Mit dem Ende des Sommersemesters 2023 ging die Zeit von Gisela Bullacher als Professorin für die Grundlagen der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste zu Ende. Aus diesem Anlass hat die Fachgruppe Fotografie am 29. September im Quartier Nord ein großes Fest ausgerichtet. Von allen Kolleginnen und Kollegen, die heute an Folkwang für die Fotografie tätig sind, hat Elke Seeger, Professorin für Fotografie und Konzeption, am längsten mit Gisela Bullacher zusammengearbeitet. Stellvertretend für die gesamte Fachgruppe hat sie zur Würdigung ihrer Arbeit diese Worte gesprochen.
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Fast zwanzig Jahre, von 2004 bis 2023, lehrte Gisela Bullacher als Professorin für die Grundlagen der Fotografie. Damit haben über 500 Studierende das erste Studienjahr in der Fotografie bei ihr durchlaufen. Am 29. September haben wir nicht nur eine hervorragende Lehrende und Kollegin in den Ruhestand verabschiedet, sondern auch ein weitsichtiges, engagiertes Mitglied unserer Hochschule. Über viele Jahre hinweg hat sie die Fachgruppe Fotografie und den Fachbereich Gestaltung maßgeblich beeinflusst. Durch ihr unermüdliches Engagement, intern Strukturen zu evaluieren und neue Formate anzuregen, hat sie unser Haus lebendig gehalten. Hinzu kommt ihr großes Engagement, unsere Arbeit an der Folkwang Universität der Künste in die Öffentlichkeit zu tragen: durch vielfältige, von ihr initiierte Einzelprojekte und durch dauerhaft angelegte Formate. Stets war dabei die wichtigste Idee, die künstlerischen Arbeiten unserer Studierenden der Öffentlichkeit vorzustellen.
Der Beginn von Gisela Bullachers Tätigkeit fällt in die Zeit an der Universität Essen und die gemeinsame Fachgruppe mit dem Kommunikationsdesign. Wer in Essen studierte, erwarb daher ein Diplom in „Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Fotografie“. Bereits zu dieser Zeit engagierte sie sich für Ausstellungen an öffentlichen Orten: Forum für Architektur, in leerstehenden Räumen in der Nähe der Philharmonie, später an verschiedenen Orten der Essener Innenstadt, während des Kulturhauptstadtjahres Ruhr 2010 eine das Ruhrgebiet umfassende Ausstellung an öffentlichen Großplakatwänden, das 1. Billboard Festival in Sunderland, Kooperationen mit Feldstärke International – Pact Zollverein, Ausstellungsformate für das Dortmunder F-Stop-Festival oder erst jüngst eine Ausstellung in der Heilig-Geist-Kirche in Essen-Katernberg. Nicht unerwähnt bleiben darf die jährliche Finale-Ausstellung im SANAA-Gebäude, dessen Magazin sie jährlich produziert hat.
Darüber hinaus hat Gisela Bullacher publizistische Formate ins Leben gerufen: ein Absolvent:innen-Magazin, die über Jahre publizierte Zeitung für Fotografie „Dekamired“, der Stopover-Katalog, Fotohefte in unterschiedlichen Kooperationen, zum Beispiel für die Einweihung der Orgel in Werden. Nicht zuletzt aber hat Gisela Bullacher aktiv dazu beigetragen, eine Vielzahl wichtiger Gäste nach Essen einzuladen, unter ihnen Paul Graham, Mitch Epstein, Günther Selichar, Thomas Florschütz, Hans Peter Feldmann, Armin Linke, Jürgen Teller und Jules Spinatsch.
Mit der Gründung der Fachgruppe Fotografie beteiligte sich Gisela Bullacher maßgeblich an den Strukturen für die nun selbstständigen Studiengänge zur Fotografie und, bald schon, an der Umstellung auf Bachelor und Master; oder genauer der Entwicklung zweier Master für künstlerische Praxis sowie für Theorie und Geschichte der Fotografie. Nicht nur die Namen dieser beiden Studiengänge – Photography Studies and Practice sowie Photography Studies and Research – hat Gisela Bullacher erfunden, sondern auch für unsere jährliche Ausstellung „Stopover“ im Museum Folkwang, für die Zeitschrift „Dekamired“ und, kurz vor unserem Umzug nach Zollverein, für das „Quartier Nord“!
Folkwang zu Folkwang zu bringen war ein besonderes Anliegen von Gisela Bullacher. So können wir aufgrund ihrer Initiative seit 2016 die Arbeiten unserer Master-Studierenden im Untergeschoss des Museums Folkwang zeigen, erst als „Stopover“ und künftig als „Photography Masters“. Dieses inzwischen renommierte Ausstellungsformat hat sie seit seiner Gründung – gemeinsam mit Petra Steinhardt und zuerst mit Florian Ebner, später mit Thomas Seelig – betreut. Über viele Jahre hat Gisela Bullacher durch Ausstellungsbesuche und Exkursionen aktiv die Auseinandersetzung mit Orten der bildenden Kunst außerhalb der Hochschule gefördert. Regelmäßig gehörten hierzu ganz selbstverständlich Besuche in der Fotografischen Sammlung des Museums Folkwang, um mit den Studierenden die wertvollen Originale in den Blick zu nehmen. Erst jüngst noch organisierte sie mehrtägige Exkursionen nach Kassel zur documenta und nach Venedig zur Biennale.
Nicht allein die Fachgruppe Fotografie hat Gisela Bullacher viel zu verdanken. Ihre Lehre war von einem künstlerischen Verständnis geprägt, das die Wahrnehmung des Visuellen, die Umsetzung in eine Form und schließlich das Bild selbst im Zusammenhang ernst nahm. Nie hat sie Kunst und Design als Gegensatz empfunden. Eine große Zahl erfolgreicher Schülerinnen und Schüler, die durch ihre Lehre geprägt worden sind, sind der beste Beweis für den Weitblick, der ihre Arbeit als Professorin an der Folkwang Universität getragen hat.
Prof. Elke Seeger