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Julius Barghop: Just Man

Julius Barghop: Just Man, 2021.

In diesem Frühjahr hat Julius Barghop mit seinem Buch »Just Man« erfolgreich sein Studium im B.A. Fotografie abgeschlossen. Das Buch im Format 24 cm × 33,5 cm und mit 130 Fotografien umfasst 264 Seiten. Produziert wurde es im Digitaldruck in einer Auflage von 15 Exemplaren.

Julius Barghop schreibt über die Idee seines Buch: Die Arbeit »Just Man« ist eine Annäherung an die neoliberale Stadt, eine Bewegung durch ihre Büro- und Bankenviertel, entlang repräsentativer Monumente von Macht und Erfolg. In dieser Stadt erstreckt sich der Raum als ständige Wiederholung der immer selben Motive. In ihr gibt es kein Entrinnen, keinen Punkt, der Halt bietet. Als einziges Gegenüber verbleibt die Oberfläche, die steinerne Mauer, die den Blick versperrt. »Just Man« ist eine Untersuchung der Bildwelt dieser modernen Stadt und stellt die Frage, was in ihr sichtbar und erfahrbar bleibt.

Zugänge – Was soll Fototheorie leisten?

Begleitend zur Ausstellung Stopover 20/21 im UG des Museum Folkwang veranstalten die Studierenden des M.A. Photography Studies and Research am 7. Mai 2021 einen öffentlichen Workshop. Im Zentrum der eintägigen Veranstaltung stehen »Zugänge«. Mit ihnen verbindet sich eine wichtige Frage: »Was soll Fototheorie leisten?«

Auf Einladung der Master-Studierenden werden zwei Keynotes gehalten werden: zum einen vom Kunst- und Medienwissenschaftler Dr. Roland Meyer, der vor Kurzem mit seiner Monografie »Operative Porträts: Eine Bildgeschichte der Identifizierbarkeit von Lavater bis Facebook« hervorgetreten ist; darüber hinaus hat er soeben seine Studie »Gesichtserkennung: Digitale Bildkulturen« veröffentlicht. Zum anderen wird die Kunsthistorikerin Vera Tönsfeldt sprechen, die seit 2019 beim Rom e.V. tätig ist. Seit Beginn dieses Jahres führt sie dort zusammen mit zwei Kolleginnen das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt DigiRom durch. Ziel dieses Projekts ist die Digitalisierung, Erschließung und kritische Erforschung von rund 2.360 historischen Bildpostkarten und 1.225 historischen Grafiken aus dem Bestand des Rom e.V. Sie wird ihren Vortrag gemeinsam mit Helena Weber halten, die als Fotohistorikerin wissenschaftliche Referentin für das Projekt DigiRom tätig ist.

Neben den drei Gästen sprechen Özlem Arslan, Judith Böttger, Isabelle Castera und Jakob Schnetz. Unter der Leitfrage des von Judith Böttger und Laura Niederhoff moderierten Workshops geben sie Einblick in ihre aktuelle Forschungsarbeit. Judith Böttger wird mit den im UG ausstellenden Fotografinnen und Fotografen einen Artist Talk führen.

Die Veranstaltung wird online stattfinden. Eine Anmeldung durch eMail ist bis zum 4. Mai 2021 möglich.

Timm Rautert: Fotobücher

Seit seinem Studium an der Folkwangschule in Essen-Werden, das heißt seit den späten 1960er Jahren, hat sich der Fotograf Timm Rautert intensiv mit den Zeigemöglichkeiten des Fotobuchs auseinandergesetzt. Ob in den Werkkatalogen von Franz Erhard Walther oder in Form der gesammelten, gemeinsam mit Michael Holzach erarbeiteten Reportagen, ob in den zusammen mit Otl Aicher entwickelten Bänden oder in den Ausstellungskatalogen und konzeptuellen Künstlermonografien, das Medium des Buches hat die fotografische Arbeit von Timm Rautert in den letzten fünfzig Jahren nicht allein begleitet, sondern auf intensive Weise geprägt. Auf diese Weise sind mehr als fünfzig Bücher entstanden.

Anlässlich der am Museum Folkwang ausgerichtete Retrospektive »Timm Rautert und die Leben der Fotografie« werden am 6. Mai 2021 Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie, und Jan Wenzel, Verleger von Spector Books Leipzig, über diese besondere Dimension in Timm Rauterts fotografischen Werk sprechen. Anhand ausgewählter Bücher – darunter die verschiedenen Ausgaben der »Bildanalytischen Photographie« und die Gemeinschaftsprojekte mit Aicher – sollen Rauterts ästhetische Strategien insbesondere aus dem Blickwinkel des Fotobuchs diskutiert werden.

Ausgangspunkt des Gesprächs ist dabei ein weiteres Buch, an dem Steffen Siegel und Jan Wenzel gegenwärtig arbeiten und das im Herbst dieses Jahres erscheinen wird: eine monografische Zusammenschau von Rauterts Fotobüchern. Idee und Struktur dieses Buch sollen anlässlich dieses Gesprächs erstmals öffentlich vorgestellt werden.

Das Gespräch findet statt am Donnerstag, den 6. Mai 2021 ab 19 Uhr. Die Teilnahme ist kostenfrei. Der Zugangslink zur Online-Veranstaltung wird zugesandt nach einer Anmeldung per eMail.

Drei neue Stipendiat:innen im Förderprogramm »Museumskuratoren für Fotografie«

Nadine Isabelle Henrich, Matthias Pfaller und Marie-Luise Mayer bei der ersten Besprechung mit der Krupp-Stiftung, April 2021.

Seit 1999 schreibt die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung alle zwei Jahre das Stipendien­programm Museumskuratoren für Fotografie, und in diesem Jahr stammen zwei der drei geförderten Kurator*innen der nächsten Generation von der Folkwang Universität der Künste. Hierüber freuen wir uns natürlich sehr! Neben Nadine Isabelle Henrich von Freien Universität Berlin wurden Marie-Luise Mayer und Matthias Pfaller ausgezeichnet. Marie-Luise Mayer schloss 2020 ihren Master in unserem Programm Photography Studies and Research ab. Matthias Pfaller ist derzeit noch an der Folkwang Universität der Künste als Doktorand eingeschrieben, wo er die von ihm bereits eingereichte Dissertation »The National Paradigma s a Provocation to the Historiography of Photography. Chile as a Case Study« in Kürze verteidigen wird.

Im Rahmen eines umfassenden Auswahlverfahrens entschied sich eine Jury, bestehend aus Dr. Kathrin Schönegg, Kuratorin, C/O Berlin und ehemalige Stipendiatin des Programms, Dr. Doris Gassert, Research Curator am Fotomuseum Winterthur in der Schweiz, Dr. Ulrich Pohlmann, Leiter der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums, Thomas Seelig, Leiter der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwangs und Dr. Ingomar Lorch, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung in Essen, für zwei Stipendiatinnen und einen Stipendiaten, die bereits erste Erfahrungen im Bereich der Fotografie gemacht haben.

Die Krupp-Stiftung fördert die Stipendien mit jeweils rund 55.000 Euro und arbeitet dabei mit der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang, Essen, der Sammlung Fotografie im Münchner Stadtmuseum, dem Fotomuseum Winterthur, dem Getty Research Institute, Los Angeles, dem Centre Georges-Pompidou, Paris, und dem Victoria and Albert Museum, London zusammen. Im Verlauf des Stipendienprogramms haben die Stipendiat*innen die Möglichkeit, für jeweils sechs Monate an den drei Partnermuseen in Deutschland und der Schweiz und einer der drei kooperierenden Einrichtungen im Ausland eine museumsspezifische Ausbildung zu erhalten und mindestens an einem Ausstellungsprojekt oder Forschungsvorhaben zur Fotografie mitzuarbeiten. Bestandteil des Programms ist auch die selbstständige Organisation und Durchführung eines Symposiums oder Workshops zu besonderen Fragestellungen der Fotografie.

HfG Ulm: Ausstellungsfieber

»Gestaltung ausstellen. Die Sichtbarkeit der HfG Ulm« heißt ein auf vier Jahre angelegtes Forschungsprojekt, das seit 2017 von der VolkswagenStiftung gefördert und gemeinsam von Martin Mäntele (HfG-Archiv Ulm), Thomas Hensel (Hochschule Pforzheim) und Steffen Siegel (Folkwang Universität der Künste Essen) geleitet wird. Im Rahmen dieses Projekts entstanden zwei Dissertationen, die Christopher Haaf und Linus Rapp im Sommer 2020 im Promotionsprogramm zur Theorie und Geschichte der Fotografie erfolgreich verteidigt haben und die in wenigen Monaten als Bücher erscheinen werden.

Bereits zuvor aber wird im HfG Archiv Ulm die Ausstellung »HfG Ulm: Ausstellungsfieber« zu sehen sein, die wichtige Ergebnisse des Forschungsprojekts öffentlich vorgestellt und Viktoria Heinrich gemeinsam mit Christopher Haaf und Linus Rapp kuratiert hat. Die Laufzeit der Ausstellung ist vom 1. Mai bis zum 19. September 2021, danach werden weitere Stationen im deutschsprachigen Raum folgen.

Erstmals wird mit dieser Ausstellung der die Geschichte der HfG Ulm prägende Zusammenhang von Design und Ausstellungen ausführlich thematisiert. Die Präsentation soll einen neuen Blick auf die Designhochschule im internationalen Kontext ermöglichen. Im Mittelpunkt steht dabei die Ausstellungstätigkeit der HfG, die wesentlich zu ihrer weltweiten Wahrnehmung beitrug. Die zahlreichen Schul- und Auftragsausstellungen, die zwischen 1953 und 1968 von der HfG konzipiert und im In- und Ausland präsentiert wurden, finden dabei besondere Beachtung. An der HfG nutzte man neben hochschulinternen Ausstellungen aber auch Messeauftritte großer Firmen — zum Beispiel für Braun, BASF oder SONOR — als Experimentierfeld, um Ausstellungssysteme zu konstruieren und zu testen. Industriell gefertigte Messe- und Ausstellungssysteme etablierten sich in den 1960er Jahren zum Standard, die Ausstellungen der HfG tragen einen wichtigen Teil zu dieser Entwicklung bei.

Unveröffentlichte Quellentexte und historisches Material, darunter Ausstellungsstände, Systementwürfe sowie Fotografien, werden in der Ausstellung diese Entwurfs- und Ausstellungspraxis veranschaulichen. Ein von den Projektleitern herausgegebener und die beiden Monografien begleitender Materialband wird dabei wichtige Text- und Bildquellen erstmals überhaupt öffentlich zugänglichen machen. Begleitet sind sie von einem umfassenden Glossar, das dieses faszinierende Material aufschließen hilft.

Elisabeth Neudörfl: Out in the Streets

Elisabeth Neudörfl: Demonstrationsroute (9. Juni, 12. Juni, 16. Juni, 21. Juni, 24. Juni, 26. Juni, 1. Juli 2019), Yee Wo Street / Leighton Road, Causeway Bay, Hong Kong. Aus der Serie »Out in the Streets«, 2021.

In diesem Frühjahr zeigt Elisabeth Neudörfl, Professorin für Dokumentarfotografie, in der Galerie Barbara Wien erstmals ihre fotografische Serie »Out in the Streets«. Die Ausstellung eröffnet während des Gallery Weekends in Berlin und wird bis Anfang Juli zu sehen sein. Für die Ausstellung hat Neudörfl insgesamt 35 Fotografien ausgewählt, darüber hinaus erscheint im Juni bei Hatje Cantz ein Künstlerinnenbuch mit insgesamt 96 Bildern.

»Out in the Streets« ist eine umfassende fotografische Bestandsaufnahme des öffentlichen Stadtraums in Hongkong im Frühjahr 2020. Elisabeth Neudörfl reiste im Februar 2020 nach Hongkong, um den Zustand der Stadt nach dem Abflauen der Demokratiebewegung und am Beginn der Corona-Pandemie festzuhalten. Sie hat auf den Demonstrationsrouten und an den Universitäten fotografiert. Aber nicht nur hier, an den Orten der studentischen Proteste, auch in anderen Stadträumen erscheint Hongkong als dystopische Stadt: geschlossene Läden, Straßen ohne Verkehr, menschenleere Metrostationen. Vor allem Graffiti und übermalte Graffiti spiegeln die Auseinandersetzungen und die Veränderungen in der Stadt. Die Fotografien bezeugen einen Moment in der Geschichte Hongkongs – den gespenstischen Ausnahmezustand zwischen Protest und Pandemie.

Der historische Kontext Hongkongs wird in wenigen Bildern mit Fotografien der Kolonialarchitektur angedeutet; den Hauptteil bilden die Fotografien von Demonstrationsrouten und Universitätsgelände. Ein anderer Teil, sowohl in der Ausstellung als auch im Buch, sind ein Video und Standbilder, die zeigen, wie ein Kalligrafiepinsel die chinesischen Zeichen für Hongkong und ein Graffito aus dem Stadtraum schreibt. Neudörfl hat eine Actionkamera an dem Pinsel befestigt. Der Blick folgt dem Pinsel, der immer am rechten Rand ins Bild hineinragt. In dieser Versuchsanordnung prallen ganz unterschiedliche Momente aufeinander: Graffiti werden schnell geschrieben, möglichst unerkannt. Bei der Kalligrafie geht es um das präzise Setzen jedes einzelnen Strichs. Actionkameras werden für schnelle, spektakuläre, raumgreifende Bewegungen eingesetzt. Hier verlassen Pinsel und Kamera den Tisch mit dem Papier nicht, die Bewegungen sind langsam. Die Konzentration der Kalligrafie steht sowohl dem Ephemeren der Graffiti als auch der »Action« der Actionkamera entgegen. Das langsame Schreiben verweist auf die Bedeutung solcher Slogans und Texte, die für die Kommunikation im Stadtraum wichtig sind.

Stopover 20/21 im Museum Folkwang

Wie in jedem Jahr präsentieren auch in diesem Wintersemester die Studierenden des Masterprogramm Photography Studies and Practice im dritten Semester ihre fotografischen Arbeiten im UG des Museum Folkwang. »Stopover« zeigt keine fertigen Abschlussarbeiten, vielmehr sollen Einblicke in aktuelle Entstehungsprozesse gewährt werden. Zu sehen sind daher Zwischenstadien einer künstlerischen Entwicklung: von der intensiven Beschäftigung mit einem speziellen Thema bis hin zur experimentellen Bildfindung.

Bei der Vorbereitung der Ausstellung arbeiten die Studierenden der beiden Master-Programme aus Praxis und Theorie eng zusammen. Die Kooperation zwischen der Folkwang Universität und dem Museum Folkwang ermöglicht es allen an der Ausstellung Beteiligten, bereits während des Studiums die institutionelle Abläufe innerhalb eines Museums umfassend kennenzulernen.

In der Ausstellung zu sehen sind Arbeiten von Lea Bräuer, Florian Fäth, Silviu Guiman, Amy Haghebaert, Xiaole Ju, Elena Kruglova, Rebecca Racine Ramershoven, Rosa Lisa Rosenberg, Samuel Solazzo, Anne-Christin Stroje und Julia Tillmann.

Nach langem Warten konnte das Museum Folkwang ab dem 11. März seine Türen öffnen, und damit ist neben allen anderen Ausstellungen »Stopover« nicht allein zu sehen, sondern wurde auch bis zum 27. Juni verlängert! Der Eintritt ist frei. Es gelten selbstverständlich die vom Museum Folkwang festgelegten Hygienebestimmungen.

Erste Blicke gibt es auch auf Instagram und Twitter.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Textbeiträgen von Özlem Arslan, Judith Böttger, Isabelle Castera, Laura Niederhoff, Jakob Schnetz und Paul Werling.

Darüber hinaus richten die Studierenden des Masters Photography Studies and Research unter dem Titel »Zugänge – Was soll Fototheorie leisten?« am 7. Mai 2021 einen ganztägigen Workshop aus. Er soll dazu dienen, anlässlich der Ausstellung Fragen zum Zusammenhang von digitalen Bildkulturen und Diversity zu diskutieren.

Rosa Lisa Rosenberg stellt im Walzwerk Null aus

Rosa Lisa Rosenberg: Dystopian Tree, 2018.

Gemeinsam mit Kristina Lenz von der KHM in Köln zeigt gegenwärtig Rosa Lisa Rosenberg – Studentin des M.A. Photography Studies and Practice an der Folkwang Universität – im Walzwerk Null ihre Arbeit »Myths of the near future«. Die Ausstellung der beiden Künstlerinnen ist Teil der Reihe »photographic works«, in der stets aktuelle fotografische Positionen gegenüberstellt werden. Es ist eine Plattform für und über Fotografie, die an jeweils unterschiedlichen Orten Fotokünstler*innen aus unterschiedlichen Städte und von verschiedenen Hochschulen miteinander vernetzen soll. Durch den gemeinsamen Austausch über die Werke, deren Präsentationsform und den daraus resultierenden Wirkungsweisen rückt der Entstehungsprozess der Ausstellung verstärkt in den Fokus.

Rosa Lisa Rosenberg hat mit der Arbeit »Myths of the near future« im Jahr 2018 in Dortmund ihren Bachelorabschluss erworben. Im selben Jahr war sie Gewinnerin des Jugendfotopreises in der Kategorie »Imaging und Experimente« sowie des Publikumpreises mit ihrem Fotobuch »absence«. Seit 2019 studiert sie an dser Folkwang Universität der Künste in Essen. Im Rahmen der jährlich stattfindenden Stopover-Ausstellung unserer beiden Masterprogramm stellt sie derzeit zudem ihre neue Serie »Half Asleep Not Far from Fading« im UG des Museum Folkwang aus. Dabei setzt sie sich thematisch mit anderen Welten und Wahrnehmungen in künstlerisch-konzeptioneller Weise auseinander.

Die im Walzwerk Null in Düsseldorf ausgestellte Arbeit »Myths of the near future« besteht aus einer Installation und einem Magazin. Rosa Lisa Rosenberg selbst schreibt hierzu: »Eine ferne Zukunft – womöglich noch auf unserer Erde. Der Körper befindet sich im Begriff der Auflösung, er verschwindet. Das ist die Welt, die in der Arbeit „Myths of the near future“ inszeniert wird. Ausgehend von der heutigen Entwicklung aktueller Technologien, in der menschliche Kommunikation immer mehr über digitale Medien vermittelt wird, wird eine Zukunft erschaffen, in der der Körper nicht mehr gebraucht wird und sich deshalb im Zustand der Auflösung befindet.«

Zu sehen sein wird die Ausstellung noch bis zum 1. Mai 2021 im Walzwerk Null in Düsseldorf (Walzwerkstraße 14). Aus gegebenem Anlass wird darum gebeten, sich für den Besuch per eMail anzumelden.

Samuel Solazzo's work at »Der Greif«

Samuel Solazzo: Collages 13, 2021.

Samuel Solazzo, a student in our M.A. program Photography Studies and Practice, is currently participating in our annual exhibition Stopover at Museum Folkwang. His work »Future Remnants of What Has Been« consists of collages that bridge the photographic and the sculptural. Furthermore, he is now presented on the website of the photo magazine Der Greif. Each week, the magazine features a single artist and his or her work as part of an ongoing series of noteworthy new photographic endeavors.

Samuel was born in 1993 and has been studying at the Folkwang University of the Arts since 2019. Before coming to Essen, he received a B.F.A. in Visual Communication at the Bauhaus University in Weimar. Furthermore, he is one of the publishers of the award-winning photo-zine KORRELATIONEN which has been published since 2018.

Ein Gespräch mit Erdmut Wizisla

1955 wurde Bertolt Brechts »Kriegsfibel« erstmals in der DDR veröffentlicht. 1996 erschien Michael Schmidts Künstlerbuch »Ein-heit« im wiedervereinten Deutschland. Beide Publikationen setzen sich mit der deutschen Geschichte, insbesondere des Zweiten Weltkrieges, auseinander und untersuchen anhand von Medienbildern die Aussagekraft von Fotografie. Prof. Dr. Erdmut Wizisla, Leiter des Bertolt-Brecht-Archivs sowie des Walter-Benjamin-Archivs an der Akademie der Künste in Berlin, und Maxie Fischer, Doktorandin an der Folkwang Universität der Künste, haben im August 2020 ein Gespräch über die Bücher und die wissenschaftliche Arbeit mit Archivmaterial geführt. Erschienen ist es gerade eben in der jüngsten Ausgabe von Fotogeschichte, Nr. 159/2021, das sich als Themenheft neuen Perspektiven der Fotobuchforschung widmet.

Weiterblättern!

Was im Juli 2019 als ein Workshop begann, ist nun als ein Themenheft der Zeitschrift »Fotogeschichte« erschienen: »Weiterblättern!« heißt die Aufforderung, denn es geht um »Neue Perspektiven der Fotobuchforschung«. Herausgegeben wurde es von Anja Schürmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am KWI, dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen, sowie im Sommersemester 2021 mit einem Seminar zum zeitgenössischen Fotobuch Lehrbeauftragte an der Folkwang Universität und Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste.

Neben einem ausführlichen Editorial der Herausgeberin und des Herausgebers werden in insgesamt sechs Beiträgen die Möglichkeiten neuer Perspektiven der Fotobuchforschung diskutiert. Sie kann ihren Ausgang nehmen von den populären Katalogbüchern zur Geschichte und Gegenwart des Fotobuchs, sollte diesen Sammlungen nun aber mit systematischen Forschungsinteressen antworten. Mit dem »Weiterblättern!« verbindet sich zugleich die Aufforderung, mehr als einzelne Fotobücher zu untersuchen und so diese fotografische Zeigeform in ihrem größeren Zusammenhang in den Blick zu nehmen.

Die Beiträge des Themenheftes stammen von Bettina Lockemann, die über performative Aspekte des Fotobuchs schreibt, von Anja Schürmann, die für das Fotobuch die Vielfalt von Perspektiven untersucht, von Sophia Greiff, die in ihrem Beitrag der Rolle von Dokument und »Found Footage« nachgeht, von Burcu Dogramaci, die den Begriff des »Hyperbook« einführt und diskutiert und von Steffen Siegel, der nach den Rändern des Fotobuchs fragt. Nicht zuletzt aber stellt Elisabeth Neudörfl in ihrem Beitrag ein eigenes Fotobuch vor, das ohne jeden Text – genauer noch: ohne einen einzigen Buchstaben – auskommt und auf diese Weise die Möglichkeiten des Fotobuchs in besonderer Weise zuspitzt.

Ausführlichere Informationen zu diesem Heft gibt es hier.

Leif-Erik Schmitt: Vom Jagen und Sammeln

Leif-Erik Schmitt: Vom Jagen und Sammeln, 2021. Buch, 28,5 × 25,5 cm, 10 Exemplare.

Mit seinem Buch »Vom Jagen und Sammeln« hat Leif-Erik Schmitt in diesem Frühjahr an der Folkwang Universität der Künste erfolgreich sein Studium im B.A. Fotografie abgeschlossen. Das in zehn nummerierten Exemplaren aufgelegte Buch im Format 28,5 × 25,5 cm umfasst 76 Seiten. Leif-Erik Schmitt schreibt über die Idee seiner Arbeit:

»Vom Jagen und Sammeln handelt von der Divergenz zwischen Freiheit und Sicherheit im Spannungsfeld der Demokratie in unserer zunehmend digital vermittelten Welt. Dazu richtet die Arbeit ihren Blick auf Institutionen innerhalb der BRD, welche Daten im allgemeinen und personenbezogene Daten im Speziellen erheben, auswerten, regulieren und für bestimmte Zwecke nutzbar machen. Die dabei thematisierten Sachverhalte sind meist abstrakt und unsichtbar. Das Buch untersucht die Orte dieser unsichtbaren Macht, ihre Architekturen, Oberflächen und Räume und stellt Fragen möglicher Sichtbarwerdung anhand fotografischer Möglichkeiten. Das Bildkonvolut aus 55 Schwarz-weiß-Fotografien verkörpert Bildstrategien, die die Betrachtenden dazu einladen, die dargestellten Sachverhalte zu rekonstruieren und dabei die Dokumentarfotografie auf ihre Authentizität, Abbildbarkeit und Bildwirklichkeit zu untersuchen.«

Vier Alumni in den Photonews

In der April-Ausgabe der in Hamburg erscheinenden »Photonews« werden sogleich vier unserer Alumni aus älterer und jüngerer Zeit mit einem eigenen Beitrag gewürdigt. Kerstin Stremmel, alsbald neue Sammlungsleiterin für Fotografie und Medienkunst am Museum der Moderne in Salzburg, bespricht die derzeit am Museum Folkwang ausgerichtete Retrospektive von Timm Rautert. Anna Gripp interviewt Franziska Kunze, die im Jahr 2018 mit ihrer Dissertation »Opake Fotografien« im Fach Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste promoviert worden ist und vor genau einem Jahr ihre Tätigkeit als Sammlungsleiterin für Fotografie und Medienkunst an der Pinakothek der Moderne in München aufgenommen hat. Außerdem werden in einem gemeinsamen Artikel die beiden Masterarbeiten von Franziska Schrödinger und Michael Rostock vorgestellt, mit denen sie im vergangenen Jahr im M.A. Photography Studies and Practice abgeschlossen haben.

Gespräch mit Jeff Wall

Auguste Rodin: Der Denker, 1902, Bronze, Höhe: 181 cm. Kunsthalle Bielefeld. Foto: Ingo Bustorf.

Am Mittwoch, den 17. März 2021, sprechen Christina Végh, Direktorin der Kunsthalle Bielefeld, und Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste, mit dem kanadischen Künstler Jeff Wall. Stattfinden wird das Gespräch live auf Zoom, Jeff Wall wird aus Vancouver zugeschaltet werden. Dabei sollen zwei Fragen im Mittelpunkt stehen: Wessen Denkmal? Wer steht auf dem Sockel?

Anlass für das Gespräch ist ein spektakulärer temporärer Kunsttausch: Nach mehr als 50 Jahren hat im vergangenen Herbst der »Denker« von Auguste Rodin zum ersten Mal seinen Sockel vor der Kunsthalle Bielfeld verlassen. Gezeigt wird er derzeit in der Sonderausstellung »Rodin/Arp« in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel. Im Tausch sind dafür zwei ikonische Werke Walls nach Bielefeld gekommen: »The Thinker« (1986) und »The Giant« (1992). Sie sind derzeit, obwohl die Kunsthalle aus bekanntem Anlass nicht geöffnet sein kann, auch von außen im gläsernen Eingangsbereich des Hauses zu sehen.

Während in »The Thinker« die Figur auf einer Art von Sockel sitzt, ist die Figur in »The Giant« dem Werktitel entsprechend übergroß dargestellt. Aktuell ist die Frage um das Denkmal brisant. In Abhängigkeit gesellschaftlicher Umbrüche muss stets neu verhandelt werden, was auf dem Sockel steht. Inwiefern können Walls Werke als imaginierte Monumente oder »Anti-Denkmäler« gesehen werden? Hiervon soll das Gespräch Mitte März handeln.

Die Teilnahme ist kostenlos möglich. Bitte melden Sie Ihre Teilnahme an bei Matthias Albrecht, Sie erhalten dann den Link: albrecht@kunsthalle-bielefeld.de

M.A. Photography Studies

Wie zu Beginn jedes Jahres schreiben wir auch 2021 die Studienplätze für unsere beiden Masterstudiengänge Photography Studies and Practice und Photography Studies and Research aus. Die Bewerbungsfristen sind der 15. März (Practice) sowie der 31. Mai 2021 (Research). Studienbeginn für den nächsten Jahrgang ist das Wintersemester 2021/2022. Ausführliche Informationen zu den Inhalten des Masterstudiums sowie zu den Einzelheiten des Zulassungsverfahren an der Folkwang Universität finden sich auf den hier verlinkten Seiten. Darüber hinaus stehen wir aber natürlich auch gerne für Rückfragen zu Verfügung! Wir freuen uns über Bewerbungen von allen, die eine praktisches wie eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Fotografie fasziniert!

100 Beste Plakate

Viktor Lentzen und Daniel Kobert, die, wie auch in diesem Jahr, bereits 2020 das Bewerbungsplakat für unseren Masterstudiengang Photography Studies and Research entworfen haben, wird eine besondere Ehre zuteil: Von einer Fachjury wurden die beiden für ihre Gestaltung im Wettbewerb um die 100 Besten Plakate in Deutschland, Österreich und der Schweiz neben 99 anderen als Gewinner ausgezeichnet. Insgesamt waren für den Wettbewerb knapp 2.000 Plakate von 600 Einreicher*innen eingegangen. Das Plakat wird damit auf der alljährlichen Wanderausstellung der 100 Besten Plakate gezeigt werden.

Vor Kurzem haben Viktor Lentzen und Daniel Kobert ihre Abschlüsse im Bachelor Kommunikationsdesign gemacht. Wir gratulieren doppelt herzlich und freuen uns über unser Gewinner-Plakat!

Mehr Informationen zu den 100 Besten Plakaten 20 auf der offiziellen Website des Vereins.

Timm Rautert und die Leben der Fotografie

Timm Rautert, einer der namhaftesten deutschen Gegenwartsfotografen und Alumnus der Folkwang Universität, wird dieses Jahr nicht allein achtzig Jahre alt, sondern derzeit mit einer großen Retrospektive seines Werks im Museum Folkwang geehrt. Kuratiert wurde sie von Thomas Seelig, dem Leiter der fotografische Sammlung des Museums Folkwang. Danach wird die Ausstellung »Timm Rautert und die Leben der Fotografie« übrigens auch im Bombas Gens in Valencia zu sehen sein.

Anlässlich dieser Ausstellung ist im Steidl Verlag aus Göttingen ein Katalog erschienen, der diese vielen Leben der Fotografie auf 520 Seiten und in 332 Abbildungen entfaltet. Begleitet wird das Buch durch sechs Essays, die in verschiedene Aspekte des Werks einführen. Sie stammen von Bertram Kaschek, Nicole Mayer-Ahuja, Jürgen Müller, Gisela Parak, Steffen Siegel und Ulf Erdmann Ziegler. Außerdem hat Sophie-Charlotte Opitz eine kommentierte Biografie beigesteuert.

In the evening

Carolin Albers: Alphörner im Becken, 2020.

35 Fotostudierende aus ganz Deutschland – darunter auch Charlotte ChapiusHenk Aaron SzantoMoayad Balo und Nick Jaussi von der Folkwang Universität der Künste – zeigen derzeit, über das Essener Stadtzentrum verteilt, ihre Arbeiten. Die Pandemie zieht neue Formen des Ausstellers nach sich. Da derzeit fast alle Läden und Cafés geschlossen bleiben müssen, nutzen die Fotografinnen und Fotografen die leeren Schaufenster und zeigen so, dass die Stadt dennoch lebt. Gegenwärtig ist kulturelle Erfahrung fast vollständig auf den digitalen Raum beschränkt. Mit dem gemeinsamen Projekt »In the evening« soll sie aber in den öffentlichen Raum getragen werden – eine Begegnung mit fotografischer Kunst soll auch in Zeiten der Pandemie möglich sein!

Organisiert wurde das Projekt von Studierenden der Folkwang Universität in Zusammenarbeit mit dem Fotobus. Zum Ausdruck gebracht werden soll die andauernde Erfahrung einer kollektiven Isolation. Daher wurden die Schaufenster von zwei Cafés sowie zwei Ladengeschäften in bunte und vielfältige Ausstellungsräume verwandelt. Im Einzelne sind dies das Landschaftsplanungsbüro in der Rellinghauser Straße 114, das TFC Airlebnis Reisebüro am Rüttenscheider Platz 12, das Café Click in der Beethovenstraße 1 und das Café LIVRES in der Moltkestraße 2a. Zur Orientierung findet sich hier eine Karte. Laufen wird das Projekt so lange, bis die Cafés und Läden wieder öffnen dürfen.

Maya Graef hat am 25. Februar für die WDR Lokalzeit von diesem Projekt berichtet, am 2. März Radio Essen und am 4. März die WAZ.

Die Zukunft der Fotografie

Über die Fotografie wurde eigentlich immer schon im Futur nachgedacht. Das Medium ist zu lebendig und zu viel versprechend, als dass es nicht fortgesetzt Spekulationen über seine Zukunft herausfordern würde. Mit dem gerade eben erschienenen 158. Heft von »Fotogeschichte« erhält ein solches Nachdenken sogleich 34 Mal neues Futter. Ebenso viele Autorinnen und Autoren haben auf Einladung des Herausgebers der Zeitschrift, Anton Holzer, in kurzen Texten über die Zukunft der Fotografie nachgedacht – mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Mit dabei ist unter anderem Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste. In seinem Beitrag »Globus Fotogeschichte« widmet er sich der interdisziplinären Zukunft der Fotoforschung.

In der Ankündigung des Verlags heißt es zu diesem Heft: Die Fotografie hält zum einen Ereignisse fest und verwandelt sie zugleich in Vergangenheit. Sie ist, so gesehen, ein historisches Medium par excellence. Zum anderen beflügelte sie von Anfang an Zukunfts-Fantasien. Die Fotografie werde, so prophezeiten bereits die allerersten Kommentatoren in den späten 1830er Jahren, in Zukunft Dinge sichtbar machen und enträtseln, die bislang im Verborgenen geblieben waren: die Hieroglyphen Ägyptens ebenso wie das Licht entfernter Sterne, den Schmetterlingsflügel unter dem Mikroskop ebenso wie entfernte Reiseeindrücke. Die Beiträge dieses Themenhefts loten diese Doppelgesichtigkeit des Mediums aus und fragen danach, wie die Zukunft der Fotografie aussehen könnte. Manches, vielleicht sogar vieles, wird anders kommen als wir es aus heutiger Perspektive erwarten. Nicht nur, weil die gegenwärtige globale Gesundheitskrise noch unabsehbare Folgen haben wird. Sondern auch, weil die gesellschaftlichen Systeme, die auf uns zukommen werden, neue, vielleicht radikal andere Formen des Fotografischen hervorbringen werden – möglicherweise jenseits von Digitalisierung und Internet.

KORRELATIONEN II erschienen

Philipp Niemeyer, Samuel Solazzo, Jakob Treß und Jannis Uffrecht: KORRELATIONEN II, 2020. Foto: Samuel Solazzo.

108 Seiten mit 104 fotografischen Arbeiten – und ausgezeichnet mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2020 in Bronze – das ist KORRELATIONEN II, ein soeben erschienenes Gemeinschaftsprojekt von vier Fotografen aus Weimar und Essen.

Das Projekt KORRELATIONEN entstand 2018 in Weimar als ein selbst publiziertes Zine der vier Fotografen und Freunde Philipp Niemeyer, Samuel Solazzo – inzwischen Student an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Practice –, Jakob Treß und Jannis Uffrecht. Im Umfang von 34 schwarz-weiß Fotografien wurde innerhalb von wechselseitigen Dialogen die Beziehung der vier Autoren zueinander hinterfragt und darüber hinaus ein Spannungsfeld innerhalb der gesamten Publikation erzeugt. Kritisch, dennoch respektvoll, wurde im Entstehungsprozess über die Wirkung einzelner Bilder oder Bildpaare diskutiert, um so ein besseres Verständnis für die unterschiedlichen Positionen zu erlangen und schlussendlich eine in sich stimmige Auswahl zu treffen. Aus der Ambivalenz von Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen, als auch Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten, erwuchs eine kollektive Sprache.

Inzwischen ist der Nachfolger KORRELATIONEN II erschienen. Nach dem monochromen Erstling bekennen die vier Fotografen nun Farbe; und zugleich wurden Umfang, Inhalt und Auflage erhöht. Das Magazin soll an die Grundgedanken der ersten Ausgabe anknüpfen, zugleich aber keine reine Fortführung des ersten Projekts darstellen. In mitten von Krise, Lockdown und räumlicher Trennung verdichtete sich eine Arbeit, in deren Mittelpunkt zwar noch immer das Miteinander steht, sich indes jedoch von den seitenfüllenden Gegenüberstellungen des Vorgängers entfernt, um innerhalb eines verspielteren Layouts eine erkennbare Entwicklung und ein Narrativ aufzuspannen. Begleitet und eingefasst wird es durch einen Textbeitrag von Grenadine Rübler.

Das selbst publizierte Fotomagazin im Format 23 × 33 cm wurde von Leon Lukas Plum gestaltet und gesetzt, ist im Offset-Verfahren gedruckt und umfasst 108 Seiten mit insgesamt 104 fotografischen Abbildungen und erschien in einer limitierten Auflage von 500 nummerierten Exemplaren. ISBN: 978-3-00-066425-0.

Kritik

EFEG #9 Aglaia Konrad / Carrara

In der neunten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld über »Carrara« von Aglaia Konrad. Erschienen ist das Buch 2011 bei Roma Publications in Amsterdam. Die Fotografin fragmentiert mit dem »Ausschnitt-Werkzeug« Fotokamera die Marmor-Steinbrüche von Carrara und konstruiert aus den Bildern eine ungewöhnliche Seherfahrung. Das Buch enthält außerdem einen Text von Angelika Stepken. Ca. 29 cm × 21,5 cm, 136 Seiten, 119 Schwarzweiß- und 18 Farb-Fotografien (sowie die Farbfotografie auf dem Schutzumschlag).

Aglaia Konrad wurde 1960 in Salzburg geboren, 1990–1992 Studium der Fotografie an der Jan von Eyck Academie in Maastricht. Seit 2007 ist sie Professorin an der Sint-Lukas in Brüssel. Zahlreiche Auszeichnungen, 1997 Teilnehmerin der documenta X, 2003 Camera Austria Preis für zeitgenössische Fotografie, 2023 Österreichischer Staatspreis für Fotografie.
 

EFEG #8 Katja Stuke / Supernatural

In der achten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld über zwei Bücher von Katja Stuke: »Supernatural« von 2010 und »Supernatural 2021« aus dem titelgebenden Jahr. In diesem Projekt »Supernatural« hat Katja Stuke Sportlerinnen bei den Olympischen Spielen am Fernseher beobachtet und in einem Moment großer Konzentration direkt vor ihrer sportlichen Leistung fotografiert. »Supernatural 2021« ist eine Weiterentwicklung, es ändert sich die Auswahl der Athlet:innen, der Sportarten, es ändern sich aber auch der Blick und der Umgang mit den Bildern im Heft.

Katja Stuke (*1968) lebt und arbeitet in Düsseldorf. Studium an der FH Düsseldorf. Ausgezeichnet unter anderem mit dem LUMA Rencontres Dummy Book Award at the Rencontres d’Arles 2017 und als Lauréat Regards du Grand Paris Ateliers Medicis, Centre national des arts plastiques Paris (beides mit Oliver Sieber).

 

EFEG #7 Helga Paris / Häuser und Gesichter. Fotografien 1983–85

In der siebten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld über Helga Paris’ »Häuser und Gesichter. Fotografien 1983–85«. Das Buch ist zuerst 1986 erschienen und auch nicht erschienen – bevor es dann einige Jahre später in einer Neuausgabe endgültig erscheinen konnte.

Helga Paris wollte Halle an der Saale wie eine ganz fremde Stadt fotografieren. Das Buch beginnt mit Straßenansichten, es folgen Porträts, die sie hauptsächlich auf der Straße fotografiert hat. Die Ausstellung, zu der Paris dieses Buch gemacht hat, durfte 1986 nicht gezeigt werden und wurde 1990 nachgeholt.

 

EFEG #6 Deanna Templeton / What She Said

In der sechsten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« besprechen Andreas Langfeld und Elisabeth Neudörfl das Fotobuch »What She Said« von Deanna Templeton. Erschienen ist es 2021 bei Mack Books in London.

Deanna Templeton fotografiert weibliche Teenager und junge Frauen und stellt diese Porträts in einen Zusammenhang mit Tagebucheinträgen und Konzertflyern aus ihrer eigenen Jugend in den 1980er Jahren.

Rein theoretisch #6 Fotografierverbot

Dortje Fink und Julia Wolf, beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research, sprechen in der sechsten Folge ihres Podcasts »Rein theoretisch« über Fotografierverbote.

Was haben das Van Gogh Museum in Amsterdam, der Uluru in Australien, die Stadt Kyoto in Japan, aber auch die Herbertstraße in Hamburg, das Berghain in Berlin, New Yorker Gay Bars der 80er Jahre und Sicherheitsgebiete in Kriegszeiten gemeinsam? Spoiler: Sie stellen Orte dar, an denen es nicht gestattet ist zu fotografieren. 

Die Gegebenheiten, in denen sie uns begegnen, sind genauso vielseitig wie die Gründe für solche Reglements. Ob in Clubs durch das Abkleben von Handykameras, in Museen anhand von Hinweisen des Aufsichtspersonals oder an sakralen Orten nach dem unausgesprochenen Gesetz des gegenseitigen Respekts. Eines haben sie gemeinsam: Fotografie wird in all diesen Fällen als problematisch oder gar bedrohlich angesehen. Fotos, die aufgrund verschiedenster Verbote nicht existieren, lassen zudem ein spannendes Gedankenspiel zu. Welche Abbildungen werden in bestimmten Situationen antizipiert? Und welche negativen Auswirkungen könnten diese haben?

Fink & Wolf teilen in dieser Podcast-Folge ihre Gedanken zur gezielten Unterbindung privater Fotoaufnahmen und stoßen dabei an die Grenzen ihrer situationsbedingten Sinnhaftigkeit. Am Ende stellt sich die Frage ob wir aufgrund der allgegenwärtigen Kameranutzung vermehrt mit Fotoverboten konfrontiert werden sollten oder nicht.

Abrufbar ist die neue Folge, wie alle anderen auch, auf Apple Podcast und Spotify.
 

EFEG #5 Bettina Lockemann / Southward – nach Süden

In der fünften Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Andreas Langfeld und Elisabeth Neudörfl über Bettina Lockemanns »Southward – nach Süden«, erschienen beim Fotohof Salzburg im Jahr 2021.

Bettina Lockemann ist 2017 in die Südstaaten der USA gereist. Dort trifft sie auf Gegenden und Städte, die einerseits mit vielen Hypotheken aus der Vergangenheit zu kämpfen haben, in denen sich aber auch viele Initiativen wie zum Beispiel das Rural Studio finden. Das gehört zur Auburn University, und seine Studierenden entwickeln gemeinsam mit den Menschen vor Ort Methoden zum Bau günstigen Wohnraums. Lockemann sucht viele dieser Initiativen auf, spricht mit den Beteiligten und fügt ihren Fotografien kurze Texte bei, die aus Sicht dieser Menschen die Situation beschreiben.

Bettina Lockemann wurde 1971 in Berlin geboren. Nach einer Ausbildung zur Fotografin studierte sie an der HGB in Leipzig. Promotion in Kunstgeschichte, Lehre an vielen unterschiedlichen Hochschulen im In- und Ausland, sechs Jahre lang war sie Professorin für Fotografie an der HBK Braunschweig. Bettina Lockemann hat eine sehr informative Website.

Ca. 24,5 cm × 16,5 cm, Klappenbroschur, 156 Seiten, Schwarzweiß und Farbe, 90 Fotografien.

 

EFEG #4 Hannah Darabi / Soleil of Persian Square

In der vierten Folge von EFEG – Einige Fotobücher, einige Gedanken – sprechen Andreas Langfeld und Elisabeth Neudörfl über »Soleil of Persian Square« von Hannah Darabi. Erschienen ist dieses Buch 2021 bei den Éditions Gwinzegal in Paris. Die EFEG-Folge ist auf diesem YouTube-Kanal abrufbar.

Der Titel von Hannah Darabis Buch bezieht sich auf das Bistro »Soleil« am »Persian Square« in Los Angeles, das auf einem ihrer Fotos zu finden ist. Stadtansichten von Los Angeles mit Hinweisen auf die dortige iranische Diaspora treffen in dem Buch auf Abbildungen von Musikkassetten, Ausschnitten aus den Gelben Seiten von Los Angeles, Stills aus Musikvideos und informellen Porträts, von denen es jeweils zwei gibt.

Hannah Darabi wurde 1981 in Teheran geboren. Nach einem Studium an der Hochschule der Schönen Künste in Teheran und an der Universität Paris VIII-Saint-Denis lebt sie heute als Künstlerin in Paris.

Einige weiterführende Hinweise: Das im Gespräch erwähnte Video der Wüstenrot-Stiftung ist hier zu finden. ● Hannah Darabi: Enghelab Street. A Revolution through Books: Iran 1979–1983, Leipzig (Spector Books) 2019. ● Das Buch von Bahman Jalali und Rana Javadi von 1979, »Days of Blood, Days of Fire«, ist 2020 als Reprint ebenfalls bei Spector Books erschienen, es enthält einen Einleger mit einem einführenden Text auch auf Englisch. Bedauerlicherweise gibt es keine Übersetzung der im Buch selbst vorkommenden Texte und Bildunterschriften. ● Inka Schube (Hg.): Bahman Jalali, Köln (König) 2011. ● Auf der Bandcamp Seite von ANYWAVE findet ihr das Tape »Soleil of Persian Square / Post California« zum streamen.

Hannah Darabi: Soleil of Persian Square, Paris (Éditions Gwinzegal) 2021. Etwa 28 cm x 22 cm, Broschur, 220 Seiten.

 

Rein theoretisch #5 Gelöschte Fotografien

Dortje Fink und Julia Wolf, beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research, sprechen in der fünften Folge ihres Podcasts REIN THEORETISCH über gelöschte Fotografien.

Mit der Zeit sammeln sich auf unseren Smartphones Massen an überflüssigen Fotografien an. Anhand ihrer zuletzt gelöschten Handyfotos reflektieren Fink&Wolf die heutigen Ansprüche an selbst geschossene Fotografien und aus welchen Gründen diese dann wieder gelöscht werden. Das gezielte Vernichten von belastendem Fotomaterial unterscheidet sich dabei klar vom versehentlichen Löschen visueller Erinnerungen.

Der Verlust bedeutender Fotografien war zur Zeit der analogen Technik schon allein wegen ihrer fragilen Materialität ein Risiko, wie Robert Capas Fotografien des D-Day in der Normandie zeigen. Jedoch sind private Handybilder als digitale Information ohne konkreten Bildträger ebenso leicht auszulöschen. Datenträger wie Floppy Disks geraten aus der Mode und werden unlesbar, JPEGs nutzen sich mit steigender Verwendung ab und enden als beschädigte Dateien. Auf der anderen Seite verdeutlichen Fälle wie der sogenannte Techno Viking, der in Berlin auf der Fuckparade gefilmt wurde, oder Plattformen zum Hochladen intimer Fotografien von Ex-Partner:innen, (die wir namentlich nicht nennen wollen, um solche Übergriffe nicht zu verstärken) wie aussichtslos der Wunsch nach Löschung sein kann. Katja Müller-Helle beschreibt mit dem Streisand-Effekt zudem, dass Bilder, die im Netz vermeintlich vom Löschen bedroht sind, umso mehr gespeichert und geteilt werden.

Ob heimlich, erzwungen, symbolisch oder versehentlich, gelöschte Fotografien sparen meist einen besonders interessanten Teil unserer Realität aus und stellen uns vor die Frage wie sehr wir unser Wissen darauf beschränken können, was für uns sichtbar ist.

Abrufbar ist die neue Folge, wie alle anderen auch, auf Apple Podcast und Spotify.

Rein theoretisch #4 Blickregime

Die vierte Folge befasst sich mit Blickregimen: In der Fachsprache werden Machtverhältnisse, die durch Fotografien entstehen, Blickregime genannt. Sexismus und Rassismus nutzen die objektifizierende Eigenschaft des fotografischen Mediums bis heute. Wie das Fotografieren die visuelle Wahrnehmung konstruiert und welche Rollenverteilung damit einhergeht, diskutieren Fink & Wolf anhand der Konzepte »Male Gaze« und »Colonial Gaze«. Die Vorstellung, dass Fotos die Realität abbilden, kommt dabei stark ins Wanken und führt zur Frage, welche Repräsentationen wir als »normal« empfinden und welche Bilder zur systematischen Diskriminierung beitragen.

REIN THEORETISCH ist ein neuer Podcast von Dortje Fink und Julia Wolf. Beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Ab sofort abrufbar auf Spotify und Apple Podcasts.

Hosen haben Röcke an

Besprochen von Steffen Siegel

Das letzte Bild im Buch ist das charmanteste: die Künstlerinnengruppe Erfurt als Diagramm, alle porträtieren alle, ein Tableau aus 64 Beziehungen. Entscheidender aber ist das gemeinsame Ganze. Wer Gabriele Stötzer autobiografisches Buch »Der lange Arm der Stasi« – vor einem Jahr erschienen bei Spector Books – gelesen hat, kennt die Umrisse. Denn eigentlich ist Stötzers Buch das Porträt einer weit verzweigten Gruppe oppositioneller Erfurter Künstlerinnen und Künstlern.

»Hosen haben Röcke an«, dieses Jahr beim Hatje Cantz Verlag erschienen, ist beides zugleich: eine Engführung und eine Erweiterung. Einerseits konzentriert sich der Katalog auf jene Gruppe von etwa 15 Künstlerinnen, die zwischen 1984 und 1994 unter wechselndem Namen auftraten. Andererseits reicht das Interesse hier, analog zur Entwicklung der Gruppe, über die Epochenwende von 1989/1990 hinaus. Es waren Auftritte im engen Sinn des Wortes: Performances, Filme, Fotosessions, Modenschauen, Happenings, am 4. Dezember 1989 dann die Besetzung der Erfurter Staatssicherheit – überhaupt die erste in der DDR und eine der wichtigsten wie folgenreichsten Performances jener Zeit. Das Buch ist der nachgereichte Katalog zu einer Ausstellung, die bereits vor eineinhalb Jahren in der nGBK Berlin zu sehen war, und es ist absolut lesenswert.

Gebaut haben die fünf Autorinnen – Susanne Altmann, Katalin Krasznahorkai, Christin Müller, Franziska Schmidt und Sonia Voss – das Buch um fünf Filme der Künstlerinnengruppe, von denen aus die Geschichten von Widerstand, Subversion, Appropriation und Parodie erzählt werden. Das geht, was die Filme selbst angeht, im Buch natürlich nur bedingt gut auf, das mehr als reiche und wohl fast immer zum ersten Mal publizierte Archivmaterial macht das indes wett.

Das von Klimaite Klimaite Berlin wunderbar gestaltete Buch schließt dieses Archiv schlaglichtartig kommentierend auf. Alle Texte finden sich im Buch durchgehend zweisprachig auf Deutsch und Englisch. Wer es noch genauer wissen will, findet in einer von Christin Müller erstellten Chronologie und einer umfassenden Bibliografie weitere Informationen. Man kann aber auch einfach nach Thüringen fahren und dort im Kunsthaus Erfurt vorbeischauen. Gegründet wurde es 1990 in der Michaelisstraße 34, wo es sich nach wie vor befindet und für die lokale wie überregionale Kunst- und Kulturarbeit ein wichtiges Zentrum ist. Aus einer Initiative der Künstlerinnengruppe hervorgegangen, wird es unverändert von Monique Förster, einem ihrer Mitglieder, geleitet.  

Susanne Altmann, Kata Krasznahorkai, Christin Müller, Franziska Schmidt, Sonia Voss: Hosen haben Röcke an. Künstlerinnengruppe Erfurt, 1984–1994 / Pants Wear Skirts. The Erfurt Women Artists’ Group, 1984–1994, Berlin (Hatje Cantz) 2023. Broschur, 256 Seiten, 200 Abbildungen, 26,5 × 19,5 cm. ISBN: 978-3-7757-5258-9.

 

Rein theoretisch #3 Bildgedächtnis

Die dritte Folge von REIN THEORETISCH handelt vom Bildgedächtnis: Fotografien sind Teil eines individuellen und kollektiven Gedächtnisses. Sie werden zu Bildikonen, die Menschen vor Augen haben, ohne sie zu sehen. Dabei spielen Medien eine entscheidende Rolle. Inwiefern Bilder unterschiedlich erinnert werden und gemeinschaftsstiftende Vorstellungen immer auch Menschen ausschließen, überlegen Fink&Wolf unter anderem anhand der fotografischen Inszenierung Marilyn Monroes, des Pressebildes »The Terror of War« von Nick Ut und der Ausstellung »A Series of Utterly Improbable, Yet Extraordinary Renditions« von Arthur Jafa.

Anders funktionieren detaillierte Bildbeschreibungen. Der sogenannte Alt-Text gibt Fotografien für sehbeeinträchtigte Menschen mit Worten wieder und lässt sie vor unserem inneren Auge sichtbar werden, ohne sie je gesehen haben zu müssen.

REIN THEORETISCH ist ein neuer Podcast von Dortje Fink und Julia Wolf. Beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

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Jan Mammey, Falk Messerschmidt: Statues Also Die

Besprochen von Steffen Siegel

Vor wenigen Tagen hat die Stiftung Buchkunst die von ihr in diesem Jahr ausgezeichneten »Schönsten Deutschen Bücher« bekannt gegeben. Eines ist »Statues Also Die« von Jan Mammey und Falk Messerschmidt, erschienen bei Kodoji aus Baden in der Schweiz und gestaltet von Helmut Völter. Ob sich die beiden Künstler gewundert haben, dass ihr Fotobuch in der Kategorie »Sachbuch/Ratgeber« ausgezeichnet wurde? Ebenso gut hätte es in die (bei der Preisvergabe nicht vorgesehene) Kategorie »Reiseführer« gepasst – jedenfalls in einem besonderen Sinn von Reise. Wer das Buch öffnet, wird sich in einer solchen Deutung bestätigt sehen: Im vorderen Klappcover findet sich ein Stadtplan von Paris, der sich auch als Inhaltsverzeichnis verwenden lässt.

Vor genau siebzig Jahren kam »Les statues meurent aussi« – gemeinsam von Alain Resnais, Chris Marker und Ghislain Cloquet gedreht – in die Kinos. Dass er heute ein Klassiker ist, lässt all zu schnell vergessen, dass er in Frankreich eineinhalb Jahrzehnte lang nur zensiert zu sehen war. Grund war die in ihm formulierte Kolonialismus-Kritik, und genau hieran schließen Mammey und Messerschmidt an – der übernommene Werktitel verdeutlicht es. Vor allem aber teilen sie mit dem Film die Schlüsselfrage nach der Sichtbarkeit des Kolonialismus. Sie fuhren dafür nicht in frühere französische Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent, sondern durchmusterten in ganzer Breite den Stadtraum von Paris (dem Ansatz von »Berlin Postkolonial« vergleichbar). Vom Ladenschild über Denkmäler bis hin zu ganzen Institutionen, ja Stadtteilen reicht die im Fotobuch zusammengeführte Sammlung.

Vielleicht ist das angesprochene Ladenschild tatsächlich der überraschendste Ort einer solchen Präsenz. Nicht ganz zufällig wird es auf der Rückseite des Covers besonders prominent ausgestellt, allerdings im Zustand eines Kommentars. Gegeben wurde er in violetter Farbe, vermutlich als Farbbeutel an das Schild geworfen. Es gehörte zu einem Laden, bei dem nicht allein sein Name »Au n*** joyeux« (also in etwa: »Zum fröhlichen N***«) eine solche Tat herausforderte, sondern auch ein gemaltes Bild, das mit rassistischen Klischees nicht geizig war. Genau besehen erzählt das Buch eine Geschichte: Zwei Aufnahmen zeigen Zustände vom Oktober 2016 und Dezember 2018 – und in ihnen bildet sich eine Entwicklung ab. Wer heute an die Place de la Contrescarpe geht, wird weder Schild noch Beschriftung finden.

Im Ganzen kommen Mammey und Messerschmidt auf gut drei Dutzend Pariser Erinnerungsorte, die allerdings in der Mehrzahl gerade das nicht sind: ein Anlass zur Erinnerung. Die kolonialen Wurzeln sind verdeckt, werden übersehen oder proaktiv ignoriert. Man sagt wohl nicht zu viel, wenn man behauptet: Wer dieses nicht nur schöne, sondern auch wichtige Fotobuch auf die nächste Paris-Reise mitnimmt, wird diese oft gesehene Stadt ganz gewiss mit neuen Augen betrachten.

Jan Mammey, Falk Messerschmidt: Statues Also Die, Baden CH (Kodoji Press) 2022. Mit einer Short Novel von Arno Bertina. 16,5 × 22,5 cm, 276 Seiten, 147 Farb- und Schwarz/Weiß- Abbildungen. Soft-Klappcover. ISBN 978-3-03747-108-1

 

EFEG #3 Jo Ractliffe / The Borderlands

In der dritten Folge von EFEG – Einige Fotobücher, einige Gedanken – sprechen Andreas Langfeld und Elisabeth Neudörfl über »The Borderlands« von Jo Ractliffe. Erschienen ist dieses Buch 2015 bei Editorial RM. Die EFEG-Folge ist auf diesem YouTube-Kanal abrufbar.

Nachdem Ractliffe für ihre beiden vorangegangenen Arbeiten »Terreno Occupado« und »As Terras do Fim do Mundo« in Angola fotografiert hatte, führt sie ihr Thema – die Beschäftigung mit dem Bürgerkrieg in Angola und dem Befreiungskampf in Namibia sowie den Verstrickungen Südafrikas darin – in Südafrika selbst weiter, von wo aus viele Militäreinsätze ihren Anfang genommen haben. Dabei verfolgt sie, wie sie selbst sagt, die Idee einer Landschaft als (ehemals) militarisierter Zone.

Jo Ractliffe wurde 1961 in Kapstadt geboren. Sie studierte Bildende Kunst an der Ruth Prowse School of Art, Woodstock, und an der Michaelis School of Fine Art at the University of Cape Town (Bachelor of Fine Arts 1985, Master of Fine Arts 1988). Heute unterrichtet sie an der Witwatersrand School of Arts at Wits University, Johannesburg.

Jo Ractliffe: The Borderlands, Barcelona, Mexiko City (Editorial RM) 2015. Ca. 30 cm x 25 cm, Hardcover, keine Seitenzahlen, 4 Ausklappseiten, Bildteil 148 Seiten, Textteil 24 Seiten, 89 Fotografien.

Rein theoretisch #2 Anonymisierung

Die zweite Folge von REIN THEORETISCH widmet sich eingeschränkt sichtbaren Bildern: Fotografien mit unkenntlich gemachten Ausschnitten betonen oft, was den Betrachtenden vorenthalten wird. Hierbei werden hauptsächlich Individuen anonymisiert, deren Privatsphäre in der Medienberichterstattung nicht verletzt werden soll. Bildredaktionen müssen so abwägen, ob das öffentliche Interesse an einem Geschehen oder das Recht am eigenen Bild überwiegt. Handelt es sich bei dieser Einschränkung auch um eine Form von Zensur?

Fink & Wolf spekulieren außerdem über die Verwahrung großer Fotoansammlungen und das darin liegende Gewaltpotenzial durch anonyme Porträtfotografien. REIN THEORETISCH ist ein neuer Podcast von Dortje Fink und Julia Wolf. Beide studierenden an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Ab sofort abrufbar auf Spotify und Apple Podcasts.

Rein theoretisch #1 Zensur und Content Moderation

Fotografien für die Ohren! REIN THEORETISCH ist ein neuer Podcast von Dortje Fink und Julia Wolf. Beide studieren an der Folkwang Universität der Künste im M.A. Photography Studies and Research.

Anhand von Themen, die den künstlerischen, angewandten oder privaten Bereich betreffen, überlegen Dortje Fink und Julia Wolf, wie Fotografien zum Erscheinen oder Verschwinden gebracht werden. Sie sprechen über Bilder, die nicht gesehen werden können, wollen oder dürfen – also aus den Augen in den Sinn. Der Intro-Song stammt von Hossein Mousavifaraz, ebenfalls Student in unserem Research-Master.

In der ersten Folge beschäftigen sich Fink & Wolf mit den Themen Zensur und Content Moderation. In diesen Fällen sind Fotografien zwar potenziell vorhanden, aber durch bewusste Regelungen nicht mehr zu sehen. Autoritäre politische Systeme scheinen unerwünschte Abbildungen ungehemmt zu zensieren, wie das Beispiel einer Fotografie-Ausstellung von Gundula Schulze Eldowy in der DDR zeigt.

Aber auch in Demokratien werden Bilder gelöscht bevor oder nachdem sie in Umlauf gebracht werden. Anhand von Content Moderation in Sozialen Medien stellt sich die Frage, ob hier auch von Zensur zu sprechen ist. Ist Zensur immer etwas Schlechtes oder ist sie heute eine Notwendigkeit zum Schutz vor traumatisierenden Bildern in digitalen Netzwerken?

Ab sofort abrufbar auf Spotify und Apple Podcasts.

EFEG #2 LaToya Ruby Fraziers / The Notion Of Family

Die zweite Folge von Einige Fotobücher, einige Gedanken haben Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld dem Fotobuch »The Notion of Family« der US-amerikanischen Künstlerin und Aktivist LaToya Ruby Frazier gewidmet, erschienen 2016 bei Aperture in New York.

Im ersten Buch von LaToya Ruby Frazier sehen wir sie selbst, ihre Mutter und ihre Großmutter sowie ihre Heimatstadt Braddock, Pennsylvania im sogenannten Rust Belt. Die Fotos sind in einem Zeitraum von über zehn Jahren entstanden. Frazier wendet unterschiedliche bildnerische Strategien an, mal mehr, mal weniger inszeniert und experimentell.

LaToya Ruby Frazier wurde 1982 in Braddock, Pennsylvania geboren. Sie studierte an der Edinboro University of Pennsylvania (Bachelor of Fine Arts, 2004), an der Syracuse University (Master of Fine Arts, 2007) und im Whitney Museum Independent Study Program (2011). Sie ist Professorin für Fotografie an der School of the Art Institute of Chicago.

Die neue Folge von EFEG ist 1 Stunde und 21 Minuten lang und steht hier jederzeit zum Abruf bereit.

EFEG #1 Germaine Krull / Paris-Biarritz

In der ersten Folge von »Einige Fotobücher, einige Gedanken« sprechen Elisabeth Neudörfl und Andreas Langfeld über Germaine Krulls »La Route Paris–Biarritz« von 1931, erschienen in Paris bei den Éditions Jacques Haumont; ca. 22 cm × 15 cm, Broschur, 96 Seiten mit 87 Fotografien.

Germaine Krull fährt 1931 mit dem Auto von Paris nach Biarritz beziehungsweise noch darüber hinaus und fotografiert unterwegs sowohl Baudenkmäler, Stadtansichten und Landschaften als auch das Fahren selbst. Auch Claude Farrère begibt sich für sein Vorwort auf diese Reise...

Das einstündige Gespräch gibt es ab sofort auf dem YouTube-Kanal von EFEG.

Eric Meier: FF

Besprochen von Steffen Siegel

Es gibt Fotografien, bei denen genaues Hinsehen nicht reichen wird. »FF« von Eric Meier, erschienen bei sèche editions in Berlin, erinnert daran schon auf dem Cover. Wer den großformatigen, gut zwei Kilo schweren Band in die Hand nimmt, muss es spüren: Die Buchstaben sind so rau wie Schleifpapier. Damit ist zugleich ein Ton gesetzt. Es geht hier um eine Form der Sinnlichkeit, die die Augen ebenso viel angeht wie die Fingerkuppen.

Ein neunseitiges Intro, gesetzt in großen Lettern, wirft für »FF« stakkatohafte Lyrics hin: „Es riecht nach Money Honey, aber nicht für Dich.« Oder: »Es ist 93, 94, 95, 96, 99 Uhr. Millennium. Im Takt der Zonierung ist die Zornierung produktiv gesteigert.« Oder: »Wie schön der Schutt ist oder die Blume, die sich durch die Platte gräbt.« Und: »Die Tür ist jedoch immer einen Spalt auf. Und wenn nicht, rennen wir durch die Scheibe. Welt offen.« Direkt danach, auf Seite 13, kann man diese Scheibe sehen.

Doch folgen keine Blick ins Offene, sondern 250 Seiten voller Close-Ups, immer schwarz-weiß. Fotografien für die Fingerspitzen: die kleinen glatten Kiesel im porösen Waschbeton, der feinkörnige Rost auf dem schmalen Treppengeländer, die glatten Kachelfliesen der fensterlosen Fassaden, die scharfkantigen Schuppen der splitternden Ölfarbe, die kubistischen Formbausteine, zusammengefügt wie die Betonplatten für Hauswände und Gehsteige, zwischen ihnen ein Kleber aus Teer, der im Sonnenschein an Härte verliert und dunkel zu riechen beginnt. Spätestens hier kommt auch die Nase ins Spiel.

Es ist nicht schwer, solche materiellen Qualitäten metaphorisch aufzufassen – und gewiss ist es auch nicht falsch, gerade solche Schlüsse zu ziehen. Oft genug ist das, was Eric Meier in seinen Bildern zeigt, brüchig, marode, verfallen oder sogar mutwillig zerstört. Allerdings liegt unter dieser rauen Ikonografie eine zweite Ebene, und gerade hierfür benötigt es den fotografischen Blick. Der ist aufmerksam, intensiv, genau. Die so entstehenden Fotografien sind dabei vor allem eines: den Dingen zugewandt.

Kein einziges dieser Bilder zeigt Menschen – und doch geht es auf allen Seiten des Buches nie um etwas anderes. Eine Lebenswelt voller alter und einiger neuer Zeichen im Habitat »FF« wie Frankfurt an der Oder. Michael Schmidt eröffnete sein legendäres (gerade wieder aufgelegtes) Buch »Ein-heit« mit einem Blick ins Gelände der ostdeutschen Plattenbaugebiete, weitete dann aber sehr schnell die Perspektive. Eric Meier bleibt hier beharrlich: Seine Ortserkundung folgt geduldig den großen Formen und kleinen Zeichen, sammelt Blicke für Augen und Fingerspitzen – und verdichtet sie zu einem meisterhaft präzisen Fotobuch.

Eric Meier: FF, Berlin (sèche editions) 2021. 304 Seiten, Hardcover, 24 × 32 cm. Gestaltet von HOMI Creative Studio, mit Texten von Eric Meier, Malina Lauterbach und Clemens Vilinger. ISBN: 978-3-949495-01-4

Fototechnik-a

Besprochen von Steffen Siegel

Es gehört zu den prägenden Ideen des Diskurses zur Fotografie, dass er das Medium und den menschlichen Körper zusammendenkt. Eigentlich von Anfang an, denn immerhin hatte schon im Januar 1839 der Chemiker Biot die fotografische Platte mit einer künstlichen Netzhaut verglichen. Sehr viel später würde dafür in Toronto das schöne Wort von den »extensions of man« geprägt werden. Die englische Sprache hat allerdings auch die Eigenart, mit einer solchen Formulierung wichtige Differenzen zudecken zu können. Marshall McLuhan dachte vermutlich, als er so formulierte, an medial ermöglichte Erweiterungen des Menschen, nicht aber des Mannes. Ein gerade eben im Fotohof Salzburg erschienener Band fragt nun aber zurück: War vielleicht doch nur der Mann gemeint? Hat Fotografie (abgesehen vom grammatikalischen Femininum) traditionell ein Geschlecht? Anders formuliert: »Wie weiblich ist die Fototechnik?«

Der typografisch anspruchsvolle Titel des Buches ist programmatisch gewählt und lässt sich hier nur indirekt zitieren: »Fototechnik-a«, mit hochgestelltem a. Was die Herausgeberinnen und Autorinnen Caroline Heider, Ruth Horak, Lisa Rast und Claudia Rohrauer auf 110 großformatigen Seiten zusammentragen, ist keine systematische Untersuchung dieses sehr weiten Feldes, sondern ein Versuch, Schlaglichter zu setzen. Nur ein Beispiel: Seit 1839 und noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein sind Hand- und Anleitungsbücher zur fotografischen Technik und ihrer Anwendung wie Sand am Meer erschienen. Es gibt wirklich zu denken, worauf Caroline Heider aufmerksam macht: Fast stets wurden diese Bücher von einem Mann geschrieben. Dass damit ein handfester Sexismus einhergeht, zeigt die Künstlerin anhand von Illustrationen aus solchen Büchern und nicht zuletzt der noch immer überreich verlegten Foto-Magazine.

Von besonderem Wert ist in diesem Band das Zusammenspiel der verschiedenen Wissensformen: wissenschaftliche Aufsätze (ausführlich von Ulrike Matzer und Katharina Steidl) stehen neben künstlerischen Reflexionen (neben Caroline Heider sind das Lisa Rastl und Claudia Rohrauer). Zusammengehalten wird das alles auf charmante Weise durch die Stimme von Ruth Horak, die die Beiträge erläuternd anmoderiert.

Caroline Heider, Ruth Horak, Lisa Rastl, Claudia Rohrauer: FOTOTECHNIK-A, Salzburg (Fotohof) 2023. 110 Seiten, broschiert, zahlreiche Farbabbildungen, 30,5 × 22 cm, ISBN: 978-3-903334-55-7.

Gloria Ruiz Melendez on the Exhibition »On Display«

»On Display«, exhibition view at Kunstmuseum Ahlen, 2022. Photo: Samuel Solazzo.

The Unattainable Border
By Gloria Ruiz Melendez

»A wormhole«, I wrote in my note app as the first impression of the double feature in the Ahlen Kunstmuseum: »Neue Wahrheit? Kleine Wunder! Die frühen Jahre der Fotografie« and »On Display: Der Körper der Fotografie«. A feeling of symmetry, of a mirrored image, of a question as old as the technology of Photography: Where do the possibilities end? Is there more? Questions asked in the 19th century with a resonance in today’s contemporary Art and Photography theorization and practice world, not only in this specific set of expositions but also in others that aim to reflect on the very nature of the limits of the medium, in a time when photography has become absolutely immersive in our everyday life, integrated into our routine as something that it’s »there« and we seldom think about. Photography has become the way we see and not the other way around, a mass of data that flows with a life of its own, like a river.

In »On Display: Der Körper der Fotografie«, more than an exploration body, it’s the attempt of digging it to its bones, confronting the audience with the notion that we’re watching, confronting us with our expectations around photography in our private and public life, something mundane but also intimate. Joan Fontcuberta explains in »Photography, Crisis in History«: In Photography two facets have necessarily coexisted: (1) the image as visual information (2) the physical support of a medium, objectual dimension. In the daguerreotype, the plate embodies an image. In the archive, the information aspect prevails. In a museum, it’s the objectual aspect. On Display takes on the specific task to scratch, taking techniques and methods of the past into a contemporary while »Neue Wahrheit? Kleine Wunder! with their stereographs, which have been the basis of the very contemporary world of Augmented Reality and Virtual Reality, reminds us that this urge to grasp reality in new and more encompassing ways has been a part of the very nature of Photography since it’s conception.

The rules about photography keep changing and getting looser, as nowadays we’re able to create images that don’t really exist, and Artificial Intelligence can combine, merge and interpret images in a way that sounded like science fiction only mere decades ago. The urge to adopt and reject technology, the urge to keep photography in »its body«, like a reversed exorcism, when Photography seems to start losing its materiality and becoming pure data. Photography is about control, but also about leaving room for coincidence and exploration while finding a lot of the same urges in the neighbor Exposition: »to have been there«, memories, events, the word Truth.

Where does the border lie? For Photography, it feels like the Borgean »Book of Sand«: never-ending, shapeshifting, always bringing a new page into a seemingly never-ending book.

Gloria Ruiz Melendez has been a DAAD student at Folkwang University of the Arts since 2021.