch Stringenz: 120 Fotografien, 120 Texte. Man kann jede Doppelseite als ein individuelles Diptychon lesen, oder aber man begreift »On Photographs« als einen einzigen, umfassenden Essay. Anders gesagt: Man kann sich für eine Lektüre in gut verdaulichen Häppchen entscheiden oder durch ein kontinuierliches Lesen am Stück Querverbindungen herstellen. Dabei ist die Auswahl der Fotografien und der dahinterstehenden Fotograf*innen überraschend: Neben Klassikern (zum Beispiel Eugène Atget, Lee Friedlander, Vivian Maier, Henri Cartier-Bresson) greift Campany auch auf eher unbekannte Künstler*innen zurück. Die Reihenfolge seiner Bildbesprechungen folgt dabei keiner erkennbaren zeitlichen oder räumlichen Ordnung – als Leser*in wird man auf diese Weise angeregt, selbst assoziative Brücken zu schlagen. So fällt auf, dass in vier aufeinander folgenden Fotografien die Bewegung das Leitmotiv ist. Zur Sprache kommen hier Bilder von Eadward Muybridge, Frank and Lillian Gilbreth, Étienne-Jules Marey und John Baldessari.

Die essayistischen Texte, die Campany den Fotografien zur Seite stellt, sind gespickt mit (werk-)biografischen Anekdoten, historischen Bezügen und legen den Fokus darauf, wie über Fotografien nachgedacht werden kann. Häufig gelingt es Campany sehr gut, fototheoretische Bezüge herzustellen, beispielsweise wenn er über die vermeintliche Diskrepanz zwischen Betrachtungs- und Bildzeit (S. 52) oder über Autorschaft (S. 40) nachdenkt. An einigen Stellen bedient Campany jedoch Klischees, die ins Kitschige abzugleiten drohen: »A photograph is a trace, and so is a lipstick kiss, but what is a trace, exactly? It is a presence that marks an absence, and as such its meaning can never be exact.« (S. 100)

Bild und Text weisen bei Campany über sich hinaus und stehen in einem größeren diskursiven Kontext. Es ist zwar eine große Qualität des Buches, vom Spezifischen zum Allgemeinen zu verweisen, andererseits geht dadurch aber gerade das verloren, was »On Photographs« eigentlich von »On Photography« unterscheiden sollte: die methodische Konzentration auf die einzelne Fotografie. Einige Texte sind so biografisch, dass man bis zum letzten Satz warten muss, bis überhaupt auf das spezifische Bild Bezug genommen wird. »Café, Paris« (1959) von Saul Leiter wird im dazugehörigen Text noch nicht einmal erwähnt, hat also kaum mehr als illustrativen Charakter. David Campany bietet eine niedrigschwellige Erzählung zur Fotogeschichte, sie hätte aber durchaus auch »On Photographers« heißen können.

David Campany: On Photographs, London (Thames & Hudson) 2020. 264 Seiten, Hardcover, 22,3 × 18,1 cm, ISBN: 978-0-500-54506-5.

Judith Böttger studiert seit 2019 an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Svetlana Alpers: Walker Evans. Starting from Scratch

Reviewed by Paul Mellenthin

The year 2020 took off with promising news: Princeton University Press announced a new biography of Walker Evans (1903–1975) by Svetlana Alpers. As Professor Emerita of art history at the University of California, Berkeley, Alpers is well-known for her provoking work on Dutch painting. However, American photo history did not belong to her fields of expertise. Considering her past research, we would expect Alpers to tell us what is great––yes, emphatically »good« or »important«––about the pictures Evans took. In short, what makes them a work of art?

It is undoubtedly unprecedented to relate a sketchbook by Paul Cézanne to a negative strip or reckon Pieter Bruegel’s representation of Flemish peasants regarding Evans’ view of black American culture. In her characteristically idiosyncratic and associative way, Svetlana Alpers draws connections to various artistic traditions. However, more historic and strictly positive traditions are spotted as well: In 1926, Evans spent time in Paris, where he studied French nineteenth-century literature, namely Gustave Flaubert and Charles Baudelaire. A year later, after returning to New York, he discovered the work of Eugène Atget. The French photographer would become the most influential reference for Evans’s style and subject choice, his »idol.«

In her account, Alpers touches on the general problem of describing visual phenomena. And she offers a solution: arguing by analogy. For instance, by learning about Flaubert’s modern writing techniques, we are expected to understand how Evans accomplished invisibility as a photographer, how he managed to disappear and stay present all the same. His photographs characteristically develop a kind of visual imparfait: immediate, sober, and attentive to detail––or »literary, a way of telling, although not with words.« His passion for language is a recurrent theme throughout his career. Simply put, he loved to read and write.

As Alpers’ inquiry moves chronologically forward, a sense of consistency is apparent. In 1933, we join Evans, traveling to revolutionary Cuba. While staying with Ernest Hemingway, he did not take a single portrait. Instead, he watched the Cuban society from the bottom up: photographing men on the streets. When, in 1938, Evans famously published »American Photographs« with works he realized for the Farm Security Administration, or FSA, he turned his attention to the unrecognized. And again, years later, the same Evans took Polaroid photographs when riding the New York subways–– »Evans was, and is, interested in what any present time will look like as the past.« Alpers successfully deciphers this enigmatic statement making it a general formula to understand his approach. She argues that the border of past/present (and not high/low) challenged him.

The book does not tire of emphasizing the distinctiveness of what and how it has been photographed. Alpers is most convincing when she looks at Evans working as a photographer. Her account carefully pays attention to his changing equipment, and she links the printed images to his editing practice. We intimately follow his ways of developing an idea of something––Alpers refers to it as »Evans’ eye.« But is it the eye of an artist? »Perhaps,« resumes Alpers, »it is precisely the indefinability of photography––art or not art and what it is for––that gives its special grace.« Albeit this core question remains unanswered, the neatly edited catalog, comprising c. 150 plates, gives expression to what the volume achieves. It is an exercise in looking at photographs slowly, thus carefully; it is an exercise in developing an eye.

Svetlana Alpers: Walker Evans. Starting from Scratch, Princeton (Princeton University Press) 2020. 416 pages, 15 color and 170 black/white illustrations, 6.13 × 9.25 in. ISBN: 978-0-691-19587-2

Heike Behrend: Menschwerdung eines Affen

Besprochen von Steffen Siegel

Martin Heidegger hat einmal eine Vorlesung über Aristoteles mit dem Satz eröffnet: »Aristoteles wurde geboren, arbeitete und starb.« Damit war alles gesagt, was es über die Biografie des antiken Philosophen zu berichten gab; allein das Werk sollte zählen. Es hat schon seinen guten Grund, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eher selten ihre Autobiografie schreiben. Sieht man einmal von endlosen Kommissionssitzungen ab, so mag aus der Innenperspektive das Leben am Schreibtisch und im Seminarraum ereignisreich und spannend erscheinen, aus der Außenperspektive muss das nicht wirklich so sein.

Wenn aber die Ethnologin Heike Behrend ihre Autobiografie vorlegt, ist das etwas anderes. Um es vorwegzunehmen: Ihr Buch »Menschwerdung eines Affen« ist ein begeisternde Lektüre. Dabei blickt die Wissenschaftlerin auf den fast 300 Seiten nicht auf ihre äußeren Lebensumstände zurück, die spielen sogar auf fast irritierende Weise gar keine Rolle. So wird etwa ihre Berufung auf eine Professur an der Kölner Universität ganz nebenbei in einer Fußnote erwähnt. Im Zentrum dieses Buches stehen vielmehr vier Forschungsprojekte, die sie im Lauf von gut vierzig Jahren verfolgt hat und die schließlich jeweils in Büchern gemündet sind. Besichtigt werden die sich stets über viele Jahre ausdehnenden Umstände ihrer Entstehung, ihre Voraussetzungen und Probleme.

Als Ethnologin ist Heike Behrend eine Spezialistin für den Osten Afrikas. Vor allem nach Kenia und Uganda ist sie dabei immer wieder zu Forschungsaufenthalten gereist und ist dabei bemerkenswert unterschiedlichen Interessen nachgegangen. In ihren Projekten ging es um Zeitvorstellungen und Geisterglauben, um (vermeintlichen) Kannibalismus und fotografische Praktiken. Vor allem aber ging es stets um mehr als eine ethnografische Perspektive auf »die Anderen«. Behrend formuliert in ihrem Buch eine eindrucksvolle Kritik an der eigenen akademischen Disziplin und auch an sich selbst. Oder positiv gewendet: Es ist ein Plädoyer dafür, die ethnografische Forschung als eine Interaktion zwischen gleichberechtigten Partnern ernst zu nehmen. Wer als Ethnograf*in in Afrika oder anderswo forscht, muss davon ausgehen, auch selbst ein Gegenstand der Forschung zu sein. Und immer schon trifft man auf die Spuren von ganz anderen »Anderen«: von jenen Forscher*innen, die bereits zuvor anwesend waren.

Wegweisende Bücher von Christopher Pinney, Elizabeth Edwards und nicht zuletzt von Heike Behrend haben bereits vor Jahren (und inzwischen Jahrzehnten) gezeigt, wie wesentlich Fotografie und Film für die ethnografische Forschung geworden sind – und zugleich wie abgründig dieser Mediengebrauch all zu oft gewesen ist. Es ist daher keineswegs eine Übertreibung, wenn man behauptet, dass die Ethnologie für eine an dekonstruktiver Kritik interessierte Fototheorie einen paradigmatischen Fall darstellt. Behrend legt in ihrem Buch den Akzent auf begangene Fehler und Irrwege, auf Missverständnisse und das Scheitern. All dies legt Differenzen frei, die weit über das Erkenntnisinteresse der Ethnologie hinausreichen, allemal in einer Zeit, in der wir endlich damit beginnen, das »Post« im Begriff des Postkolonialismus noch einmal kritisch zu befragen.

Eine kleine Warnung zum Schluss: Wer sich in besonderer Weise für die Rolle der Fotografie interessiert, sollte keineswegs nur das vierte Kapitel lesen, in dem Behrend über die Umstände ihres 2013 erschienenen Buches »Contesting Visibility« berichtet sowie über die an verschiedenen Orten gezeigte Ausstellung »Snap me one! Studiofotografen in Afrika«. Wer hier vorblättert, dem entgeht in diesem Buch ganz Wesentliches. Behrend hatte den zyklischen Zeitvorstellungen bei den Tugen im nordwestlichen Kenia ein ganzes Buch gewidmet: »Die Zeit geht krumme Wege«. Gar nicht so anders ist es mit ihrem Interesse an Fotografie und Film: Als ein zyklisch einsetzendes Leitmotiv kehren sie in ihren Forschungen immer wieder zurück.

Heike Behrend: Menschwerdung eines Affen. Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung, Berlin (Matthes & Seitz) 2020. 280 Seiten, Hardcover, 14,5 × 22 cm, ISBN: 978-3-95757-955-3.

Adrian Sauer: Foto Arbeiten

Besprochen von Steffen Siegel

Als wir für unsere neue Website die Rubrik »Kritik« vorbereiteten, hatten wir dafür insgesamt drei Kategorien vorgesehen: Ausstellung, Fotobuch und Wissenschaft. Doch haben wir gewiss nicht damit gerechnet, einmal alle drei zugleich zu benötigen. Adrian Sauers Buch »Foto Arbeiten«, das gerade eben im Kerber Verlag erschienen ist, beweist nun jedoch das Gegenteil. Publiziert wurde es anlässlich einer Retrospektive auf Sauers reiches künstlerisches Werk, die vor wenigen Tagen im Oldenburger Kunstverein zu Ende gegangen ist. Konzipiert ist es aber nicht als ein anlassbezogener Katalog, sondern vielmehr als ein Künstlerbuch, das die temporäre Werkschau nun dauerhaft zwischen zwei Buchdeckeln sichert.

Mehr als zehn Jahre sind inzwischen vergangen, seit Adrian Sauer in sogleich drei schmalen Bänden seine viel beachtete Arbeit »16.777.216 Farben« auch als Buch publizierte. Wie bereits seinerzeit hat Sauer auch dieses Mal mit der Gestalterin Anna Lena von Helldorff zusammengearbeitet –– und das Ergebnis ist neuerlich hervorragend. Doch geht er mit »Foto Arbeiten« nun einen anderen Weg: Nicht eine einzelne Werkgruppe steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, sondern eine über einzelne Werke hinausgreifende Fragestellung; und mit ihr ein künstlerisches Verfahren, das in Form von Bildern zu Antworten gelangt.

Es hat sich herumgesprochen, dass Sauer wie kaum ein zweiter Fotokünstler ebenso hartnäckig wie konsequent den Möglichkeiten und Grenzen digitaler Bildlichkeit nachgeht – ihren Produktionsweisen, Zeigeformen und Gebrauchszusammenhängen. Ohne den Anspruch zu erheben, wissenschaftliche Aussagen zu treffen, zielen seine im Bild (und meist in Bildserien) formulierten Thesen aber doch auf gerade jene Fragen, die in den wissenschaftlichen Debatten unserer Gegenwart geführt werden, wenn es um Digitalität und CGI geht, um Wahrheitsansprüche und Bilderskepsis. Sauers Buch war wirklich überfällig, denn endlich ist damit ein Kompendium zur Hand, das die Vielfalt seiner künstlerischen Antworten auf mehr als 250 Seiten zusammenführt.

In einem Anhang werden überdies alle Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen aus inzwischen fast zwei Jahrzehnten minutiös aufgelistet. Darunter befindet sich natürlich auch »Über die Sprachen der Fotografie – eine Möglichkeit«, die Sauer auf Einladung von Elke Seeger im Rahmen des Festivals »Try again, fail again, fail better – Impuls Bauhaus« einrichtete und die im vergangenen Jahr bei uns an der Folkwang Universität der Künste im SANAA-Gebäude zu sehen war. Diese Ausstellung wird in einem eigenen Kapitel umfassend vorgestellt. Schließlich lässt sich, von »AGB« bis »User/Consumer«, auch jenes Glossar vollständig nachlesen, das in Essen seinerzeit akustisch präsent war.

Als Künstler muss Adrian Sauer gewiss nicht erst noch entdeckt werden. Dennoch kommt sein neues Buch gerade zur rechten Zeit. Denn mit ihm werden Vielfalt wie Aktualität seines Werks in ihrem Zusammenhang verständlich gemacht –– der Titel des Buches spricht es deutlich genug aus: als eine fortgesetzte Arbeit an den Grundlagen fotografischer Bildlichkeit.

Adrian Sauer: Foto Arbeiten, hrsg. von Galerie Klemm’s (Berlin) und Galería Helga de Alvear (Madrid), Berlin, Heidelberg (Kerber Verlag) 2020. 256 Seiten, Hardcover, 18,7 × 25,7 cm, 616 farbige und 85 s/w Abbildungen, ISBN 978-3-7356-0720-1.

André Gunthert: Das geteilte Bild

Besprochen von Matthias Gründig

Unter dem Titel »Das geteilte Bild« erschien 2019 erstmals eine Sammlung von Aufsätzen des französischen Fotohistorikers André Gunthert, der an der École des hautes études en sciences sociales (EHESS) in Paris lehrt, in deutscher Übersetzung. Das Original, »L'image partagée« (Éditions Textuel), wurde bereits vier Jahre zuvor publiziert, was in Hinblick auf den Inhalt der zwölf – bzw. dreizehn, zählt man eine kurze Einführung Guntherts mit – hierin versammelten Texte und damit auch für deren eigene Historizität eine signifikante Zeitspanne darstellt. Geschrieben in der Zeit zwischen 2004 und 2015 bewerkstelligen die essayistischen Texte, die zuvor teils in der von Gunthert gegründeten Zeitschrift »Études photographiques« (1996–2017) erschienen, genaue Beschreibungen und Analysen ihrer medialen Gegenwart, jener des sich formierenden, dynamischen Web 2.0. Es handelt sich dabei um »Dokumente des Übergangs« (7), wie es die Hildesheimer Medienwissenschaftlerin Stefanie Diekmann, die den Band sehr gut lesbar übersetzt hat, in ihrem informativen Vorwort ausdrückt. Hierin findet sie auch eine griffige Formel für Guntherts Beiträge zur Fototheorie dieser Übergangszeit: »mehr Bourdieu als Barthes, mehr Soziologie als Ontologie; ästhetische Aspekte hingegen nur dann, wenn sie etwas über Nutzungs- und Verwendungsformen erzählen« (9). Vor allem letzteres, der Fokus auf den Gebrauch der Bilder und ihre Kontexte lässt sich sogleich an den durchgehend farbigen Abbildungen überprüfen: Reproduktionen von Titelseiten französischer Tageszeitungen, Screenshots von Youtube-Fenstern, von sozialen Netzwerken und anderen Websites, nicht zuletzt Zusammenstellungen von Selfies, Memes und anderen Phänomenen digitaler Bildkulturen. Nie geht es dabei um ein irgendwie geartetes ikonisches Bild im Singular, stets dagegen um digitale Bilder im Plural als Medium dialogischer Kommunikation und öffentlicher Diskurse sowie um die technischen und sozialen Voraussetzungen, die Dialog und Diskurs ermöglichen.

Die Rede vom geteilten Bild, so wird bereits im Vorwort klar gemacht, beansprucht explizit keine einheitliche Theorie der digitalen Fotografie. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Sammelbegriff, unter dem verschiedene Aspekte des vielgestaltigen zeitgenössischen Bildgebrauchs Platz finden. So stellt auch der Einführungstext »Das fluide Bild« dem Buch den nicht-fixierbaren Charakter des digitalen Bildes emblematisch voran: »Das Revolutionäre an der digitalen Fotografie ist ihre Fluidität« (16). Diese markiere eine wichtige Etappe »in der fortschreitenden Diffusion der Bilder, indem sie ihnen eine unendlich gesteigerte Appropriierbarkeit verleiht« (17). Klar positioniert sich Gunthert dabei gegen kulturpessimistische und medienessenzialistische Perspektiven, beispielsweise jene W.J.T. Mitchells, nach der das Digitale ein postfotografisches Zeitalter eingeläutet habe, in dem der Wahrheitsanspruch des Bildes zerbrochen sei. »Die Katastrophe hat nicht stattgefunden« (26) - wie Gunthert überzeugend anhand des medialen Gebrauchs der Fotografien aus Abu Ghraib zeigt (»Das digitale Bild zieht in den Krieg«). Die digitale Praxis habe gezeigt, »dass die Wahrhaftigkeit des Bildes nicht von seiner Ontogenese« abhänge (33). Anstatt das Aufkommen des Digitalen als Revolution im Sinne einer harten Zäsur zu werten, zeichnet sich das Feld, das Gunthert entwirft, durch ein komplexes Zusammenspiel von Kontinuitäten, Diskontinuitäten und Verschiebungen aus. So erinnert er, dass seit dem Beginn des Jahrtausends eine Revolution des Kameradesigns oder des Zeitschriftenlayouts durch das Aufkommen digitaler Bildtechniken ganz offenbar nicht stattgefunden hat, wohingegen sich insbesondere die Möglichkeiten, Fotografie miteinander zu teilen, dramatisch vervielfacht und verändert haben.

Einen großen Anteil an den allmählichen Verschiebungen des Bildgebrauchs seit der Jahrtausendwende schreibt Gunthert einerseits der parallel aufkommenden Handy- bzw. später Smartphonetechnik, andererseits der Entwicklung von Image Hosting Websites wie Flickr zu. Die Gründung von Flickr 2004 markiere »zweifellos einen Wendepunkt in der Geschichte der Medien« (54). Gut folgen lässt sich einer solchen steilen These nicht zuletzt, weil Gunthert schreibend ein stetes Misstrauen gegenüber Verallgemeinerungen beweist, das sich in einer detailgenauen Verfolgung seiner Akteure zeigt. In »Alle Journalisten?. Die Attentate von London oder der Auftritt der Amateure« etwa widmet er sich kritisch der These der Konkurrenz des sogenannten Bürgerjournalismus zu herkömmlichen Nachrichtenmedien, die um 2005 heiß diskutiert wurde. Hier zeichnet er genau die Art und Weise nach, wie Privataufnahmen vom Schauplatz der verheerenden Attentate vom 7. Juli des Jahres auf die Titelseiten von Tageszeitungen gelangten: In einem Fall sendet Adam Stacey eine Aufnahme von seinem Handy an einen Freund, der es unter Verwendung einer Creative Commons-Lizenz auf eine von ihm betriebene Hosting-Website lädt, von der es auf Flickr und Wikinews und zuletzt vom Nachrichtensender Sky News appropriiert wird. Gunthert dekonstruiert anhand dieses und anderer Beispiele die vermeintlich klare Opposition sowie Konkurrenz von Amateuren und Profis und evoziert so eine sich zusehends komplizierende Medienlandschaft, in der Fotografien zuweilen als »parasitäre« Bilder auftreten, die Websites wie Flickr kurzerhand in Nachrichtenmedien wider Willen verwandeln. Maßgeblich für die »Destabilisierung der Bildökonomie« sei eben nicht die Sozialfigur des Amateurs, die Gunthert insbesondere in den Texten »Das parasitäre Bild« und »Ist die Fotografie noch modern?« gegen ökonomische Vorbehalte verteidigt, sondern die »neue Indizierbarkeit der digitalen Fotografie« (75) im Kontext digitaler, vernetzter Datenbanken und Archive. Besonders der namensgebende Aufsatz »Das geteilte Bild. Wie das Internet die Ökonomie der Bilder verändert hat« zeigt auf eindrückliche Weise, wie das verstärkte Aufkommen von sogenanntem User Generated Content um die Mitte der Nuller Jahre Verwerfungen in einer kommerziellen Medienlandschaft erzeugte und nicht zuletzt zu einer Kriminalisierung von Amateuren führte, die Gunthert beispielhaft für Frankreich nachzeichnet. Dabei interessieren ihn weniger die Erfolgsgeschichten von Youtube, Flickr, Facebook, Instragram und so weiter als deren Verknüpfung, aus der sich ein »kohärentes System der bildbezogenen Sozialisation« (88) entwickelt. Er gibt damit unter anderem Angebote zum Verständnis der Genese heutiger digitaler Nachrichtenmedien, die sich insbesondere durch ihre Einbindung externer Inhalte von Twitter, Youtube und anderen auszeichnen.

Auf den zentralen Paradigmenwechsel des Amateur-Bildgebrauchs »von der Kontribution zum Dialog« (95) macht »Die Kultur des Sharing oder die Rache der Vielen« aufmerksam. Wie auch in den folgenden Texten beschäftigt Gunthert hier der kommunikationsmediale Charakter digitaler Fotografie, der in Zeiten von Whatsapp, Instagram und Snapchat kaum plausibilisiert werden muss und für den er den Begriff des »dialogischen Bildes« (im Original »l'image conversationelle«) findet. Vergleichbar zu den Schriften Vilém Flussers wird hier Dialog »als Modell kultureller Produktion« gefasst, das sich durch »Egalität und Reziprozität der Interaktion« (99) auszeichnet. Entsprechend hebt Gunthert für den dialogischen Bildgebrauch besonders die Abhängigkeit einer technischen, juristischen, stilistischen oder anderweitigen Appropriierbarkeit hervor, die für die Zirkulation von digitalen Bildern grundlegend ist und in der Praxis eine eigene »Ästhetik der Appropriation« (105) begründet hat, die konservativen, distinktionsgetriebenen Ästhetiken entgegensteht und sich, wie im Fall von Memes, durch eine Betonung des Ludischen, Komischen und Lächerlichen aktiv von diesen abgrenzt. In diesem Kontext lässt sich auch das Phänomen des sogenannten Selfies begreifen, dem Gunthert den letzten Beitrag widmet und von dem er meint, es sei »nicht nur eine Erweiterung des Selbstporträts; es ist zur Standarte der machtvollen Autonomisierung kultureller Praktiken geworden, die durch den digitalen Wandel befördert werden« (171). Der Öffentlichkeit des Selfie diametral entgegengesetzt verweist er zugleich in einem ebenso kurzen wie unkonventionellen und schönen Essay auf die »Fotos, die man nicht zeigt«, »die man nicht zeigen muss, sondern die man nur mit denjenigen teilt, die man liebt, um sie dann in einer Ecke aufzubewahren, wie eine Reliquie des Glücks« (114). Auch im Selfie-Zeitalter sind die Intimität und Privatheit der Fotografie nicht verschwunden.

Mit »Das geteilte Bild« zeichnet sich André Gunthert als feinfühliger Praxeograph der digitalen Bildwelten unserer Gegenwart aus. Seit 2015 hat sich in diesen natürlich viel getan, sodass sich Leserinnen und Leser beständig zu Transfers auf die jüngste Vergangenheit aufgefordert fühlen werden. Eine weiter in die Geschichte der Fotografie, gar ins 19. Jahrhundert zurückreichende Fundierung des geteilten und dialogischen Bildes findet bis auf einen kurzen Rückbezug auf Postkarten, so lohnenswert dies wäre, nicht statt, was dem Erkenntniswert der Betrachtungen Guntherts jedoch keinen Abbruch tut. Lesenswert ist das Buch nicht zuletzt aufgrund der gewinnbringenden Verknüpfung von technikgeschichtlichen und soziologischen Interessen, denen Gunthert mit einer klar egalitären Haltung nachgeht und in seinen kritischen Analysen die Komplexität der betrachteten Situation nie einfachen Erklärungsmustern unterwirft.

André Gunthert: Das geteilte Bild. Essays zur digitalen Fotografie, Konstanz (Konstanz University Press) 2019. 172 Seiten, 49 Farbabbildungen, ISBN 978-3-8353-9110-9.

Diese Rezension ist zuerst am 15. September 2020 in sehepunkte 20 (2020), Nr. 9 erschienen.

Françoise Meltzer: Dark Lens

Reviewed by Steffen Siegel

Today, on the day, 75 years ago was the first day 'after'––at least in Europe. There are many attempts to describe the atmosphere, and for sure, the most prominent one has been the 'zero hour' (die Stunde Null). In his remarkable memoir Nach 1945. Latenz als Ursprung der Gegenwart from 2012, the German-American scholar Hans Ulrich Gumbrecht introduced a much more convincing metaphor: 'latency.' (An English translation is available from Stanford UP as After 1945. Latency as Origin of the Present). I am not an avid fan of Gumbrecht's writings, but this book, in particular, is brilliant.

I said 'more convincing'––but, in fact, how could I possibly know? It is the question Françoise Meltzer raises in her book Dark Lens. Imagining Germany, 1945. It just came out with The University of Chicago Press. Meltzer, who has been teaching Critical theory in Chicago, takes a very personal point of departure: Her French mother Jeanne Dumilieu––during the war a member of the Résistance in Paris and, after the war, living as an American diplomat's somewhat bored wife in Bonn––took photographs of the terribly destroyed Germany. For the very first time, Meltzer (who was born in 1947) is presenting an archive of cityscapes that trigger mixed emotions: mourning, compassion, feelings of well-deserved retribution, maybe even schadenfreude.

At least this is what Meltzer reckons as a possible spectrum of reactions, taking place in 1945 as well as nowadays. She is touching upon the intricate question of how to behold (and judge) German civilians in their bomb-gutted cities: Were they criminals or victims? Can we even generalize? Is there any space for empathy? It goes without saying: there are no simple answers. Meltzer is tackling these questions by studying texts (by Hannah Arendt, Stig Dagerman, Margaret Bourke-White, Gertrude Stein, and others), paintings (Karl Hofer, Pablo Picasso, Anselm Kiefer), and photographs. Dumilieu's pictures cover the latter part––a compelling album that deserves much more attention.

Françoise Meltzer: Dark Lens. Imagining Germany, 1945, Chicago, London (The University of Chicago Press) 2019. 240 p., 4 color plates, 41 halftones.

Julian Barnes: The Man in the Red Coat

Reviewed by Steffen Siegel

Whoever went shopping at one of the Félix Potin grocery stores, at the beginning of the 20th century, had a chance to take more at home than milk or baguettes. Between 1898 and 1922, the company issued hundreds of photographic pictures in a total of three series. This method of customer retention dates back to the mid-19th century. Invented by the Paris department store »Au Bon Marché«, it became popular in the decades to come. In Germany, especially the Liebig picture cards gained considerable popularity. However, Félix Potin's pictures were unique in two ways: firstly, they were photographs (whereas most comparable collections leaned on drawings), and secondly, they were dedicated exclusively to the celebrities of the time: politicians, scientists, actors, composers, writers, etc.

The recently published book »The Man in the Red Coat« by the British writer Julian Barnes already expresses in its title a strong interest in the visual arts, particularly in one painting: John Singer Sargent’s »Dr. Pozzi at Home from 1881, now in possession of the Armand Hammer Foundation in Los Angeles. Based on this marvelous portrait, Barnes drafts a biography of the famous French gynecologist Samuel Pozzi. A pioneer in his profession, he was, of course, part of the Collection Félix Potin. However, the doctor is only the anchor for a much larger story, and this is an utterly fascinating one: Barnes reconstructs the Parisian society of the Belle Époque: its web of personal relationships, the intrigues and duels, friendships and enmities, all being part of a world long gone.

To get an overview here, you may have to be an expert on this period –– or an avid reader of Marcel Proust’s »À la recherche du temps perdu« (which is a good idea in the first place). However, Barnes leans on another means to guide his readers. All these little pictures from the Collection Félix Potin are printed on the endpaper, and they are scattered throughout the text. The book is a meditation on the possibilities of portraiture and how––if possible––to make the past present. In those days, it was probably mainly children who chased after the small picture cards. Today, it is up to us to capture with these carte de visite portraits, at least mentally, a compelling epoch.

Julian Barnes: The Man in the Red Coat, New York (Alfred Knopf) 2020. 275 p., various illustrations.

Phyllis Rose: Alfred Stieglitz

Besprochen von Steffen Siegel

Alfred Stieglitz hatte wirklich kein Interesse. Weder wollte er mit eigenen Bildern an der Ausstellung teilnehmen, und schon gar nicht wollte er, dass man ihm den Katalog widmen würde. Mit welchem Blick er dies dem Bibliothekar des Museum of Modern Art in New York mitgeteilt hat, lässt sich denken, wenn wir jenes Porträt ansehen, das Imogen Cunningham 1934 von dem siebzigjährigen Stieglitz aufgenommen hat. Ein zugeknöpfter Herr, dem beides gleichermaßen gegeben scheint: sich hinter seinen Brillengläsern zu verstecken und neugierig sein Gegenüber zu mustern. Dass wir es nicht mit einem verkniffenen Konservativen zu tun haben, sondern mit einem der einflussreichsten Fürsprecher der US-amerikanischen Kunst seiner Gegenwart, wird von der Fotografin mehr als nur beiläufig angedeutet: Stieglitz steht vor einem Gemälde seiner Lebensgefährtin Georgia O’Keeffe, deren Werk längst zum Kanon der amerikanischen Moderne zählt.

Beaumont Newhall, der als junger Bibliothekar den Auftrag erhielt, die Ausstellung »Photography, 1839–1937« zu kuratieren, konnte wohl nicht wissen, dass er mit seiner doppelten Bitte um Bilder und Ehrenpatronage bei Alfred Stieglitz an der falschen Adresse war. Auf noch immer beeindruckende Weise war Stieglitz ein Mann der Tat, der nicht darauf wartete, dass sich Institutionen für die ihn interessierenden Dinge erwärmen würden. Das 1929 eröffnete Museum of Modern Art musste ihm wie ein »new kid on the block« vorgekommen sein — zu diesem Zeitpunkt war Stieglitz bereits mehr als ein Vierteljahrhundert als Künstler, Galerist, Kurator und Publizist tätig. Dass das MoMA nun ausgerechnet mit einer Retrospektive eröffnet hatte, die den französischen Impressionisten gewidmet war, kam ihm wohl sogleich doppelt falsch vor: längst etablierte Kunst und zudem aus Frankreich. Cunningham hatte Stieglitz in seiner Galerie porträtiert, und die hieß nicht zufällig »An American Place«.

So bedeutend Stieglitz’ Rolle für die amerikanische und vor allem New Yorker Kunst der Moderne ist, so umfangreich, ja unüberschaubar ist auch die Literatur zu ihm. Wenn daher jetzt bei Yale University Press eine weitere und mit 260 Seiten eher schmale Biografie erscheint, dann liegt die Frage nahe: Warum? Eine Antwort könnte sein, dass das Buch in der Reihe »Jewish Lives« erschienen ist (diese Serie gibt es schon eine ganze Weile, bereits erschienene Titel reichen von Moses bis Harvey Milk, angekündigt sind weitere Bände von Jesus bis Bob Dylan). Allerdings widmet Phyllis Rose dem speziell Jüdischen in Stieglitz’ Leben kaum mehr als einige wenige Zeilen, und diese betreffen eher die deutsch-jüdische Herkunft seines Vaters. Nach Lektüre dieser Biografie liegt eine andere Antwort auf der Hand: weil ganz einfach bislang eine leicht fassliche, gut lesbare und präzise zuspitzende Gesamtdarstellung zu Leben und Werk von Alfred Stieglitz gefehlt hat. Gerade das aber leistet Phyllis mit ihrem Buch.

Man tut der Autorin kein Unrecht, wenn man behauptet, dass sie das Rad in Sachen Stieglitz-Forschung nicht noch einmal neu erfunden hat. Sie schließt an umfangreiche Darstellungen an, vor allem an die Publikationen von Sarah Greenough (der weltweit wohl besten Stieglitz-Kennerin), Richard Whelan und Katherine Hoffman. Dabei aber präpariert sie ein Bild von Stieglitz, das beides auf gleiche Weise einfängt: einmal seinen erstaunlich weiten Weg, den er als Künstler vom fotografischen Impressionismus zur Abstraktion genommen hat, sodann aber seine Rolle als Anwalt der modernen amerikanischen Kunst. Gerade die jüngere Forschung hat für eine missliche Schieflage in der Wahrnehmung von Stieglitz’ Leistungen am Kunstmarkt gesorgt: Weder seine Galerie »291« (die genau besehen ein Gemeinschaftswerk mit Edward Steichen war) noch die von ihm herausgegebene Zeitschrift »Camera Work« sind singuläre Institutionen. Vielmehr müssen sie im Zusammenhang eines ganzen Lebenswerkes betrachtet werden — Publizieren und Kuratieren waren zwei Handlungsmodi, von denen Stieglitz fast sein gesamtes Leben lang nicht ablassen konnte oder wollte.

Besteht eine erste Stärke des von Phyllis Rose verfassten Lebensbildes darin, solche roten Fäden auf anschauliche Weise freizulegen, so wird eine zweite Stärke immer dann deutlich, wenn einzelne Werke genauer betrachtet werden. Als Fotograf hat Stieglitz verschiedene Bilder geschaffen, die längst schon in einer Weise kanonisiert sind, dass man sie oft genug gesehen zu haben glaubt: »Paula« (1889) etwa oder »The Terminal« (1893), »The Flatiron« (1902), »The Steerage« (1907), die Aktphotographien Georgia O’Keeffes (1918) und allemal jene »Equivalents« (1925–1934), die seit der poststrukturalistischen Interpretation von Rosalind Krauss auch in den (Foto-)Theorie-Kanon eingegangen sind. Bei Rose erhalten alle diese Bilder in ausführlichen Einzeldarstellungen das Streiflicht der biografischen Information, und das ist — obwohl methodisch gewiss nicht all zu anspruchsvoll — überraschend erhellend.

Vielleicht war es ja tatsächlich so, dass Newhall zur Mitte der 1930er Jahre den denkbar schlechtesten Zeitpunkt erwischt hatte, als er Stieglitz für seine Ausstellung im MoMA anfragte. Der Fotograf und Galerist muss selbst gespürt haben, dass über ihn die Zeit hinwegzugehen begann. So betonte etwa der junge Walker Evans, seine Karriere gerade im Widerspruch zu Stieglitz’ ästhetischen Prämissen entwickeln zu wollen. Dass Newhalls Versuch einer mit den Mitteln des Museums geführten Fotogeschichte in einem Katalog münden würde, der bald schon das Standardlehrbuch zum Gegenstand werden sollte, konnten aber weder Newhall noch Stieglitz wissen. Eine grundlegend überarbeitete Fassung des Katalogs erschien 1949 (und in mehreren Auflagen noch fast vierzig Jahre lang) unter dem Titel »The History of Photography from 1839 to the Present Day«. Stieglitz ist hier nicht allein mit zwei Abbildungen vertreten und wird im Text ausführlich gewürdigt. Newhall hat sich außerdem die Freiheit genommen, drei Jahre nach Stieglitz’ Tod diesem die Neuausgabe zu widmen.

Phyllis Rose: Alfred Stieglitz. Taking Pictures, Making Pictures, New Haven, London (Yale University Press) 2019. 260 Seiten, 89 Schwarz/Weiß-Abbildungen.

Roland Meyer: Operative Porträts

Besprochen von Steffen Siegel

In seinem kurzen, 1951 geschriebenen Essay »Kafka y sus Precursores« macht Jorge Luis Borges auf eine ebenso einfache wie gewichtige Tatsache aufmerksam: Von jedem neuen Heute aus lässt sich Geschichte neu perspektivieren. Denn alles Neue hängt nicht allein von dem ab, was ihm vorausgeht; es nimmt vielmehr auch selbst rückwirkend Einfluss auf seine eigene Vorgeschichte. Wenn Borges also nach den Vorläufern Kafkas sucht und dabei dessen literarische Eigentümlichkeit etwa in chinesischen Texten des 8. Jahrhunderts oder bei Sören Kierkegaard entdeckt, dann ist dies kein Rückschaufehler: Es wird vielmehr deutlich, wie sich mit der Lektüreerfahrung Kafkas die ihm voraus gehende Literaturgeschichte noch einmal neu betrachten lässt. Jeder neue Gegenwart konstituiert auch eine neue Vergangenheit.

In diesem Sinn ist es gewiss nicht zu viel behauptet, wenn man sagt: Das jüngst erschienene Buch »Operative Porträts. Eine Bildgeschichte der Identifizierbarkeit von Lavater bis Facebook« des Kunst- und Bildhistorikers Roland Meyer konnte so, wie es nun vorliegt, erst in unserer eigenen Zeit geschrieben werden. Biometrische Passbilder sind inzwischen fest in unseren Erfahrungshaushalt eingewandert. In offiziellen Dokumenten sind sie längst Pflicht, und die auf den Ämtern aushängenden Anweisungen, wie solche Bilder korrekt einzurichten seien, entbehren nicht einer unfreiwilligen Komik. Dass die Sache nicht wirklich zum Lachen ist, wissen wir allerdings auch: Das fotografische Bild vom eigenen Gesicht besitzt inzwischen den Rang einer Währung, die man mit sich führen muss, wenn man Auto fahren, eine Grenze passieren oder wählen gehen will. Für eben diese Bilder hat Meyer den Begriff »Operative Porträts« geprägt, und er untersucht in seinem Buch die Geschichte einer solchen Operationalisierung des individuellen Bildnisses für politische, ökonomische, kriminologische, epistemische etc. Zwecke.

Meyers gewichtige Studie wartet mit zwei Überraschungen auf: Zum einen greift er für die Rekonstruktion der »Precursores« erstaunlich weit zurück — bis hin zu der vom Schweizer Johann Caspar Lavater um 1770 angestoßenen Mode der physiognomischen Lektüre von Silhouetten. Und zum anderen machen die Kapitel dieses Buches ein ums nächste Mal deutlich, wie unpraktisch doch eigentlich das Porträt für die Zwecke der Verwaltung und Ordnung, Überwachung und Reglementierung von Individuen ist. Diese Bilder zeigen zu viel und zu wenig zugleich, mit Bezug zu den Dargestellten sie sind nicht hinreichend flexibel, vor allem aber seit die Fotografie als Leitmedium solcher Interessen auftrat, gab es ein quantitatives Problem: Die schiere Zahl an verfügbaren Bildern überstieg rasch jenes Maß, das sich sinnvoll auswerten ließ. So gesehen ist die Geschichte der »Operativen Porträts« vor allem eine Geschichte ihrer Operationalisierungen. In den Blick gelangt daher in Meyers Buch gar nicht so sehr die Ästhetik dieser Bildnisse als vielmehr das breite Spektrum von Kulturtechniken ihrer Bearbeitung.

Ganz im Sinn von Borges’ Interesse an den »Precursores« fragt auch Meyer danach, was den uns all zu gut vertrauten Ideen bildtechnologischer Identifizierbarkeit historisch vorausgeht. In zwölf Kapiteln wird dabei ein Panorama entfaltet, das sich wie eine andere Geschichte des Porträts im Zeitalter seiner technischen Operationalisierbarkeit liest. Wenigstens den Fachleuten wird manches dabei bestens vertraut sein — die Kapitel zu Disdéri, Lombroso, Galton oder Bertillon etwa sind konzise Abrisse des Forschungsstands (doch wer gute Einführungen zu diesen wichtigen Bildgeschichten sucht, ist hier gerade richtig). Andere Aspekte sind eher lose mit dem Thema verknüpft — von einem profunden Beitrag Alexander Rodschenkos, August Sanders oder Andy Warhols zur Geschichte der »Operativen Porträts« wird man eher nicht sprechen müssen. Dann aber gibt es wieder Kapitel, die eine wirklich neue Perspektive entfalten: Die den historischen Teil des Buches eröffnende Diskussion zu Lavater und schließlich auch das Resümee mit Analysen zu Gilles Deleuze/Félix Guattari und zu Roland Barthes sind brillante Lektüren.

Doch wird solche Rosinenpickerei der Anlage des Buches als Ganzes nicht gerecht. Denn Meyers Interesse liegt in eben jenem historischen Vektor, der sich in Borges’ Gedankenexperiment vorgezeichnet findet: Was lässt sich über eine wenigstens in manchen Teilen recht gut untersuchte Bildgeschichte des Porträtgebrauchs sagen, wenn wir diese Frage gerade heute stellen? Wenn wir uns also dafür in einer Zeit interessieren, in der die »Gesichterflut« längst eine prekäre politische Dimension erlangt hat, dass sie unser legitimes Bedürfnis auf Privatheit verletzt? In Meyers Studie zieht sich diese Geschichte zu einer auf fatale Weise konsequenten Zwangsläufigkeit zusammen, ohne dass der Autor diese Zusammenhänge forcieren müsste. Überhaupt aber fällt bei der Lektüre dieses Buches auf, wie unaufgeregt hier eine Geschichte präsentiert wird. Alarmismus ist Meyers Sache glücklicherweise nicht — dafür aber eine stilistische Präzision und sprachliche Eleganz, für die allein es sich lohnt, dieses Buch zu lesen.

Roland Meyer: Operative Porträts. Eine Bildgeschichte der Identifizierbarkeit von Lavater bis Facebook, Konstanz (Konstanz University Press) 2019. 468 Seiten, 80 s/w-Abbildungen. 978-3-8353-9113-0